Die zweite Tochter: Thriller (German Edition)
Frage der Programmierung.« Als Jill Williams Laptop zum ersten Mal hochgefahren hatte, war nur ein Account angezeigt worden. »Wer hat bei euch die Accounts eingerichtet?«
»Ich.«
»Du?«
»Wer sonst? Ich bin der Administrator.«
Jill war beeindruckt. Man sollte die Fähigkeiten einer Mutter nie unterschätzen. »Kann man die Benutzer-Accounts auch verbergen?«
»Du meinst, dass man sie nach dem Einschalten nicht sieht? Klar.«
»Und kann man irgendwie herausfinden, wie viele Accounts sich auf einem Computer befinden?«
»Selbstverständlich. Aber warum fragst du das alles?«
»Ich denke an Williams Laptop. Wenn er sich im wahren Leben eine zweite Identität zugelegt hat, warum nicht auch auf seinem Computer?«
»Und falls es einen verborgenen Account auf den Namen Neil Straub gibt«, spann Katie den Faden weiter, »dann weiß ich, wie du ihn findest.«
»Wirklich?«
Eine halbe Stunde später, Beef lag inzwischen zusammengerollt in seinem Korb, saß Jill an der Kücheninsel vor Williams Laptop, ausgestattet mit Katies gemailten Anweisungen, die sie sich ausgedruckt hatte, und einer Tasse heißen Kaffee.
Als sie den Computer einschaltete, erschien auf dem Bildschirm zuerst das Microsoft-Logo, dann eine verwirrende Anzahl sich drehender Zahlen und anschließend die Aufforderung, das Passwort einzugeben.
Jill lief ein Schauder über den Rücken, so aufgeregt war sie. Williams Passwörter waren immer eine Kombination von seltenen Automodellen und seinem Geburtstag gewesen. Sie tippte die Zeichenreihe P9110701 ein, die für Williams Geburtstag am 1. Juli und einen Porsche 911 stand. Aber das Passwort, das er früher für Online-Käufe benutzt hatte, war genauso ungültig wie die Zeichenkombination JAGXKEO 0701, die für ihr gemeinsames Bankkonto gegolten hatte. Auch MB 6000701, hinter dem sich Williams Lieblings-Mercedes verbarg, funktionierte nicht. Sie überlegte, und ihr fiel ein, dass William immer wieder gesagt hatte: Ich möchte einmal in einem Aston Martin DB 9 sterben.
Sie tippte AMDB 90701 ein, und der Bildschirm verwandelte sich in eine grüne Landschaft mit blauem Himmel. Jills Herz klopfte ihr bis zum Hals, als die Begrüßung erschien:
WILLKOMMEN , NEIL !
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Sie klickte auf die Dateien in den beiden Ordnern RE CHERCHE und NOTIZEN . Beide waren am 9. September vor drei Jahren erstellt worden. Was sie im RECHERCHE -Ordner fand, ließ sie vor Überraschung tief Luft holen. Hunderte von Unterordnern erschienen, jeder benannt nach einem Medikament, aufgelistet in alphabetischer Reihenfolge: von Abata, Akasin, Aormil, Aritil, Aresta, Aromytec bis hin zu Zertax.
Die meisten Medikamente kannte sie natürlich. Manche waren gegen Kopfweh, Gicht oder bipolare Depressionen, andere gegen Übelkeit, Hautkrebs, Schuppenflechte und aplastische Anämie. Eine logische Verbindung zwischen ihnen bestand nicht.
Sie öffnete den Ordner für Abata, ein Mittel gegen Asthma bei Kindern, das sie kannte. Eine PDF -Datei mit Verschreibungshinweisen für den Arzt und der Beschreibung des Medikaments selbst erschien: »Abata ist ein Hydrochloridsalz, das aus Quinapril hergestellt wird, der Äthyl-ester eines nicht sulfhydrylen …« Außerdem befand sich in dem Ordner ein Unterordner mit dem Namen PRESSE , der Links zu Online-Ausgaben von Zeitungen und zu Blogs enthielt. Jill klickte auf den ersten Link, der zu einem Zeitungsartikel im Oregonian vom 3. Juni vor acht Jahren führte:
Moise Yakowitz, sechs Jahre alt, starb heute bei einem Picknick der Pfadfinder fast an den Folgen eines anaphylaktischen Schocks. Seine Eltern machen dafür das Medikament Abata verantwortlich, das von der Firma Pharmacen …
Jill dachte nach. Abata wurde von der Firma hergestellt, bei der Nina arbeitete. Ein Zufall? Wohl eher nicht. Der nächste Artikel stammte aus der Bucks County Courier Post in Pennsylvania:
Heute war ein trauriger Tag für die Familie der zehnjährigen Pauline Ma, die bei strömendem Regen beerdigt wurde. Das Mädchen starb in der vorigen Woche an den Folgen eines anaphylaktischen Schocks, der, wie ihre Mutter behauptet, von dem Medikament Abata verursacht wurde. Hergestellt wird das Medikament von der Firma Pharmacen …
Auch der Ordner für das nächste Medikament, Akasin, war genauso aufgebaut: Verschreibungshinweise für den Arzt, dann ein Online-Artikel über das Medikament und seine Nebenwirkungen. Aormil, Aritil und Aresta, die folgenden drei Arzneien, wurden wie die ersten beiden von Pharmacen
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