Die Zweite Legion: Das Geheimnis von Askir 2 (German Edition)
sind verzaubert und werden Unglück bringen. Sprich weiter.«
»Wenn es Edelsteine sind, so sind sie doch von Wert! Er wird sie bald verkaufen. Ich fürchte, Esseri, dass auch meine tief empfundene Reue Euch Euren Schatz nicht wiedergibt.«
»Ich werde jeden einzelnen Stein zurückerhalten, Selim. Und wenn es danach keine Diebe mehr in der Stadt gibt. Wo finde ich diesen Mann?«
Das hingegen wusste der junge Dieb nicht. Ich warf einen Blick hinüber zu dem anderen Tisch. Selim, nun neu als Diener eingekleidet, aß vorsichtig und zögernd und achtete auf Armins Manieren, um es ihm dann gleichzutun. Nur mit der rechten Hand nahm er die Speisen auf.
Was Selim allerdings gehört hatte, war, dass es einen unterirdischen Palast gebe, eine geheime Welt unter den Straßen Gasalabads. Dort, so sagten die Gerüchte, herrschte Jilgar. Teile dieser Welt kannte der Junge sogar, denn auch sein Versteck lag in einem alten Kanal.
Ich war überrascht zu erfahren, dass es unter Gasalabad Kanäle gab. Jede unserer größeren Städte besaß eine Kanalisation, ich kannte das auch aus Kelar. Es half, die Straßen von Abfällen frei zu halten. Hier, in dieser goldenen Stadt, schien man davon jedoch nichts zu wissen. Sklaven reinigten die Straßen mit Reisigbesen, befeuchteten sie mit Gießkannen und versuchten vergeblich, des Unrats Herr zu werden.
»Niemand weiß, woher die Kanäle stammen. Sie sind alt, aber sie wirken, als wären sie nicht fertiggestellt worden. Sie enden oft unvermittelt in blankem Fels, nur an wenigen Stellen erreichen sie die Oberfläche. Ich hörte, dass manche dieser Kanäle in einen großen Saal münden und dass dort der Herr der Diebe zu finden sei. Nur eines weiß ich noch sicher: Befindet man sich in diesem Saal, so hört man oben, hinter der steinernen Wand, vor der dieser König der Diebe thront, das ewige Rauschen des Gazar. Esseri, ich schwöre bei den Göttern, dies ist alles, was ich Euch berichten kann.«
»Du wirst mir helfen, diesen Ort zu finden. Heute Nacht führst du mich zu deinem Versteck. Dann werden wir von dort aus diese Kanäle erforschen.«
Er erbleichte, sah aber meinen Blick und nickte tapfer. »Wie Ihr wünscht, Esseri.«
Noch etwas erfuhr ich. Unter dem Sand ruhte die Stadt auf einem Fundament aus solidem Felsgestein. Ich sah zu Natalyia hinüber, die mir schüchtern zulächelte.
Mit ihr, Varosch und Zokora an der Seite sah ich der nächtlichen Exkursion mit einiger Zuversicht entgegen. Poppet, nein, Natalyia füllte meinen Becher mit Wein auf. Ich hob ihn an meine Lippen und trank ein wenig, meine Gedanken waren bei Leandra. Es war meine Absicht, am nächsten Morgen ein Schiff zu mieten.
Selims Versteck lag nahe am Flusshafen. Selbst jetzt, nachdem die Sonne untergegangen und der kleinere unserer beiden Monde aufgegangen war, herrschte hier im Hafen geschäftige Betriebsamkeit. Selim führte uns zu einem verfallenen Haus am Rand der Hafenanlagen. Schon seit Jahrzehnten war es nicht mehr bewohnt, die Mauern aus gebranntem Lehm fielen immer weiter in sich zusammen. Das Fundament jedoch war aus solidem Stein, in einer Bauweise, die mir mittlerweile wohlbekannt war.
In einer Ecke, unter einem zusammengebrochenen Tisch, auf den ein Teil der Lehmmauer des Hauses gefallen war, befand sich der Zugang zu den Kanälen. Ich hatte die größten Schwierigkeiten, mich durch das enge Loch zu zwängen.
Es war ein Schacht, aber er war nur kurz, kaum tiefer, als ich groß war, kopfüber ließ ich mich fallen und rollte zur Seite ab. Es war schon länger her, dass ich so etwas getan hatte, und das Manöver gelang nicht ganz. Ich behielt eine pochende Schulter zurück, als ich mich erhob.
Der Kanal war trocken, vielleicht zwei Schritt breit und vier Schritt hoch. Hier unten befand sich Selims erbärmliches Lager, hinter einem lockeren Stein bewahrte er seine ganzen Schätze auf. Nicht Diebesgut, wie ich dachte, sondern eine Muschel und eine kleine Statuette von Astarte. Mehr hatte ihm ein Leben als Dieb bisher nicht eingebracht.
Er würde uns nicht in die Kanäle begleiten, auch Armin nicht. Seine Aufgabe war es, Selim wieder zurück zu unserer Herberge zu bringen und dort auf uns zu warten.
Nach einem geflüsterten wortreichen Abschied durch den Schacht gingen wir tiefer in den Kanal hinein. Zokora führte wieder. Sie hatte ihre lederne Binde bereits abgenommen, und ihre Augen glühten. Wir hatten beschlossen, auf ein Licht zu verzichten. Ich besaß Seelenreißer, Zokora sah ohnehin im
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