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Die zweite Stufe der Einsamkeit

Die zweite Stufe der Einsamkeit

Titel: Die zweite Stufe der Einsamkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R. R. Martin
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wie immer kam sie. „Commander“, sagte eine der Frauen, „was ist dieses – dieses Ding in der Mitte?“
    Er lächelte. „Sie sind nicht die einzige, die das gern wüß te“, sagte er. „Was es auch ist, es hat im Normalraum keinerlei Gegenstück. Oder zumindest keines, das wir sehen können. Aber dies hier und ähnliche Dinge wurden von den Sternenkreuzern mehrere Male im Antiraum gesichtet. Dieses Dia, von der Sternenwind auf ihrer letzten Reise aufgenommen, ist das beste Bild, das wir je davon bekommen haben. Das Wesen – vorausgesetzt, es ist wirklich ein Wesen, was nach wie vor nur eine Vermutung ist – ist größer als ein Schiff. Und zwar um einiges. Aber es scheint harmlos zu sein.“
    Seine Stimme war beruhigend. Sein Verstand war neugierig. Scheint harmlos zu sein, dachte er. Ja. Aber dieses hier schien hinter dem Schiff her zu sein. Es gibt noch immer Streitigkeiten darüber, ob es uns etwas getan hätte, hätte es uns erwischt. Vielleicht hat es das dieses Mal getan. Vielleicht hat es sie auf dieser Reise erwischt. Ich habe immer behauptet, es sei möglich. Obwohl es die Offiziere nicht gern zugeben. Sie befürchten, daß es weitere Haushaltsbeschneidungen gibt, wenn sie zugeben, daß das Programm gefährlich ist. Deshalb geben sie vor, alles sei sicher und in Ordnung und harmlos dort draußen, genau wie auf der Erde. Aber das ist es nicht. Das ist es nicht. Die Erde ist vor Jahren an Langeweile gestorben. Dort draußen kann ein Mann noch leben und fühlen und träumen.
    Er beendete sein Geschwätz über den Antiraum. Sein Daumen bewegte sich. Der weiße Würfel verschwand. Statt dessen brannte eine riesige rote Kugel in der Mitte des Raumes.
    „Die erste Station der Sternenwind war dieser rote Riese, noch unbenannt“, erzählte Becker den Frauen. „Die Mannschaft hat ihm den Spitznamen Rotes Licht gegeben. Weil er uns angehalten hat. Und weil es, ziemlich offensichtlich, ein rotes Licht ist. Es gab keine Planeten, aber wir haben diesen Stern einen Monat lang umkreist, um Ablesungen zu machen und Sonden hineinzuschicken. Die Informationen, die wir gesammelt haben, müßten uns eine Menge Aufschluß über die stellare Evolution geben.“
    Ich erinnere mich noch, wie ich ihn das erste Mal gesehen habe, dachte er, während er sprach. Gott! Was für ein Anblick! Mein erster Stern – Sol zählt nicht. Wilson war mit mir auf Wache, aber er war so verdammt beschäftigt, Messungen zu machen, daß er sich kaum bemüht hat hinzusehen. Aber jetzt ist er wieder da draußen. Und ich bin hier. Es gibt keine Gerechtigkeit …
    Ein neues Dia. Diesmal schwebte eine gesprenkelte Kugel aus Orange und Blau in dem Würfel. Dahinter eine helle, gelbe Sonne, nur geringfügig kleiner als Sol.
    Beckers Stimme wurde feierlich. „Unsere erste Planetenlandung“, sagte er. „Und einer der größten Augenblicke in der menschlichen Geschichte. Das ist der Planet, den wir Ameisenhügel genannt haben. Ich bin sicher, Sie haben inzwischen alles darüber gelesen und die Holofilme gesehen. Aber vergessen Sie nicht, für uns war er neu und fremd und voller Verlockungen. Dies war der erste Kontakt der Menschheit mit einer anderen intelligenten Rasse.“
    Er drückte das nächste Dia, eines der prächtigsten. Und als es schlagartig sichtbar wurde, gab es das erwartete Aufkeuchen der Ehrfurcht und Bewunderung. Das Publikum hielt seinen kollektiven Atem an.
    Im Zentrum des Würfels war eine riesige, dunkle Ebene unter einem blutroten Himmel, an dem dahineilende schwarze Wolken die fremde Sonne verdeckten. Und von der Ebene stiegen die Türme auf. Dünn und schwarz, miteinander verflochten, umeinander herumgewunden, Türme, die sich verzweigten und wieder teilten- und aufstiegen, immer höher aufstiegen. Fast eine Meile hoch, und rings um sie her waren die zerbrechlichen, netzwerkartigen Brücken, die jeden Turm mit seinen Brüdern verbanden, um so ein kompliziertes Ganzes zu bilden. Ein Fluß verlief durch die Mitte der Stadt und gab einen Anhaltspunkt für die gewaltige Größe des Gefüges.
    „Eine ihrer Städte“, sagte Becker. Und der leichte Unterton der Ehrfurcht in seiner Stimme war echt. „Die Heimat von mehr als einer Million von ihnen, unserer Schätzung nach. Wir haben die Erbauer Spinnenameisen genannt. Weil ihre Städte etwas von einem Spinnennetz an sich haben. Und weil – nun, sehen Sie …“
    Die Stadt verschwand. Das neue Dia war eine Nahaufnahme. Ein dicker, schwarzer Strang, der eine Schleife durch den

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