Die zweite Tochter: Thriller (German Edition)
Jill die Hand. »Aber nur eine Runde, sonst bekomme ich noch einen Herzinfarkt. Schön, dich kennengelernt zu haben.«
»Ebenfalls. Und danke für deine Direktheit.«
Martin gab Nina einen Kuss auf die Wange und lief los.
»Wenn ich ehrlich bin, bin ich gekommen, um mit dir über jemand anderen zu sprechen, den wir beide kennen: Neil Straub.«
»Was? Wen?« Nina tat so, als kenne sie diesen Mann nicht. »Neil Straub? Wer ist das?«
»Du kennst ihn. Ich war mit ihm verheiratet, aber damals nannte er sich noch William Skyler.«
»Ich weiß nicht, von wem du sprichst.« Nina sah den Gehweg entlang. Martin war in der Menschenmenge verschwunden.
»Doch, das weißt du. Ich habe eine Visa-Quittung von dir in seinem Wagen gefunden. Also rede, bevor Martin zurückkommt.«
»Ich kenne keinen Neil Straub.«
»Na gut, dann eben so: Ich habe eine schlechte Nachricht für dich. Neil ist vorigen Dienstag in Philadelphia verstorben. Wahrscheinlich wurde er ermordet.«
Nina rang nach Luft. »Das ist nicht wahr.«
»Also kennst du ihn doch. Du kennst Neil Straub.«
»Nein. Ja. Warte.« Tränen traten in Ninas Augen. »Bitte, sag meinem Mann nichts«, flehte sie Jill an. »Er hat keine Ahnung. Und er ist verdammt eifersüchtig.«
»Keine Angst. Der Rechtsmediziner sagt, er sei an einer Mixtur aus Schmerztabletten, Psychopharmaka und Alkohol gestorben. Aber das glaube ich nicht.«
»Psychopharmaka? Aber so etwas hat er nie eingenommen.«
»Kennst du jemanden, der es auf ihn abgesehen hatte?«
»Ist das wirklich wahr? Ist er wirklich … tot?« Ninas Augen liefen über vor Tränen. Sie wischte sie fort. »Ich habe seit einer Woche nichts mehr von ihm gehört.« Sie schniefte. »Ich habe ihn immer wieder angerufen, aber er hat sich nicht gemeldet. Ich war stinksauer. Ich habe gedacht, er hätte mich abserviert. Und dabei …«
Jill hätte sie gern getröstet, aber bis zu Martins Rückkehr blieb ihr vielleicht nicht mehr viel Zeit. »Alle in seinem New Yorker Wohnhaus kannten ihn als Neil Straub. Wie du. Niemand wusste, dass William Skyler sein richtiger Name war.«
»Aber er ist Neil Straub.«
»Wusstest du von seinem Doppelleben?«
»Was?« Nina errötete.
»Wovon hat er gelebt? Was hat er dir erzählt?«
»Dass er in Immobilien investiert.«
»Hast du ihm geglaubt?«
»Er hat mir Häuser gezeigt, die ihm gehören.«
»Alles Lügen.«
»Er hat nicht gelogen. Ich liebe ihn.«
»Ich habe ihn auch einmal geliebt. Aber er hat mich nur benutzt. Hast du ihm Geld gegeben oder …«
»Er hat mich nicht benutzt. Er hat mich geliebt.« Nina wischte sich die Tränen weg, als ein junges Paar an ihnen vorbeiging.
»Seit wann hast du ihn gekannt?«
»Was geht dich das an?«
»Vielleicht hilft es uns, seinen Mörder zu finden.«
»Was sagt die Polizei?«
Jill hatte keine Zeit, ihr die ganze Geschichte zu erzählen. »Bitte, rede mit mir. Du könntest mir helfen, und dein Mann wird gleich wieder da sein.«
Nina zögerte. »Ich kenne ihn seit vier Jahren.«
Jill wurde bleich. Damit hatte sie nicht gerechnet. Sie war von William erst vor drei Jahren geschieden worden. Er hatte sie also noch während ihrer Ehe betrogen. Jill verbarg ihre Bestürzung. »Wo hast du ihn kennengelernt?«
»In einem Starbucks.« Nina überlegte. »Moment. Dann sind die Jungs auf deiner Facebook-Seite also seine Kinder?«
»Nein. Wir hatten keine Kinder zusammen. Hast du ihm irgendwann Geld gegeben oder geliehen?«
»Er hatte selbst genug davon.«
»Hast du ihn einem wichtigen Menschen vorgestellt?«
»Nein. Was soll das alles? Da waren nur wir beide, uns genügte das.«
»Hast du ihm Kontakte zu Pharmacen verschafft? Zu Leuten in den oberen Etagen? Er war Arzneimittelvertreter.«
»Quatsch, Neil war kein Arzneimittelvertreter.« Nina schüttelte energisch den Kopf, sie hatte sich wieder gefangen. »Er hatte überhaupt keine Ahnung von der Branche.«
»Hat er dir das erzählt?« Jill versuchte das Puzzle zusammenzusetzen.
»Ja. Aber er hat mir trotzdem zugehört, wenn ich von meinem Job erzählt habe. Er interessierte sich für mich. Er hat mich verstanden.«
Vielleicht, so überlegte Jill, fühlten sich betrügende Ehefrauen genauso missverstanden wie ihre männlichen Pendants? Und wahrscheinlich hatten sie damit sogar recht.
Nina grüßte eine Frau, die einen Kinderwagen über die Straße schob. »Das ist unsere Nachbarin. Wir können uns hier nicht länger unterhalten.«
»Sieh dir das mal an.« Jill holte aus ihrer Tasche das
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