Die Zweite Legion: Das Geheimnis von Askir 2 (German Edition)
verborgenes Haus«, sagte er mit einem seltsamen Unterton.
Ich hob eine Augenbraue an. »Du kanntest Serafines Namen auch. Woher?«
»Sie hat unserem Haus die größte Ehre gebracht«, sagte er, und nach einer Pause: »Mein Haus ist das des Adlers.«
Ich nickte und zog meine Pfeife heraus. Als er sie greifen wollte, um sie mir zu entzünden, schüttelte ich den Kopf. »Weißt du, Armin, ich glaube nicht an Zufall. Vielleicht lassen die Götter manches absichtlich geschehen, aber ich bin dennoch der Meinung, dass mein Schicksal mir gehört. Du, mein Freund, bist ein sehr, sehr großer Zufall.«
Er sah zu mir hoch und blickte mir in die Augen, als ich meinen Tabak entzündete. Ich nahm den Finger von der Glut und wartete.
Er zögerte einen Moment, bevor er sprach, bei weitem nicht so blumig wie sonst. »Eines der Schwerter in Eurem Gepäck heißt Eiswehr. Es gehörte dem Thronerben. Ihr kennt das Schicksal der Zweiten Legion.«
Ich hörte weiter nur zu.
»Viele Gerüchte ranken sich um die Zweite Legion. Sie unterlag niemals im Kampf. Und dann marschiert sie in die Berge … und niemals hört wieder jemand von ihr. Es gibt eine Legende, dass er zurückkehren wird, wenn das Reich in höchster Not ist.«
Ich bemühte mich, meine Gesichtszüge unter Kontrolle zu halten, war aber wohl nicht besser als er darin, denn Armin lächelte.
»Ihr wisst etwas, Esseri.«
»Ja. Aber es ist noch nicht an der Zeit. Hab Geduld.« Ich sah ihn an. »Eben, als du deiner Schwester das Haar gebürstet hast, fragte ich mich, ob ich dir trauen kann. Kann ich?«
»Bis über den Tod hinaus. Ich schulde es Euch für Orduns Tod und für mein Leben und dafür, dass Ihr meiner Schwester eine Bestimmung gabt.«
Bestimmung. Ich dachte an den Dieb Selim. »Bestimmung geben nur die Götter.« Ich sah zu Helis hinüber. »Sie erinnert mich an jemanden.«
»Ich kann Euch auch sagen, an wen«, sagte Armin leise. »Bestimmt habt Ihr zu Ehren Serafines Statuen errichtet. Deswegen erkennt Ihr sie. Sie könnte Serafines Zwillingsschwester sein.«
Ich schloss die Augen. Götter! Ich atmete tief durch. Als ich diesmal zu Helis hinübersah, war es, als ob ein Schleier gelüftet wurde. Ich hatte nur noch Fragmente der Erinnerung eines Toten, aber eine davon war ein lachendes Gesicht. Als ich damals in jener Kammer des Eises und des Todes ihren Geist gesehen hatte, war sie blaues Elmsfeuer gewesen, ihre Züge kaum zu erkennen. Sieglindes Gesicht nahm, wenn Serafine für sie sprach, bis zu einem gewissen Grad diese vagen Züge an. Auch wenn Helis gut ein Dutzend Jahre jünger war als Serafine, sah ich doch nun die Züge der Kriegerin deutlicher und plastischer als jemals zuvor.
Serafine hatte Sieglinde mitgeteilt, dass sie schwächer wurde. Fast hoffte ich, dass sie mittlerweile vergangen war und so nichts von Helis’ Schicksal erfuhr.
Ich entschloss mich, den anderen nichts davon zu erzählen. Ich betrachtete nachdenklich die junge Frau, die Faraisa mit glucksenden Geräuschen zum Lachen brachte. So also hatte die zähe Kundschafterin des Zweiten Bullen ausgesehen.
Kein Wunder, dass der Sergeant sie liebte. Die Säule der Ehre. Er hatte mir versprochen zu gehen, nachdem er nicht mehr gebraucht wurde, und er hielt sein Wort, er ging, als Balthasar im magischen Licht verglüht war.
Vielleicht war er zu schnell gegangen. Ich verstand allmählich, warum Sieglinde Serafine nicht fortlassen wollte.
Ich nahm einen Apfel aus der Obstschale und biss hinein. Einmal hatte ich dabei zugesehen, wie ein großer Teppich gewebt wurde, einer von denen, die Wände von Palästen schmückten. Ein Bilderteppich. Der Webmeister hatte einen genauen Plan für sein Werk, ein jeder Faden lief so, wie er es wollte. Wie weit reichte der Bilderteppich dieser ganzen Geschichte? War er mit dem Fall des Reiches, mit Askannons Abdankung, beendet? Oder blieb noch Stoff und Garn für das Ende der Geschichte? Sortierte hier ebenfalls ein Webmeister die Fäden? War ich ein solcher Faden?
Bestimmung. Als ich damals vor Soltars Tor gestanden hatte und tief unter mir die Wogen an die Klippen gedonnert waren, dachte ich, es wäre meine Bestimmung, durch dieses Tor zu gehen. Als ich mit meinen Ordensbrüdern auf dem Pass stand und die anstürmenden Horden sah, schien es meine Bestimmung, dort zu sterben. Und vor wenigen Wochen hatte ich einen uralten Tempel gestürmt und gewusst, dass es meine Bestimmung war, dort mein Ende zu finden.
Wie oft hatte mich Soltar abgewiesen?
Armin
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