Die Zweite Legion: Das Geheimnis von Askir 2 (German Edition)
könnte.«
»Ist sie es?«, fragte Varosch.
»Ja. Aber ich habe nicht auf Eure Worte geachtet.«
»Seht Ihr die Schlange vor diesem Stand?«
Ich nickte. Auch dort war die Sicht eingeschränkt durch Verschläge und Behausungen, die ich keinem Hund zumuten würde, dazwischen, kaum zu erkennen, warteten Kanalbewohner in einer Reihe.
»Zokora berichtet, dass irgendetwas am Tisch passiert. Der Mann scheint die Menschen einen nach dem anderen abzufertigen, ihnen irgendwas zu geben. Ein Hehler wahrscheinlich, er gibt ihnen kein Geld, aber was, das kann auch Zokora nicht erkennen.«
Nicht? Ich hatte Schwierigkeiten, überhaupt etwas zu sehen außer den groben Umrissen.
»Moment«, sagte ich und griff in die breite lederne Tasche, die im Rücken auf meinem Gürtel ritt. Ganz zuunterst, eingeklemmt, weil er für die Tasche etwas zu groß war, lag der Zylinder, den Leandra und Janos so bewundert hatten. Es war mir recht, dass er klemmte, hatte ich doch schon genug Erfahrung mit Langfingern gemacht, aber jetzt brauchte ich einige Zeit, um ihn aus der Tasche zu lösen und nach vorn an Zokora weiterzureichen.
Einen weiteren Moment brauchten wir, bis Zokora herausfand, wie man den Zylinder auseinanderziehen konnte, dann setzte sie das Fernglas ans Auge.
Varosch stellte sich neben sie. Diese Nische hier war dunkel, dennoch konnte es sein, dass uns jemand sah. Es war zu bezweifeln, dass man hier solche Fernrohre kannte, dennoch gab Varosch ihr Sichtdeckung. Es waren diese kleinen Dinge, die mich an dem ehemaligen Tempelwächter so beeindruckten.
»Solante!«, stieß Zokora leise hervor, als sie durch das Rohr sah. »Das ist wie Magie, nur auf dem Kopf!«
»Seht Ihr nun besser?«, fragte ich leicht amüsiert.
»Er hat heute Nacht zuviel getrunken, seine Augen sind blutunterlaufen. Er ist krank, leidet an dem gelben Fieber, und er züchtet Nasenhaare, ein gutes Dutzend links und mehr im rechten Nasenloch. Sein Atem wird nach Fisch stinken, ich sehe eine Schuppe in seinem verfaulten Gebiss, wenn er versucht, gemein zu grinsen.« Sie setzte das Rohr ab, drehte sich zu mir um und zog eine Augenbraue hoch. Natalyia kicherte, und Varosch hatte einen Hustenanfall.
»Ich nehme an, das heißt Ja«, meinte ich trocken.
»Ja«, sagte Zokora und wandte sich wieder nach vorn, um erneut das Glas ans Auge zu heben.
»Er ist ein Hehler«, sagte sie wenig später. »Die Leute bringen ihm, was sie als kostbar erachten. Er hingegen gibt ihnen kein Geld, sondern Knochenscheiben mit eingebrannten Symbolen, nur selten mehr als eine.«
Ware gegen Knochen?
»Nachdem sie diese Scheibe erhalten haben, eilen die meisten Menschen nach links in den großen Kanal, ich kann nicht sehen, was dort geschieht.« Sie setzte das Rohr ab. »Dort muss eine Art Essensausgabe sein, denn wenn sie wiederkommen, fressen sie gierig.«
»Fressen?«, sagte ich.
Zokora warf mir einen Blick zu. »Fressen. Menschen essen, Tiere fressen. Sie fressen wie Tiere.«
»Sie werden Hunger haben«, sagte ich leise. Ihr Blick sagte mir, dass für sie Hunger kein Grund war, sich auf die Ebene eines Tieres herabzubegeben. »Vielleicht. Auch ich hatte schon Hunger. Aber was ich auf ihren Gesichtern sehe, ist kein Hunger, sondern Gier.« Sie schob mit einem Klicken das Rohr zusammen. »Es gibt bei uns gegärten Pilzsaft. Manche Menschen werden süchtig nach ihm. Wenn sie ihn erhalten, sieht man in ihren Gesichtern die gleiche Gier. Diese Menschen hier sind süchtig nach dem, was sie im Tausch gegen diese Scheiben erhalten. Es sieht aus wie ein dunkel gebackenes dünnes Brot.«
»Das ist wahrlich hinterhältig«, sagte Natalyia beeindruckt. »Nahrung, die süchtig macht. Diese Menschen werden alles tun, wenn man droht, es ihnen vorzuenthalten.«
Ich hatte schon oft genug gesehen, was Sucht aus einem stolzen Mann machen konnte. Oft war es der Gerstensaft oder der Wein, aber auch das Spiel und die Frauen. Oder aber exotische Tabake, die scheinbar angenehme Träume verursachten. Letzteren war ich für eine lange Zeit erlegen, jene Jahre sind nurmehr ein Schatten in meiner Erinnerung. Wäre Seelenreißer nicht ein Bannschwert, wäre es möglich gewesen, dass ich sogar mein Schwert versetzt hätte.
Ich schüttelte diese Gedanken ab. »So wie Ihr ihn beschreibt, einschließlich der Nasenhaare, ist er nicht der Mann, der das hier aufgezogen hat. Er ist im besten Fall ein Leutnant, ein niederer Befehlshaber. Aber ich wette, er weiß, wo wir diesen Jilgar finden können.«
»Und du
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