Die zweite Tochter: Thriller (German Edition)
Foto von William und dem Mann im blauen Polohemd heraus. »Ist das Neil?«
»Ja. Mein Gott, ihn auf dem Foto zu sehen …«
»Und der Typ daneben, kennst du ihn?« Jill zeigte auf Williams Begleitung.
»Das dürfte Joe Z sein.«
»Joe wer?«
»Neils Freund, Joe Zeptien.«
»Du kennst ihn?«
»Nicht wirklich. Neil hat zwar andauernd mit ihm telefoniert, aber begegnet bin ich ihm nur ein Mal. Ich hatte meine Ohrringe in Neils Wohnung liegen lassen, und als ich zurückgekommen bin, war er da. Neil hat ihn mir vorgestellt.«
»Was weißt du über diesen Joe? Hatte er einen Grund, William, ich meine Neil, etwas anzutun?«
»Nein, ganz bestimmt nicht.« Nina schüttelte den Kopf. »Die beiden verstanden sich prächtig.«
»Woher weißt du das?«
»Von Neil. Wie gesagt, die beiden haben permanent miteinander telefoniert.«
»Und wenn er nur behauptet hat, mit Joe Zeptien zu telefonieren? Es könnte auch irgendjemand anderes gewesen sein.«
»Das glaube ich nicht. Einmal habe ich aus Versehen ein Gespräch auf Neils Handy angenommen, und Joe war dran.«
»Worüber haben sie gewöhnlich gesprochen?«
»Warte, da ist Martin wieder.« Nina blickte nach links. Martin lief geradewegs auf sie zu und atmete schwer. Nina wischte sich noch einmal die Tränen ab und räusperte sich. »Schluss jetzt, Katie. Feierabend. Ich muss gehen. Und du auch. Wir können hier nicht weiter …«
»Worüber haben die beiden gesprochen?«
»Keine Ahnung. Neil wollte nicht, dass Joe mitkriegt, dass ich bei ihm bin, also ist er zum Telefonieren immer aus dem Zimmer gegangen. Er wollte meine Ehe nicht gefährden.«
Jill vermutete, dass es eher umgekehrt gewesen war. William wollte nicht, dass Nina etwas von seinen Telefongesprächen mitbekam. »Wo wohnt Joe?«
»Keine Ahnung. Irgendwo in der Stadt, nehme ich an.«
»In New York? Was macht er beruflich?«
»Das weiß ich nicht.« Je näher Martin kam, desto nervöser wurde Nina. »Wir müssen das hier jetzt beenden. Aber eins will ich noch wissen: Hat die Polizei meinen Namen? Wird sie sich bei mir melden?«
»Ich würde dir gern alles in Ruhe erklären. Lass uns uns morgen treffen. Sag, wo und wann.«
»Morgen muss ich arbeiten.«
»Ich hole dich bei deiner Firma ab. Wir essen zusammen Mittag.«
»Lieber nicht. Wenn, dann nur gleich am Morgen. Den Ort teile ich dir später über Facebook mit.«
Martin schnaufte und keuchte. Sein T-Shirt war nassgeschwitzt.
»Verschwinde jetzt. Und Martin erzähle ich, ich hätte mir den Knöchel verstaucht. Deshalb auch die Tränen.«
»Und wann wollen wir uns treffen?«
»Um zehn. In der Firma kann ich einen Arzttermin vorschieben, wenn ich kurz wegmuss.«
Das stimmt eigentlich sogar, dachte Jill, behielt es aber für sich.
Erst im Wagen fiel ihr ein, dass Rahul zur gleichen Zeit einen richtigen Arzttermin bei ihr hatte.
48
Auf der Rückfahrt ging ein heftiges Gewitter nieder. Der Regen prasselte auf das Wagendach, es war kaum möglich, ein Telefongespräch zu führen. »Padma, sind Sie das?«
»Ja, hallo.«
»Ich muss den Termin morgen früh leider verschieben.« Jill war unwohl, als sie das sagte. Sie selbst mochte keine Ärzte, die Termine verschoben. »Wie sieht es später am Tag bei Ihnen aus? Um zwölf?«
»Das geht.«
»Gut. Wie geht es Rahul?« Jill wechselte die Fahrspur und sah in den Rückspiegel. Der Verkehr hatte zugenommen. Hinter ihr war ein Lieferwagen von FedEx. Er fuhr zu schnell, obwohl die Sicht schlecht war. Der Himmel war schon fast dunkel, und der Regen färbte die Landschaft grau.
»Gleichbleibend. Er schläft gerade.«
»Hat er Fieber?«
»Ja, aber nicht hoch.«
»Isst und trinkt er?«
»Nicht wirklich.«
»Das ist nicht gut. Dann bis morgen Mittag. Und ich bitte nochmals um Verzeihung.«
»Bis morgen«, sagte Padma und legte auf.
Der FedEx-Wagen hinter ihr war verschwunden und hatte einer grauen Limousine Platz gemacht. Megan musste jetzt zu Hause sein. Das Training war vorbei. Wahrscheinlich war sie gerade dabei, den Kühlschrank zu plündern. Jill behielt die Straße im Auge, während sie die Handynummer ihrer Tochter wählte. »Hi, mein Schatz.«
»Hi, Mom. Ich wollte mich auch gerade bei dir melden.«
»Was gibt’s Neues?«
»Ich bin wieder bei Courtney. Morgen müssen wir unsere Szene aus Romeo und Julia vorspielen. Ich bleibe also noch mal über Nacht bei ihr.«
Jill stöhnte auf. »Nein, Megan. Es reicht jetzt wirklich. Das ist für Carol eine Zumutung.«
»Wusste ich doch, dass das
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