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Die zweite Todsuende

Die zweite Todsuende

Titel: Die zweite Todsuende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Sanders
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Hand an sein spätes Frühstück: Rührei, Zwiebeln und Lachs, aufgebackene Krapfen mit Streichkäse und Kaffee, der anders schmeckte als der bei Boone.
    Sie setzte sich zu ihm, naschte an einem Krapfen und trank Kaffee. Dabei erzählte sie ihm von der Nacht, die sie mit Rebecca hinter sich hatte.
    «Sie wollte alle fünf Minuten anrufen, weil sie meinte, du hättest ihn verletzt. Das hast du doch nicht, Edward, oder?»
    «Nicht genug», knurrte Delaney.
    «Sie wird inzwischen bei ihm sein. Sie ist sofort losgefahren, nachdem ich ihr sagte, du kommst. Sie will sich davon überzeugen, daß ihm nichts fehlt.»
    «Gar nichts fehlt ihm», versicherte Delaney. «Aber sie ist schön blöde. Es gibt keine Garantie, daß er's nicht wieder tut. Das hat er selbst zugegeben.»
    «Hast du ihm seinen Revolver zurückgegeben?»
    «Ja. Er ist schließlich Polizeibeamter und braucht ihn im Dienst. Es spielt auch keine Rolle; wenn er sich das Leben nehmen will, findet er Mittel und Wege, ob er eine Kanone hat oder nicht. Rebecca sollte ihn sich vom Leibe halten. Ihn einfach aufgeben. Die Sache bringt ihr nichts ein.»
    «Was wirst du denn seinetwegen unternehmen?»
    «Das weiß ich noch nicht. Wenn ich Thorsen sage, er soll mir einen anderen Mann besorgen und warum, spült der ihn durchs Klosett.»
    «Jeder hat Anrecht auf eine zweite Chance, Edward.»
    Sein Kopf ruckte in die Höhe; er starrte sie an.
    «Ach nein! Glaubst du das wirklich? Mörder und notorische Gewaltverbrecher? Terroristen, die Flugzeuge in die Luft sprengen und kleine Kinder umbringen? Alle die haben ein Anrecht auf eine zweite Chance?»
    «Hör gefälligst auf damit!» rief sie ärgerlich. «Zu der Kategorie zählt Abner nicht, und das weißt du auch ganz genau.»
    «Ich will dich ja nur darauf aufmerksam machen, daß dein ‹Jeder hat Anrecht auf eine zweite Chance› nicht in jedem Falle gilt. Gewiß, es hört sich menschenfreundlich und nach christlicher Nächstenliebe an, aber ich kann darauf verzichten, wenn das zur Regel wird. Außerdem hat Boone eine zweite Chance gehabt und auch noch eine dritte und vierte und so weiter. Thorsen hat ihm jede Menge Chancen eingeräumt.»
    «Aber du nicht», sagte Monica leise. «War das, was er getan hat, wirklich so schlimm? An der Ausübung seines Dienstes hat es ihn schließlich nicht gehindert, oder?»
    «Nein», sagte er kurz angebunden, «aber wenn er es noch mal macht, könnte es dazu kommen.»
    «Du bist enttäuscht von ihm», sagte sie. Und als sie seine finstere Miene sah, fügte sie eilends hinzu: «Und ich auch. Aber kannst du ihn nicht trotzdem behalten, Edward? Ich weiß, ich glaube, ich habe das Gefühl, wenn du ihn jetzt fallenläßt, wäre es für ihn das Ende. Wirklich das Ende. Keine Hoffnung mehr.»
    «Ich will es mir überlegen», sagte er widerstrebend. Er schob seinen Stuhl ein wenig zurück, um die Beine übereinanderschlagen zu können, und zündete eine Zigarre an, die er mit der letzten Tasse Kaffee genießen wollte. Er blies eine Rauchwolke in die Luft und sah Monica an, die bedrückt in ihre Tasse schaute.
    Morgensonne glänzte auf ihrem Haar. Er sah die anmutige Linie von Wange und Hals. Das Fleisch straff und voller Leben. Alles an ihr ausgesprochen fraulich. Und welche Kraft!
    Dann sah er sich in der warmen, von einem angenehmen Duft durchzogenen Küche um. Möbel und Beschläge abgenutzt, aber blitzsauber. Krümel auf der Tischdecke. Eine gefüllte Speisekammer. All die geliebten und vertrauten Dinge des schönsten Raums im Hause. Der Herd. Die Zugbrücke aufgezogen, der Burggraben mit Wasser gefüllt.
    Sie bemerkte die Veränderung in seinem Gesicht und fragte: «Woran denkst du?»
    «An einen leeren Kühlschrank», antwortete er und erhob sich, um ihr einen Kuß zu geben.
    Abner Boone hatte geduscht und sich rasiert und musterte finster seine tiefliegenden Augen und die eingefallenen Wangen im Spiegel. Er zog sich an, prüfte, ob er Dienstausweis und Revolver bei sich hatte und stieß vor der Tür auf Rebecca Hirsch, die eben hereinkommen wollte. Sie starrten einander an, und sie ließ die Hand sinken.
    «Ich wollte nur…» sagte sie mit belegter Stimme, schöpfte dann jedoch Mut. «Ich wollte nur nachsehen, ob alles mit dir in Ordnung ist.»
    «Das ist es», nickte er. «Komm rein.»
    Er machte ihr die Tür auf. Sie trat zögernd ein, setzte sich auf den äußersten Rand der Couch. Er nahm am anderen Ende des Zimmers Platz.

    «Du wolltest gerade gehen?» fragte sie. «Dann gehe ich

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