Die zweite Kreuzigung
einem Schrei Luft. Sie stöhnte wieder, als sich ihre Brustwarzen unter seiner Berührung härteten und aufrichteten. Der Drang nach ihr ließ seine Bewegungen fahrig werden, er brachte lange die Schnalle des Gürtels nicht auf, der ihren Rock hielt. Der Rock fiel zu Boden, sie stieg heraus und stand nun fast nackt vor ihm. Noch nie im Leben hatte er etwas so Schönes, so schmerzhaft Begehrenswertes gesehen. Doch während ihr Körper die Lust in ihm steigerte, holte ihr Gesicht, das er nun so gut kannte, sie ins Gleichgewicht zurück, denn er liebte sie und würde sie immer lieben.
Sie streifte noch den Slip ab, trat dann nackt zum Bett und legte sich nieder. Während er sich entkleidete, ließ er kein Auge von ihr. Alles Schöne, das er bisher erlebt hatte, schien zu Asche zu zerfallen – die Ikone in dem Gebetsraum, der Wald bei Woodmancote Hall, alle Frauen, mit denen er je zusammen gewesen war, die Stimmen des Chores vom Kings College, das Gesicht seiner Mutter – all das verbrannte und wurde zu Asche durch sie.
Als er neben ihr lag, fühlte er sich wie ein Teenager, der zum ersten Mal eine nackte Frau sieht, sie berührt und sich ihr hingeben will. Während er mit den Fingerspitzen ganz leicht über ihre Haut fuhr, hielt sie den Atem an und zog ihn näher an sich.
»Jetzt«, flüsterte sie. »Komm rasch zu mir.«
Er ließ seine Finger sacht zwischen ihre Beine gleiten. Sie war für ihn bereit. Vorsichtig legte er sich auf sie und schickte sich an, in sie einzudringen.
Als er es gerade tun wollte, schrie sie wild auf und stieß ihn heftig von sich. Er fiel auf das Bett und sie fuhr hoch. Am ganzen Leibe zitternd, rief sie gellend: »Weg von mir! Weg von mir!«
Immer wieder kreischte sie diese Worte. Ethan lag da und schaute sie an, erst schockiert von ihrer Reaktion, dann nach und nach verstehend.
Als er sich ihr wieder näherte und ihr sacht die Hand um die Schultern legte, zitterte sie immer noch, war aber verstummt. Sie starrte zur Decke, als sei er nicht anwesend. Tränen strömten ihr aus den Augen und rollten über ihre Wangen.
»Es ist gut«, sagte er. »Du wirst sehen: Das war ein Fehler. Es war mein Fehler, zu glauben, du seist schon so weit. Ich habe nicht nachgedacht, ich wollte dich so sehr. Beruhige dich. Nimm es nicht so schwer. Die Zeit wird kommen. Auch dafür.«
Sie antwortete nicht sofort. Lange saß sie schweigend da. Er fürchtete schon, sie sei in ihren früheren Zustand zurückgefallen. Es war ja noch nicht lange her, dachte er bei sich, dass man sie so brutal vergewaltigt hatte. Er hatte geglaubt, wenn sie mit ihm zusammen sei, werde das den Schmutz fortwaschen. Aber da hatte er sich wohl geirrt.
Die Mönche kamen zurück, auf dem Gang waren ihre Stimmen zu hören. Ethan wollte ihnen nichts sagen. Das war seine und Sarahs Angelegenheit. Eine Sache, bei der Gavril und seine Freunde ihnen nicht helfen konnten.
Sie rührte sich neben ihm. Dann wandte sie sich ihm zu und lächelte.
»Es tut mir leid«, sagte sie. »Du fragst dich sicher, was mit mir los ist.«
»Ich habe es schon verstanden. Du musst dich nicht entschuldigen. Hier geht es im Moment um wichtigere Dinge als darum, ob wir miteinander schlafen.«
Sie schüttelte entschieden den Kopf.
»Im Augenblick gibt es für mich nichts Wichtigeres. Wahrscheinlich ahnst du nicht, wie viel du mir bedeutest, besonders nach dem …, was geschehen ist. Ich werde niemals erlauben, dass Aehrenthal und seine Banditen uns das wegnehmen. Du hast gewusst, dass ich dich wollte, du konntest es sehen. Ich weiß nicht, was passiert ist, aber ich will das jetzt nicht mehr hinnehmen. Ich hole meine Sachen und ziehe bei dir ein. Das musst du Gavril erklären. Von jetzt an schlafe ich jede Nacht bei dir.«
»Ich glaube, sie sind zurück. Riecht es da etwa nach Essen?«
»Gegessen haben die schon lange. Keine Ahnung, was sie gerade tun. Ich denke, es ist Zeit, dass wir uns anziehen und der Realität ins Auge sehen.«
Gavril und die anderen saßen in dem kleinen Raum, wo sie ihre Beratungen abhielten. Sie schauten überrascht auf, als Ethan und Sarah eintraten, aber keiner sagte ein Wort.
Auch Gavril blickte zu ihnen auf.
»Ethan, Sarah, kommt herein und setzt euch. Ich habe Neuigkeiten für euch.«
Sie nahmen schweigend Platz. Es konnten nur schlechte Nachrichten sein, dachte Ethan. In der letzten Zeit hatte es keine anderen für sie gegeben.
»Wir haben gerade darüber gesprochen«, sagte Gavril. »Wir haben diese Information
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