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Die Zweite Legion: Das Geheimnis von Askir 2 (German Edition)

Die Zweite Legion: Das Geheimnis von Askir 2 (German Edition)

Titel: Die Zweite Legion: Das Geheimnis von Askir 2 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Schwartz
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sich voller Autorität, mit großen Schritten; unter dem weiten Stoff erahnte man lange Beine und einen trainierten Körper. Die Leute wichen vor ihr zurück, keiner wagte es, mehr als zwei Schritte an sie heranzutreten.
    »Jemand Wichtiges«, hauchte Varosch. »Natalyia, das war eine gute Idee.«
    Als sie näher kam, eilte ihr ein Wort voraus. Nachtfalke. Allein dieses Wort ließ die Menge erschauern, und auch wir fanden es besser, scheinbar voller Angst zurückzuweichen, als offen in ihrem Weg herumzustehen.
    Ich sah meine Gefährten fragend an. Sie zuckten die Schultern, keiner hatte wohl je dieses Wort in einem besonderen Zusammenhang gehört. Bei mir regte sich etwas, aber ich konnte mich nicht genauer erinnern.
    Als sie vorbeiging, war ich nahe genug, um doch eine Struktur in dem Umhang zu sehen. Er ähnelte der Haut zwischen den Flugknochen einer Fledermaus und war nicht, wie ich dachte, mit einer Brosche befestigt, sondern hing frei auf ihren Schultern, bis auf zwei Dornen, die im Hals der Frau verschwanden. Der Umhang lebte von ihrem Blut. Ich wich weiter zurück, aus irgendeinem Grund erfüllte mich dieser Anblick mit tiefem Grausen und Abscheu.
    Dann wusste ich, woher ich den Namen kannte. Nachtfalken. So nannten sich die Geheimagenten des Alten Reiches.
    Ich musterte verstohlen das Gesicht der Frau; so dicht ging sie vorbei, dass ich es durch den Schleier hindurch sehen konnte. Es war ein hübsches, aber grausames Gesicht. Das Leben eines Menschen hinterließ auf seinem Antlitz Spuren. Ein lustiger Geselle würde Falten bekommen, die zu seinem Wesen passten, die des Lachens. Aber Angst, Gram und Schmerz gruben nicht minder tiefe Furchen in die Haut. Art und Anzahl der Falten passten zum Wesen und zum Alter des Menschen, waren oft ein Wegweiser zu seinem Gemüt. Diese Frau hier wirkte jung. Es schien, als ob die tiefen Furchen von Verachtung, Hochmut und Grausamkeit sich vor ihrer Zeit in die glatte Haut gegraben hätten.
    Ihre Augen waren dunkel, wie es bei den Menschen Bessareins so oft der Fall war, dabei kalt und wachsam. Als sie ihren Blick über die Menge, in der ich mich verbarg, schweifen ließ, duckte ich mich feige weg. Ich hatte die Befürchtung, dass ihr Blick mich erkennen würde … Eine Angst, deren wahren Grund ich nicht kannte.
    Vorsichtig hob ich meinen Blick wieder, sie war vorbeigegangen und stand nun kaum zehn Schritte entfernt vor dem Mann, der diese Knochenscheiben ausgegeben hatte. Eine kleine Geste nur, und die Wachen hoben den Tisch beiseite und zogen den im Stein gefangenen Hehler auf die Beine.
    Sie musterte den Stein, der seine Füße festhielt, ging um ihn herum, ließ sich auf ein Knie nieder. Sie zog ihren schwarzen Handschuh aus und strich fast zärtlich mit den blanken Fingern über den glatten Stein. Auf ihrem Knie drehte sie sich langsam herum, ihre Finger folgten einer unsichtbaren Spur im Gestein. Es hätte lächerlich aussehen sollen, wie sie geduckt, zwei Finger am Boden, dieser nur für sie sichtbaren Spur folgte. Aber so war es nicht. Es wirkte bedrohlich. Die elenden Bewohner wichen vor ihr zurück, bis sie an einer Wand des Kanals ankam, etwa zehn Schritt von dem Hehler im Stein entfernt. Dort richtete sie sich auf und blieb stehen, die Hand auf dem Stein, den sie nachdenklich zu studieren schien.
    Natalyias Hand krallte sich in meinen Arm. »Sie sieht mich im Stein«, hauchte sie, und ich erkannte seit langer Zeit wieder Angst in ihren Augen.
    Der Nachtfalke kehrte zu dem Mann im Stein zurück, beachtete ihn allerdings kein bisschen. Sie wandte sich an den großen Mann mit der Axt, der sich die ganze Zeit über kaum bewegt hatte. »Kermil.«
    Er kniete nieder vor ihr. »Ich diene, Herrin.«
    »Verstärke die Wachen. Befrage die Leute hier, ob sie einen großen, blonden Mann gesehen haben, mit einem kurzen Bart und breiten Schultern. Er trägt ein gerades Schwert. Eine zierliche Frau, eine Hand kleiner als ich es bin, mit dunkler, fast schwarzer Haut, eine rothaarige Frau, groß, mit lustvollen Formen, einen weiteren blonden Mann, ebenfalls groß, aber schlank wie eine Gerte. Sucht außerdem einen Gaukler mit Namen Armin und einen Dieb, der Selim heißt.«
    Scheinbar aus dem Nichts erschien zwischen ihren Fingern ein Goldstück. »Dieses Goldstück gehört dem, der als Erster Kunde bringt von ihnen. Wer sie sieht und nichts sagt, wer sie versteckt oder gar beschützt, den geleite ich in die Dunkelheit meines Herrn und Gottes.« Sie lächelte unter ihrem Schleier.

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