Die Zweite Legion: Das Geheimnis von Askir 2 (German Edition)
der Fässer hinter der Theke ab, während Maria die Tische putzte.
Kennard saß an dem Tisch, den Leandra und ich gern benutzten. Als wir hereinkamen, sah er auf und lächelte.
»Maria, Tee für uns alle«, sagte er zu der Tochter des Wirts. Sie lächelte ihm zu, nickte und eilte in die Küche. Kaum dass wir uns gesetzt hatten, war sie schon wieder zurück und brachte auf einem Tablett eine irdene Teekanne und drei Schalen.
Als ich Kennard das erste Mal gesehen hatte, war er mir als ein Mann erschienen, der wohl gut und gern drei Dutzend und zehn Jahre erlebt hatte. Er war groß und schlank, besaß die Schultern eines Athleten und die Bewegungen eines Tänzers. Wie schon häufiger dachte ich beim Anblick seines Gesichts, dass ich ihm schon einmal irgendwo begegnet war, aber noch immer fiel mir nicht ein, wo.
Sein Haar hatte die Farbe von altem Eis und obwohl voll, war es militärisch kurz geschnitten, seine grünen Augen waren aufmerksam und funkelten oft amüsiert. Tiefe Lachfalten strahlten aus den Winkeln seiner Augen, die Nase hätte zu einem Adler gepasst, und das energische Kinn mit seinem schmalen Mund machte das Ganze zu einem Gesicht, das Energie und Durchsetzungsvermögen zeigte. Dennoch war es glaubhaft, dass er ein Gelehrter war: Die Spitzen der Finger seiner linken Hand waren eingefärbt mit Tinte, und er schrieb viel in eines seiner Bücher.
Ein seltsamer Mann, dieser Kennard. Aber er war mir sympathisch, und er lachte gern und häufig.
»Ihr schnitzt gerade die Königin?«, fragte er und deutete auf das Stück Holz, das ich auf dem Tisch zurückgelassen hatte.
»Könnt Ihr sie schon erkennen?«, fragte ich ihn, während Leandra vorsichtig die grobe Figur aufnahm und von allen Seiten betrachtete.
»O ja«, sagte er lachend und sah bedeutsam von mir zu Leandra.
»Hast du mich als Modell gewählt?«, fragte Leandra.
»Welch besseres Modell könnte ich finden«, sagte ich und deutete im Sitzen eine galante Verbeugung an.
»Wer wird die schwarze Königin?«
»Da fragt Ihr noch?« Kennard warf einen Blick hinüber zu Zokora. »Da gibt es wohl wenig Auswahl.« Er zog an seiner Pfeife. »Wenn Ihr wollt, übersetze ich Euch nun gern die Passage mit der Beschreibung des Tores und der Muster, die es braucht, um aktiviert zu werden.«
»Denkt Ihr, wir können es noch benutzen nach der langen Zeit?«, fragte Leandra.
Kennard verzog abschätzend das Gesicht, während ich vorsichtig das Logbuch aus meinem Wams holte. »Vieles von dem, was Askannon erschuf, ist noch immer wirksam. Warum nicht auch die Tore? Wissen kann es niemand, denn außer Euch besitzt niemand mehr die Steine, um es herauszufinden.«
Er nahm das Logbuch mit einer Ehrfurcht entgegen, die zu dem Respekt eines Gelehrten gegenüber alten Dokumenten passte, aber noch öffnete er es nicht, sondern ließ lediglich die flache Hand auf dem alten Leder ruhen.
»Zwei Dinge solltet Ihr noch wissen, Havald. Als Askannon seine Krone niederlegte, übertrug er die Regierung der alten imperialen Stadt auf den Kommandanten der Bullen, den Herzog. Dieser ist sein Statthalter und regiert immer noch nominell im Namen des Imperators. Wenn Ihr Euer Ziel erreicht, würdet Ihr großes Wohlwollen ernten, gebt Ihr ihm dieses Buch.« Er sah Leandra ernst an. »Das andere betrifft zum größten Teil Euch, Maestra. In den sieben Königreichen ist die Verwendung von Magie oft verpönt. Ihr habt gesehen, was Balthasar mit dem Bergarbeiter tat, als er ihm die Seele raubte. Es ist schwer, zwischen sauberer Magie und den dunklen Künsten eines Nekromanten zu unterscheiden. Die Menschen in den sieben Reichen fanden eine einfache Lösung: Sie verbrennen gern jeden, der ansatzweise magische Fähigkeiten besitzt. In vier der sieben Reiche ist das Wirken von Magie verboten und führt zum Scheiterhaufen.«
»Und in der imperialen Stadt?«
Kennard lächelte. »Auch dort begegnet man Magie mit Misstrauen, wird sie aber kaum verbieten können. An der Stadt selbst haftet zu viel Magie.«
Wohl war mir bewusst, dass Holgar im Hintergrund die ganze Zeit vor sich hin gebrabbelt hatte, aber wenn er nicht zu laut wurde, war ich fähig, ihn zu ignorieren. Andere wohl nicht, denn das Poltern eines umgestoßenen Stuhls und das Geräusch fallenden Geschirrs hinter mir ließ mich herumfahren.
Varosch war aufgesprungen und hatte den Händler gepackt, die Faust zum Schlag erhoben.
»Ihr seid alle blind!«, rief der Händler und versuchte verzweifelt, sich Varoschs zu erwehren. »Sie
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