Die zweite Tochter: Thriller (German Edition)
kommt. Deshalb steht sie neben mir, um mit dir zu sprechen.«
»Dann gib sie mir.« Jill hörte Schritte am anderen Ende der Leitung. »Hi, Carol, brauchst du nicht mal eine Pause?«
»Nein, überhaupt nicht.« Carol klang vergnügt. »Wie läuft’s bei dir?«
»Gut, aber ich habe eine Menge zu tun. Danke, dass meine Tochter bei euch sein darf.«
»Sie ist ein liebes Mädchen, und das weißt du auch. Megan und Courtney sind das perfekte Team. Die beiden haben für ihren Auftritt sogar Kostüme genäht.«
»Und du kutschierst sie die ganze Zeit durch die Gegend.«
»Nächste Woche bin ich nicht da. Dann darfst du den Chauffeur spielen.«
»Gern. Dann bis bald.« Jill beendete das Gespräch und legte ihr Handy beiseite. Die graue Limousine war noch immer hinter ihr. Ein Mann saß am Steuer.
Jill erhöhte die Geschwindigkeit, und die Limousine tat dasselbe. Dann drosselte sie das Tempo, und der Wagen hinter ihr glich sich wieder ihrer Geschwindigkeit an. Sie wechselte auf die langsame Spur, die Limousine folgte ihr. Jills Herz begann schneller zu schlagen. Sie trat aufs Gas und griff nach ihrem Handy. Nur für den Ernstfall …
Als ein Rasthofschild auftauchte, verließ die graue Limousine den Highway. Jill aber nahm den Fuß nicht mehr vom Gas und umklammerte mit der Hand noch immer ihr Handy. Durch das Unwetter raste sie ihrem Zuhause entgegen.
49
Es war dunkel, als Jill zu Hause ankam. Sie ließ Beef in den Garten, sie selbst blieb an der Tür stehen. Wie gewöhnlich steckte der Hund seine Schnauze ins nasse Gras, schnüffelte. Dunst erfüllte die Luft, die etwas faulig roch, vom Pool her stiegen kleine Dampfwolken auf, am Zaun zu den Nachbarn entdeckte sie nichts Verdächtiges. Auch hier war ein Gewitter niedergegangen. Der Nachthimmel war seltsam hell.
Jill lehnte am Türrahmen, ihr Schatten schwarz auf dem Rasen. Sam hatte nicht angerufen. Sollte sie sich bei ihm melden? Aber sie konnte ihm nicht sagen, was er hören wollte. Beef trottete zu ihr, Jill öffnete eine Hand, und Beef rieb seinen Kopf an ihrer Handfläche. Ein Ritual zwischen den beiden. Beefs Fell war nass. Sie kratzte ihn hinter den Ohren.
Ihr Handy läutete. Es war Katie. »Hi.«
»Wie war’s bei Nina? Alles in Ordnung? Warum hast du nicht angerufen?«
»Der Regen war so laut im Auto. Nicht gerade ideal zum Telefonieren.« Jill wollte anfangen von Nina zu erzählen, als am anderen Ende der Leitung Geschrei zu hören war. »Was ist bei euch los?«
»Die beiden Kleinen sind übermüdet und streiten sich um den Computer.«
»Aha.« Jill erinnerte sich an die früheren Streitereien der drei Mädchen um Lippenstifte und Schminkdöschen. Nie hätte sie gedacht, dass sie diese Zeit einmal vermissen würde.
»Gott, diese Kinder.« Katie klang entnervt. Der Krach im Hintergrund nahm an Intensität zu. »Wird die Rivalität zwischen Geschwistern irgendwann aufhören, Jill?«
Jill lächelte. »Ich kann auch später noch einmal anrufen.«
»Nein, nein. Ich bin so gespannt. Nina hat eine neue Nachricht über Facebook geschickt. Ihr trefft euch morgen um zehn im Starbucks in der Weehawk Avenue. Ich maile dir die genaue Adresse gleich rüber. Warte.« Katie hielt den Hörer zu. »Jetzt reicht’s aber! Jamie, lass deinen Bruder auch mal ran. Log dich aus. Log dich aus, sofort.«
»Du tust mir wirklich leid.«
»Ich mir manchmal auch. Die beiden benutzen denselben Computer, also muss sich der eine erst ausloggen, bevor der andere sich einloggen kann. Und Tommy ist so ungeduldig. Einen Augenblick.« Katie hielt den Hörer wieder zu. »Tommy, warte. Du weißt doch, dass Jamie mit der Maus noch nicht so geschickt ist.«
Wieso war Jill nicht früher darauf gekommen? Wenn William ein Doppelleben geführt hatte, gab es auf seinem Laptop vielleicht noch einen zweiten Account auf den Namen Neil Straub. Einen Account, in dem – im Gegensatz zu dem von William Skyler – nichts gelöscht worden war.
»Hier bin ich wieder. Ich glaube, ich werde nicht drum herumkommen, jedem einen eigenen Computer zu kaufen. Aber eine Woche später sind sie schon veraltet. Ich meine die Computer, nicht die Kinder.«
»Katie, ich möchte dich etwas fragen. Wenn eure Jungs jeweils einen eigenen Benutzer-Account haben, erscheinen dann alle Benutzernamen, wenn ihr den Computer ein schaltet?«
»Schon, aber das hängt von der Software ab, die man benutzt. Man kann sich auch auf einem weißen Bildschirm mit seinem Passwort einloggen.«
»Ich verstehe. Es ist also eine
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