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Die zweite Todsuende

Die zweite Todsuende

Titel: Die zweite Todsuende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Sanders
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auch lieber.»
    «Das hat Zeit. Ich muß mit dir reden. Ich bedauere von ganzem Herzen, was gestern vorgefallen ist, aber das will nicht viel besagen, Rebecca. Ich glaube, es ist besser, wir sehen uns nicht mehr wieder.»
    «Du möchtest mich nicht mehr sehen?»
    «Das habe ich nicht gesagt. Aber es führt zu nichts Gutem. Das hat sich gestern abend erwiesen.»
    «Warum tust du so was, Abner?»
    «Dafür gibt's eine ganze Menge Gründe. Dem Chief hab ich gesagt, es ist wegen all dem Dreck, den ich als Polizist zu sehen bekomme. Das ist einer der Gründe, ehrlich. Daß meine Frau mich verlassen hat, ist ein anderer. Auch das stimmt. Möchtest du noch einen weiteren Grund hören? Ich trinke gern Whiskey. Und Bier und Wein. Es schmeckt mir. Und es hilft.»
    «Wie hilft es dir?»
    «Es betäubt meine Ängste. Alles sieht weniger schlimm aus. Es hilft auf zweierlei Weise: entweder man schöpft wieder Hoffnung oder man findet sich damit ab, daß es keine Hoffnung mehr gibt. Jedenfalls hilft es, so oder so. Kannst du das verstehen?»
    «Nein», sagte sie, «das verstehe ich nicht.»
    «Ich begreife, daß du es nicht verstehst. Ich erwarte das gar nicht und mache dir keinen Vorwurf daraus. Es ist meine Schuld, das weiß ich.»
    «Versuch es doch mal bei den Anonymen Alkoholikern. Mit Medikamenten, mit Psychotherapie.»
    «Hab ich alles ausprobiert», sagte er steinernen Gesichts. «Ich kann's nun mal nicht packen. Das Beste ist, du gehst.»

    «Es gäbe noch eine Möglichkeit», sagte sie.
    Er schüttelte den Kopf. «Das glaube ich nicht. Demnächst werde ich bei den Schnapsleichen unter den Brücken enden.»
    «Himmel!» entfuhr es ihr. «Sag so was nicht!»
    «Es stimmt aber! Steig aus, solange du noch kannst.»
    Sie starrten einander an, zwei Menschen von ganz unterschiedlicher Art - sie strotzend vor Gesundheit, er angekränkelt von seiner Niederlage.
    «Wenn du mich lieben könntest…» begann sie.
    «Erlöst durch die Liebe einer guten Frau?» Er lächelte traurig. «Du bist wirklich großartig.»
    «Das habe ich nicht gesagt», widersprach sie aufgebracht. «Meine Liebe hast du bereits. Das weißt du genau. Die hat dich aber nicht gehindert… Nein, ich meine, du sollst mich lieben. Und wissen, daß du mich verlierst, wenn es noch mal passiert. Das könnte helfen, vorausgesetzt, du kannst mich wirklich lieben.»
    «Das ist nicht schwer», behauptete er.
    «Sagst du», spottete sie. «Ich hingegen glaube, es könnte doch schwer sein. Für dich. Leicht wäre es jedenfalls nicht. Du müßtest dir Mühe geben.»
    Er sah sie forschend an.
    Sie schüttelte das Haar in den Nacken, glättete es mit beiden Händen an den Schläfen.
    «Sieh mich nur an. Ich handle aus sehr egoistischen Motiven. Allerdings, wenn es dich vom Trinken abhielte, wenn du deinen Job behalten könntest, dann wären deine Motive genauso egoistisch, oder?»
    «Du bist eine jüdische Jesuitin», sagte er.
    «Meinst du? Nein, nicht wirklich. Ich bin nur eine Frau, die weiß, was sie will, und die versucht, es zu bekommen. Heute nacht habe ich lange wach gelegen und darüber nachgedacht. Man sollte es auf einen Versuch ankommen lassen. Meinst du nicht, es könnte sich lohnen?»
    Er blieb stumm.
    «Es sei denn, der Gedanke, unrettbar verloren zu sein, erscheint dir verlockender.»
    Heftig schüttelte er den Kopf. «Alles andere als verlockend! Das schwöre ich dir! Wirklich nicht! Der macht mir eher Angst!»
    «Also dann?»
    «Na gut!» Er nickte. «Unter der Bedingung, daß du Schluß machst, wenn du es für richtig hältst. Einverstanden?»
    «Einverstanden», sagte sie.
    «Noch etwas», sagte er. «Bitte,, versuch nicht, ein gutes Wort beim Chief für mich einzulegen. Schmeißt er mich raus, dann schmeißt er mich raus, und damit hat sich's.»
    «Ich verstehe», sagte sie ernst.
    «Gut», sagte er und lächelte zaghaft. «Ich möchte nämlich nicht, daß die Frau, die mich liebt, für mich betteln geht.»
    Zum erstenmal lächelte sie; ihre Augen schimmerten.
    «Siehst du?» sagte sie. «Es funktioniert schon.»
    Gemeinsam fuhren sie mit dem Aufzug hinunter und schmiedeten Pläne. Als sie sich auf der Straße trennten, küßte er ihre Finger, und sie legte die Hand an seine Wange.

12
    Als Delaney am nächsten Morgen mit den zusammengerollten Skizzen unterm Arm in Boones Auto stieg, vermieden die beiden Männer es tunlichst, einander anzusehen.
    «Morgen, Sir», sagte der Sergeant.
    «Morgen», sagte der Chief. «Sieht aus, als ob es heute Regen

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