Die zweite Todsuende
gäbe.»
«Im Radio hieß es: zeitweise bewölkt», meinte Boone.
«Meine Hühneraugen sagen Regen», erklärte Delaney, und damit war das erledigt.
Beide Männer schlugen ihre Notizbücher auf.
«Zwei Dinge», sagte Delaney. «Was die Erbfolge beim Fehlen eines Testaments betrifft, habe ich von der Rechtsabteilung nur das übliche Blabla erfahren: es kann so sein oder auch anders. Nach den Gesetzen des Staates New York bekommt die Witwe zweitausend in bar oder Sachwerten und die Hälfte vom Nachlaß. Die andere Hälfte geht nach Abzug der Steuern an das überlebende Kind, in diesem Fall an Ted Maitland.»
«Dann wäre also Alma Maitland die große Gewinnerin?»
«Dem Anschein nach, ja», bestätigte Delaney. «Aber die Bankguthaben, ein paar Wertpapiere und die Eigentumswohnung in der East 58th Street machen zusammen nicht mehr als hunderttausend aus. Der große Brocken in der Hinterlassenschaft sind die unverkauften Gemälde, die Geltman in seiner Ausstellung zeigt. Hier sind übrigens zwei Einladungen. Gestern gekommen. Jede gilt für zwei Personen.»
Boone nahm seine Karte und fuhr mit dem Finger über den Druck.
«Hübsch», sagte er. «Geltman läßt sich das was kosten.»
«Sie gehen mit Rebecca hin?» fragte Delaney.
Boone nickte.
«Monica wird sie anrufen», sagte der Chief. «Wir essen vorher alle gemeinsam irgendwo zu Abend, und hinterher gehen wir rüber in die Galerie. Einverstanden?»
«Gern. Um welchen Betrag wird sich die Erbschaft Ihrer Meinung nach vergrößern?»
«Hat nicht Geltman gesagt, eines der Bilder würde eine Viertelmillion bringen? Selbst wenn er übertrieben hat, alle zusammen sollten schon eine Million abwerfen, mindestens.»
«Die wären als Motiv besser als hunderttausend», meinte Boone.
«O ja», stimmte Delaney ihm zu. «Vielleicht hat der Mörder darauf spekuliert, daß die Bilder im Preis heraufgehen, wenn Maitland tot ist. Selbstverständlich wird sich das Finanzamt eine schöne Scheibe vom Kuchen abschneiden und der Staat New York auch. Aber es sollte doch so viel übrigbleiben, daß Alma Maitland nicht gerade der Fürsorge zur Last fällt.»
«Sie halten also Mrs. Maitland für verdächtig?» fragte der Sergeant.
«Zuzutrauen wäre es ihr schon», brummelte Delaney. «Sehr sogar. Aber Ted Maitland nicht minder. Im Moment sind sie diejenigen, die am meisten profitieren. Ich habe Thorsen gebeten, zu veranlassen, daß man uns in Dora Maitlands Bankauszüge in Nyack Einsicht nehmen läßt. Thorsen möchte vermeiden, daß ein Gerichtsbeschluß beantragt wird. Damit würde man bloß J. Barnes Chapin auf die Hühneraugen treten, und das wollen wir ja nun gerade nicht. Thorsen versucht, die Sache über befreundete Politiker in Nyack einzufädeln. Vielleicht können die die Bank bewegen, mit uns zusammenzuarbeiten. Ich gehe dann ganz unauffällig rein, mache mir ein paar Notizen, und kein Mensch erfährt was.»
Der Sergeant schwieg. Der Chief wußte, was Boone bedrückte: Hatte Delaney mit Thorsen über ihn gesprochen? Hatte er Boone verpfiffen? Delaney schwieg sich aus. Mochte der Sergeant ruhig noch ein wenig schmoren. Das konnte ihm nur guttun.
«Und was gibt's bei Ihnen Neues?»
«Eine ganze Menge», sagte Boone und schlug sein Notizbuch auf. «Einiges davon ist hochinteressant. Ich hab bei dem Laden nachgefragt, der die Sandwiches lieferte, als Saul Geltman seine Besprechung mit J. Julian Simon hatte. Der Bote sagt aus, es hat sich genauso abgespielt, wie Simon behauptet: der Anwalt kam aus seinem Arbeitszimmer, zahlte und nahm die Sandwiches mit rein. Der Bote hat keinen im Büro gesehen außer Simon und Susan Hemley. Ich hab sie angerufen und mich zum Mittagessen mit ihr verabredet. Um rauszukriegen, ob sie Geltman in Simons Büro sah, als ihr Chef rauskam, um die Sandwiches zu holen.»
«Oder zu irgendeinem anderen Zeitpunkt zwischen zehn und halb zwei», fügte Delaney hinzu.
«Richtig», sagte Boone und machte sich eine Notiz.
«Noch was?»
«Ja, Sir. Noch was. Und jetzt wird's interessant. Ihr Vorurteil gegen Ringe am kleinen Finger zahlt sich aus. J. Julian Simon ist vorbestraft.»
«Hab ich's doch gewußt», meinte Delaney voller Genugtuung. «Was hat er ausgefressen: illegale Adoptionen vermittelt?»
«Nicht ganz, Sir. Im übrigen liegt das alles schon über zwanzig Jahre zurück, genauer gesagt: vierundzwanzig Jahre. Die Autobus-Gesellschaften in Manhattan und in der Bronx bekamen damals aus heiterem Himmel eine Flut von Unfallklagen an den
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