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Die Zweite Legion: Das Geheimnis von Askir 2 (German Edition)

Die Zweite Legion: Das Geheimnis von Askir 2 (German Edition)

Titel: Die Zweite Legion: Das Geheimnis von Askir 2 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Schwartz
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gewaschen und überprüfte sie nun mit geschickten Fingern. Nach der Waschung mit dem Branntwein war es keine Erholung, seine Finger in der Wunde zu spüren und wieder atmen zu können. Ich mochte Schmerzen nicht.
    »Hhm. Havald ist Euer Name, sagtet Ihr?«
    Ich nickte.
    »Ich fürchte, es sieht schlecht aus für Euch. Er hat Eure Adern und die Sehnen darunter zertrennt. Die Wunde wird schwären, und Ihr werdet die Hand verlieren. Seht, Eure Finger sind schon bläulich. Ich werde amputieren müssen.«
    Ich schloss die Augen. Götter, was sollte das? Hätte ich amputieren wollen, hätte Seelenreißer mir den Gefallen erwiesen!
    »Heilt die Wunde!«
    Er zog eine Augenbraue hoch und sah mich erstaunt an. »Soll ich Euch die Adern und Sehnen wieder zusammennähen? Wie stellt Ihr Euch das vor?«
    Ich fing seinen Blick ein und hielt ihn, während ich mit der anderen Hand in eine Tasche griff und ein Döschen auf den Rand des Tisches legte, ein Döschen, auf dessen Deckel das Zeichen Soltars prangte. »Genau so, wie ich es sagte, Priester. Den Rest wird Soltars Gnade mir schenken.« Ja. Spätestens in dem Moment, wenn Seelenreißer erneut ein Leben nahm. Aber das erzählte ich ihm wohl besser nicht.
    Seine Augen weiteten sich, als er das Döschen sah. Mit zitternden Fingern öffnete er es, sah die gekrümmte goldene Nadel und das Garn in der weißen Paste.
    »Das … das ist … Wo habt Ihr das her?«
    »Ein Geschenk eines Tempels unseres Gottes«, sagte ich. »Nun fangt an. Lasst Soltar Eure Hände führen und vertraut seiner Weisheit mehr als Eurer.«
    Er tat nichts, sah mich nur an. »Wer seid Ihr?«, fragte er dann leise.
    »Im Moment bin ich jemand, der so lange vor sich hinbluten wird, bis er eher bei Soltar ist als Ihr. Und wenn Ihr nicht anfangt, werde ich ihm sagen, was ich davon halte.«
    Er sah mich überrascht an, dann lächelte er. »Das darf ich ja wohl nicht geschehen lassen, oder?« Er ergriff die goldene Nadel mit der linken Hand, schloss die Augen, atmete tief durch und begann, ohne die Augen zu öffnen, mit seinem Handwerk.
    Ich wusste nicht, wie lange ich so dasaß. Ich hielt still, während die Nadel auf und ab ging, ich dachte nichts, leerte mich, damit ich nicht zuckte und die Arbeit des Priesters zunichte machte. Mein Blut tropfte weiter in die Schale, und fast war es, als schliefe ich.
    Ein anderer Priester gesellte sich zu uns, nahm zu meiner Rechten Platz und beobachtete das Werk des Chirurgen.
    »Es ist lange her, dass Ihr das Haus Eures Gottes betreten habt«, sagte er nach einer Weile. Er hatte recht. Vor über zweihundertundfünfzig Jahren hatte man mich rituell gewaschen und mir die Totenmesse gelesen. Seitdem hatte ich mich nicht mehr unter dem Dach befunden, das mir bis dahin mein Leben lang Zuflucht gewährt hatte.
    »Ja, das ist eine lange Zeit«, sagte er. »Aber ich hoffe doch, Ihr betet regelmäßig? Die Götter möchten verehrt werden. Sie sind alle etwas eitel.«
    Wer mochte nicht angebetet werden? Die Menschen strebten danach, warum nicht auch die Götter? Es war ihr Recht, wenn sie Wunder wirkten, konnten sie auch mal einen Dank erhalten. Eitel … eine seltsame Formulierung, ich hätte sie nicht gewählt, aber vielleicht stimmte es.
    Regelmäßig gebetet hatte ich nicht. Ein Mal alle zweihundertundfünfzig Jahre galt wohl nicht als regelmäßig. Oder nur, wenn ich wieder so lange wartete. Ich lachte leise in mich hinein, Blutverlust ließ einen seltsam euphorisch werden. Nicht zu fassen, dass der kleine Bastard es fertig gebracht hatte, mich derart zu verletzen.
    »Der Dieb hat nur seine Aufgabe erfüllt. Er lebt, um zu stehlen«, sagte der andere Priester sanft. »Aber er tat mehr als das. Er brachte Euch unter das Dach Eures Gottes. Vielleicht war dies die einzige Bestimmung des Diebs.«
    Eine armselige Bestimmung, dachte ich. Selbst einem Dieb gönnte ich mehr. Ich hätte früher oder später schon noch einen Tempel aufgesucht, auch ohne den Dieb.
    »Aber es wäre an einem anderen Tag gewesen. Und manche Tage sind anders als andere. Sagt, hat Euch das heilige Garn auf Euren Reisen geholfen?«
    Ja. Ich hatte viele Wunden empfangen, die nur wieder zusammenwuchsen, weil das Garn sie heilte. Es war, im wahrsten Sinne des Wortes, ein Gottesgeschenk, und auch Zokora hätte in jener Bärenhöhle nicht überlebt ohne dieses Garn. Der Priester vor mir nähte weiter, ich sah, wie eine sauber genähte Ader sich schloss, bewunderte seine feine Arbeit und auch die Feinheit der Nadel. Wenn

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