Die Zweite Legion: Das Geheimnis von Askir 2 (German Edition)
lief ich davon.«
»Was geschah dann?«, fragte Sieglinde neugierig.
»Warum hast du dir das gefallen lassen?«, fragte Zokora.
»Er war stärker als ich.«
»Es gibt Gift.«
Varosch lachte. »Zokora, das erkläre ich dir ein anderes Mal. Nun denn, als ich zwölf war, war ich noch ziemlich zierlich. Ich hatte lange blonde Haare, und diese fielen einer Dame auf, als ich im Abfallkübel hinter ihrem Haus nach Essen suchte. Ich wusste, dass es dort etwas zu finden gab, denn die ganzen streunenden Tiere der Stadt erschienen dort regelmäßig am frühen Morgen und versammelten sich, um den Kübel zu plündern. Es war ein schönes, großes Haus, weiß getüncht, mit einem innen liegenden Garten. Am Abend und des Nachts konnte man aus dem Garten Lautenspiel hören und Gesang und Gelächter, viel Gelächter. Für mich war es das schönste Haus, das ich jemals gesehen hatte. Ab und zu sah ich eine der Bewohnerinnen. Elfengleiche Geschöpfe, die meisten kaum älter, als ich es war, aber kostbar gekleidet, in feinem Tuch und Seide und, was mich am meisten beeindruckte, immer frisch gewaschen und gut riechend. Nun, eines Abend wühlte ich wieder in diesem Abfallkübel, als mich eine Hand am Zopf ergriff und herauszog. Ich dachte, es sei einer der anderen Straßenjungen, und holte mit meinem Knüppel aus, den ich dabei hatte, um die Hunde zu vertreiben, aber es war eine Frau. Sie war schon älter …« Er lachte. »Ich denke, sie war vielleicht zwei Dutzend Jahre alt, aber für einen Jungen in dem Alter ist das älter . Sie war wunderschön, trug ein Kleid aus hellblauer Seide, war mit feinen silbernen Ketten geschmückt und trug in ihrem langen, kupferfarbenen Haar einen silbernen Schmetterling. Ich stand nur da, mit offenem Mund, und sie lachte. ›Wenn du etwas essen willst, komm doch in die Küche!‹, sagte sie. Und so geschah es auch. Es war eine andere Welt für mich. Als Erstes wurde ich gewaschen.« Er lachte. »Gewaltsam. Ein halbes Dutzend junger Mädchen fiel kichernd und lachend über mich her. Sie badeten mich, wuschen mir die Haare und kleideten mich in eine dunkelblaue Robe. Ich wehrte mich mannhaft, aber es waren zu viele und ich unterlag nach hartem Kampf! Ich weiß nicht, warum, aber die Mädchen und Frauen hatten einen Narren an mir gefressen. Die einzige Frau, die nicht wunderschön und schlank war, war die Köchin, Eharne. Sie war riesig, und sie stand vor mir wie ein Berg, in einer Hand einen hölzernen Kochlöffel, die andere drohend erhoben. Wenn die Köchin mir eine Ohrfeige gab, purzelte ich immer durch die ganze Küche. Ihr habt es sicher schon erraten, es war ein Haus der Lust, in dem ich mich wiederfand. Die Frau, welche mich aus dem Abfallkübel gezogen hatte, war niemand anderes als Sera Delante.«
»Das Juwel von Lassahndaar?« Janos pfiff leise durch die Zähne. »Ich habe sie einmal gesehen. Eine bildschöne Frau. Und schlau!«
»Das war sie ohne Zweifel. Ihre Absicht war es, ihr Haus zum besten der Stadt, vielleicht des Königreichs zu machen. Und dies gelang ihr auch. Sie war die Geliebte von Graf Forndaal, dem Herrscher der Stadt, es wurde sogar gemunkelt, er habe sich mit ihr verlobt, bevor sie ihm ihre Gunst schenkte.«
»Und dann erfuhr sie, dass er in Illian eine Frau und Familie hatte«, sagte Janos. »Ich habe die Geschichte gehört. Ihre Familie verstieß sie, und sie stand auf der Straße, eine Adlige mit nichts als dem, was sie auf dem Körper trug.«
»Und ihrem Körper«, sagte Varosch. »Aber sie verkaufte nicht sich, sondern ein paar ihrer Preziosen, die der untreue Liebhaber ihr geschenkt hatte. Eine Perlenkette brachte ihr das Haus ein, sein gräflicher Ring genügend Gold für die Einrichtung und ein paar Jahre Lebensmittel. Sie war sechzehn, als sie ihn verließ, und die nächsten vier Jahre tat sie nichts, als ihre Mädchen zusammenzusuchen. Sie holte sie von der Straße und sagte ihnen, was sie vorhatte. Das war ihr Trick, bei ihr fand sich nicht eine Frau, die entführt oder gezwungen wurde, alle hatten sie dieses Leben gewählt. Sera Delante bestimmte, dass ich Küchenjunge werden sollte, und Köchin Eharne sorgte dafür, dass ich fleißig war. Manchmal träume ich noch von ihrem Kochlöffel.« Ich hörte, wie er sich anders hinsetzte, und ein Lächeln schwang in seiner Stimme mit. »Es war das Paradies für mich. Ich hatte zu essen, Kleidung, anregende Gesellschaft. Die Sera war eine Adlige, und sie lehrte ihre Mädchen außer der Liebeskunst auch noch das
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