Die Zweite Legion: Das Geheimnis von Askir 2 (German Edition)
Götter nicht Eure Entscheidungen lenken, sondern nur wissen, welche das sein werden? Vielleicht bauen sie ihren Plan so auf. Denn der Mensch erhielt auch einen freien Willen.«
»Also bekam ich damals dieses verfluchte Schwert, weil Soltar wusste, dass ich heute hier stehen würde und diese Unterhaltung mit Euch führe?«
»Wäre ich Soltar, wüsste ich die Antwort.« Er klopfte mir auf die Schulter. »Und Ihr wüsstet sie immer noch nicht. Handelt einfach, wie Ihr denkt, handeln zu müssen, mehr können auch die Götter nicht verlangen. Also sagt mir, was bedeutet das alles nun für uns?«
»Ich war im Tempel von Soltar, als dieses Wunder geschah, von dem Armin berichtete. Ein Priester dort hat den ganzen Vorgang beobachtet. Er sagte auch, dass man die Tochter des Emirs ermorden wollte. Der Greif war lediglich ein Werkzeug.«
»Ein Priester Soltars? Hhm.« Er kratzte sich am Hinterkopf. »Zwei Töchter. Die eine entführt, die andere beinahe ermordet. Wieso wissen nur wir davon?«
»O, auch andere wissen von dieser Verschwörung. Der Mann, der den Greifen in die Raserei trieb. Die Personen, die Zokora und Leandra ganz besonders behandelt haben wollten. Und die Person, die von all dem einen Vorteil hat. Jemand will die Macht, will Emir werden, vielleicht auch Kalif. Was ist da schon ein Mord mehr oder weniger?«
»Wer auch immer es ist, als er von dem Wunder erfuhr, hat er sich wahrscheinlich vor Angst selbst benässt. Es sieht so aus, als ob Soltar dagegen ist, dass der Verrat gelingt.«
Natalyia gesellte sich zu uns, hob die Hand vor die Augen und blickte zu einer Gruppe Reiter hinüber, die entlang dem Fluss ritten.
»Warum habt Ihr Armin nichts von Faraisa sagen wollen?«, fragte sie. »Traut Ihr ihm nicht?«
»Ich habe keine Veranlassung, ihm nicht zu trauen. Ich denke nur, je weniger davon wissen, desto besser ist es.«
»Geheimnisse. Ich mag keine Geheimnisse mehr«, sagte sie. Sie runzelte die Stirn. »Irgendetwas ist seltsam an diesen Reitern da. Ich glaube … Havald!« Sie stieß mich halb zur Seite, halb warf sie sich auf mich. Ich verstand zuerst nicht, bis sie in meinen Händen niedersank.
»Deckung!«, rief Varosch. »Armbrustschützen.«
Er stieß Natalyia und mich tiefer hinter der Reling in Deckung und spannte bereits seine eigene Armbrust. Er sah zu uns herüber. »Ich kriege die Bastarde! Ich … Natalyia!«
Ich hatte den Bolzen schon gesehen. Er steckte tief in ihrem linken Schulterblatt.
Ich hielt sie, als sie zu mir hochsah und lächelte. Sie hob die rechte Hand und fuhr mir leicht wie eine Feder über die stoppelige Wange. Ihre schönen Augen glänzten seltsam.
»Natalyia.«
»Zokora vergab mir, Havald. Habt auch Ihr mir vergeben? Ist meine Schuld beglichen? Havald …« Sie gab einen leisen, seltsamen Laut von sich, ihre Hand fiel von meinem Gesicht, und ihre Augen brachen.
Ich hielt sie. Mit grimmigem Gesicht hob Varosch seine Armbrust und drückte ab. Ein Schrei ertönte vom Ufer.
Ich dachte daran zurück, wie sie mir ihre Augen geliehen hatte, an ihre unauffällige Hilfe, ihr scheues Lächeln, ihre Tapferkeit bei den Sklavenhändlern. Sie mochte einst der Feind gewesen sein, doch in meinen Armen war eine gute Freundin gestorben. Sie gab ihr Leben für mich. Hätte sie mich nicht zur Seite gestoßen, wäre der Bolzen in mein Herz gefahren.
Ich ließ Natalyia sachte auf das Deck der Dhau gleiten und schloss ihre Augen. Schon wurde ihre Haut grau.
»Ja, Poppet«, sagte ich und strich ihr über das Haar. »Ich habe dir schon lange vergeben.«
War es erlaubt, die Götter zu verfluchen? Ich tat es. Ich hatte Soltar aus den Tiefen meines Herzens gebeten, meine Freunde zu verschonen. Wenigstens dieses eine Mal. Aber nein, er wollte seine Seelen haben. Ich warf einen Blick über die Bordwand. Es waren fünfzehn, nein, einer fiel gerade. Vierzehn. Sollte er seine Seelen doch erhalten. Ich zog Seelenreißer.
Die Mannschaft des Schiffes war in Deckung gegangen, der Kapitän lag rücklings auf dem Deck und hielt die Doppelruder mit seinen Füßen auf Kurs.
»Lauft auf das Ufer auf!«, schrie ich.
»Das ist Wahnsinn!«, rief er zurück.
»Deral. Tu, was er sagt«, verlangte Armin von hinten. Er hatte sich schützend über Helis und Faraisa geworfen. »Mein Herr weiß, was er tut.«
Nun, Armin, dachte ich, diesmal täuschst du dich. Aber Soltar wusste es sicherlich.
Der Kiel der Dhau knirschte am Ufer, das Licht der Sonne brach sich auf Seelenreißers Stahl, der nicht mehr
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