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Die zweite Nacht

Die zweite Nacht

Titel: Die zweite Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Natalie Rabengut
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nicht einmal, wo ich anfangen sollte. »Es tut mir leid«, sagte ich noch einmal und spürte, dass die Tränen aufstiegen.
    Frederik seufzte, nahm mir den Rahmen aus der Hand und zog mich in seine Arme. Er streichelte meinen Rücken und ich atmete seinen Duft ein, als würde ich ertrinken und nur das könnte mich retten.
    »Ich bin etwas überfordert«, flüsterte ich an dem weichen Stoff, der seine Schulter umspannte.
    »Ach was?«, fragte er sarkastisch.
    »Niemand weiß davon, nicht einmal Elena.«
    Statt einer Antwort streichelte Frederik einfach meinen Rücken und wartete, geduldig wie eh und je.
    Schließlich richtete ich mich auf und begann meine Beichte: »Es ging alles so wahnsinnig schnell damals, dass ich einfach den Zeitpunkt verpasst habe, meiner Familie davon zu erzählen. Als es dann den Bach heruntergegangen war, sah ich keinen Grund mehr, überhaupt darüber zu reden.«  
    Es half immens, dass Frederik weiter über meinen Rücken strich und mir zwischendurch den Nacken kraulte. »Ich habe Ole kennengelernt und eh ich es mich versah, zog er mehr oder weniger bei mir ein. Wobei, das stimmt nicht ganz: Er war einfach andauernd da. Er war Lyriker und grübelte stets über irgendwelchen philosophischen Problemen. Keine Ahnung, was ich an ihm fand. Ich hatte zwei Aushilfsjobs, um über die Runden zu kommen und habe jede freie Minute zum Schreiben genutzt. Schließlich fand ich kaum noch Zeit dazu, weil ich immer mehr arbeiten musste, um ihn auch noch durchzufüttern. Irgendwann war mein erster Krimi fertig und nach einer Ewigkeit habe ich mich endlich getraut, ihn Ole zum Lesen zu geben.«
    Ich musste eine Pause machen und rieb mir über das Gesicht. »Er fand ihn grauenvoll. Das ist nicht einmal das richtige Wort dafür, er hat mich regelrecht fertig gemacht, dass er – der ach so große Künstler – mit einer dermaßen untalentierten Frau zusammenlebt, die keinerlei Leidenschaft in die Kunst steckt und lieber dem Geld hinterher rennt. Er hatte leicht reden, immerhin musste er ja zusätzlich zum Schreiben nicht arbeiten gehen.« Bei der Erinnerung ballten sich meine Fäuste von alleine. »Das vorläufige Ende der Geschichte ist, dass er mich verlassen hat. Am nächsten Tag kam ich von der Arbeit und von ihm war keine Spur zu finden. Er hatte sich einfach vom Acker gemacht und mich mit einer Unmenge von Selbstzweifeln zurückgelassen.«
    Frederik legte die Arme um mich und ich schmiegte mich an seine Brust, plötzlich davon überzeugt, dass er niemals so etwas tun würde.  
    »Wie kann er dir nur so etwas einreden? Ich liebe deine Bücher! Du bist so unglaublich talentiert! «, sagte Frederik aufgebracht und zog mich ganz eng an sich.
    »Ich weiß«, murmelte ich dumpf. »Und Ole wusste das auch.« Dabei ignorierte ich das bittere Brennen, das aus meinem Magen aufstieg. Auch die Tränen machten sich wieder in meinen Augen bemerkbar.
    »Wie meinst du das?«
    Obwohl meine Hand zitterte, griff ich nach dem Bilderrahmen und reichte ihn Frederik. Er nahm ihn und betrachtete die Seite aus dem Verlagskatalog, auf dem ein Krimi beworben wurde, der vor ein paar Jahren ein ziemlicher Erfolg gewesen war und sich bis heute gut verkaufte.
    »Ja, das kenne ich. Das war sehr gut. Aber hat der Autor danach nicht eine Schaffenskrise gehabt und nichts Anständiges mehr geschrieben?«
    »Du bist gut informiert«, sagte ich anerkennend und versuchte, zumindest ein schiefes Grinsen zustande zu bringen. »Aber es ist nicht verwunderlich, dass der Autor danach nichts mehr hinbekommen hat: Er ist eigentlich ein erfolgloser Lyriker und hat das Manuskript seiner Ex-Freundin geklaut, nachdem er ihr sehr eindrucksvoll klargemacht hat, dass sie eine talentlose Versagerin ist.«
    Ich spuckte die Worte förmlich aus und hörte Frederik entsetzt nach Luft schnappen. »Was?«, schrie er fassungslos.
    »Ole hat mein Manuskript gestohlen und während ich voller Hass auf mich und die Welt meine Schriftstellerkarriere an den Nagel hängen wollte, hat er mein Buch an einen Verlag verkauft«, fasste ich noch einmal zusammen – nur für den unwahrscheinlichen Fall, dass er mich nicht verstanden hatte. »Daher kommen vermutlich meine Bindungsängste«, fügte ich noch trocken hinzu.
    »Helen«, sagte Frederik und wühlte aufgebracht durch seine Haare. »Ich weiß gerade nicht einmal, was ich sagen soll.« Zum Trost legte er die Arme fester um mich und zerquetschte mich fast. »Hättest du früher etwas gesagt, dann hätte ich dieses

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