Die Zweite Legion: Das Geheimnis von Askir 2 (German Edition)
Dunkeln, und Natalyia würde nicht die Orientierung verlieren, solange sie Stein fühlte. Nur Varosch war im Nachteil, aber früher oder später erwartete ich, dass die Bewohner dieser Kanäle selbst für Licht sorgten. Aber jetzt, am Anfang, wollten wir uns noch nicht verraten.
Warum, so hatte ich Selim gefragt, wussten die Wachen nichts von diesem Ort? Die Antwort war überraschend. Sie wussten von den Kanälen. Ab und an wurde jemand hineingeschickt, wahrscheinlich einer, der sich unbeliebt gemacht hatte. Er kam aber selten genug wieder heraus. Wie es schien, war den Wachen die Angelegenheit nicht wichtig genug. Fett schmierte Räder, Gold schmierte Schwerter. Diese Redensart kannte sogar ich.
Zunächst hoffte ich darauf, Wachen des Königs der Diebe vorzufinden. Ich hatte meine eigene Vorstellung von den Qualitäten solcher Wächter. Ein paar Fragen hatte ich auch.
Zunächst lief alles wie geplant. Sowohl Zokora als auch Natalyia behaupteten, den Fluss Gazar spüren zu können. Er diente ihnen als Orientierung in diesem Labyrinth, tatsächlich waren sie auch immer einer Meinung, wo er sich befinde. Auch wurde uns die Anlage dieser Kanäle schnell klar. Es gab Hauptkanäle, gute zehn Schritt breit, mit zwei Schritt breiten Gehwegen an den Seiten. Diese Wege zeigten, dass die Erbauer mit einem Wasserstand von gut zwei Schritt gerechnet hatten. Die Hauptkanäle verliefen parallel zueinander, verbunden waren sie durch kleinere Nebenäste wie dem, zu dem uns Selim geführt hatte. Hier war der geplante Wasserlauf nur einen Schritt breit und einen halben Schritt tief.
Ich bemerkte das leichte Gefälle nicht, nur Zokora und Natalyia bestanden darauf, dass es existierte.
Zokora war wie üblich gar nicht zu hören. Natalyia glitt wie ein Schatten, nur ab und zu vernahm ich ihren Atem oder das leise Rascheln ihres dunklen Gewandes. Varosch war leise wie eine Katze, nur ich trampelte.
Es war nun nicht wirklich so, dass ich mich nicht auch leise bewegen konnte, aber im Verhältnis zu den anderen hätte ich auch in Begleitung von Trommeln und Schalmeien in diese Kanäle Einzug halten können. Nach einem halben Dutzend geflüsterter »Schs!« sah ich es ein und hielt mich hinten.
Ich war versucht, aus Trotz Reicht mir die Krone Illians zu pfeifen, besann mich dann aber doch eines Besseren.
Ein Teil des Plans war gewesen, unbemerkt diesen Ort der Diebe zu erreichen. Allerdings waren Pläne dafür da, zunichte gemacht zu werden. Als wir uns dem ersten Hauptkanal näherten, rochen wir Rauch, und bald sahen wir entfernt auch Feuerschein.
In der Annahme, es handele sich um das Feuer einer Wache oder eines Postens, näherten wir uns vorsichtig. Dann signalisierte mir Varosch, dass ich mich nach vorn begeben könne, er selbst tat dies auch.
Das Licht stammte nicht von einem Posten.
Entgeistert sah ich, was Zokora mir zu zeigen hatte. Der breite Hauptkanal war zu einer unterirdischen Straße geworden, Dutzende, nein, Hunderte von Menschen, Greisen, Kindern, Frauen, Säuglingen, verkommenen und verruchten Gestalten, bevölkerten hier einen unterirdischen Basar. Durch die Konstruktion des Kanals war es eine verkehrte Straße, man ging auf den Gehwegen, in der Tiefe des Kanals befanden sich Verschläge, kleine Hütten und Zelte, sogar der eine oder andere Verkaufsstand, der wohl des Nachts von einem Markt in der Stadt den Weg hier herunter gefunden hatte. Das, was die Bewohner dieser Welt tagsüber an der Oberfläche in ihren Besitz gebracht hatten, fand sich nun in den Kanälen wieder.
Jeder von uns trug schwarze Kleidung. Als ich gesehen hatte, was der Schneider für Zokora und Varosch empfahl, hatte ich auch für mich und Natalyia solche Kleidung geordert. Hohe Stiefel, weite leichte Leinenhosen, eine Schärpe, eine weite Bluse mit robuster Weste und Ballonärmeln sowie lederne Unterarmschützer, dazu noch eine Kopfbedeckung aus Stoff und Leder, die auch über den Nacken ging und einen dunklen Schleier besaß.
Wir sahen uns gegenseitig an, hängten die Schleier vor unsere Gesichter und betraten diese Straße der Verzweiflung und der Armut.
Natalyia ging voran, eine unverkennbar weibliche Gestalt, wir anderen folgten. Diese Formation sollte zu erkennen geben, dass sie wichtiger war als wir und wir ihre Wachen. Was sich die Leute in dieser unterirdischen Welt dachten, wusste ich nicht, wir ernteten Blicke, aber niemand schien sich zu wundern oder gar Gedanken zu machen.
»Der Herr der Diebe wird in diesem Moment wissen,
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