Die zweite Todsuende
nicht. Jedenfalls nicht genau. Das schwöre ich. Aber ich hab so einiges gehört.»
«Bei den Poppers scheinen Sie aber ziemlich sicher gewesen zu sein», sagte Delaney. «Warum ausgerechnet an Maitland? War er süchtig?»
«Lieber Himmel, nein! Bloß, um sich ab und zu mal ein bißchen aufzuputschen. Man fängt ein Bild an, da muß man in Stimmung sein.»
«Nicht für Sex?»
«Vic? Dafür hatte der nichts nötig. Der war ein Bulle, sag ich Ihnen, ein richtiger Bulle!»
«Liegt gegen Sie was vor?» fragte Boone. «Sind Sie vorbestraft?»
«Sie machen wohl Witze, was?»
«Wir können das selber rausfinden. Es war nur eine höfliche Frage.»
«Mal ein Strafmandat wegen Falschparken, solche Sachen. Und …»
«Und?» fragte Delaney nach.
«Eine Party. Bei der es um Drogen ging. Man hat uns alle wieder laufenlassen. Ich weiß nicht mal, ob unsere Namen notiert wurden. Ich sag's Ihnen trotzdem. Ich habe nichts zu verheimlichen.»
«Hat man Ihnen dabei Fingerabdrücke abgenommen?»
«Nein. Das kann ich beschwören.»
«Bezahlen Sie Belle Sarazen für den abartigen Geschlechtsverkehr?» fragte Boone. «Dafür, daß sie Sie auspeitscht?»
«Niemals! Niemals!»
«Aber Sie haben quasi Hand in Hand gearbeitet, stimmt's?» sagte Delaney. «Sie sah sich Ihre Modelle an. Vielleicht für Treffs mit ihren prominenten Freunden. Und vielleicht hat Belle auch Modelle für Sie besorgt. Für die pornographischen Spielkarten. Das Ganze beruht auf Gegenseitigkeit. Und sie hat auch noch für Sie Modell gestanden. Für das Bild auf Alufolie, zum Beispiel. Ein Freund von ihr hat es gekauft. Und den Gewinn teilten Sie sich, stimmt's? Echte Freunde. Richtig nett. Mädchen. Drogen auf Vorbestellung. Vielleicht sogar Jungs, wer weiß? Alle möglichen tollen Sachen. Orgien womöglich? Nacktparties? Und was es so Einschlägiges mehr gibt? Reiche Spinner und ein Haufen Geld. So ähnlich doch wohl, stimmt's?»
«Ich schwöre …» flüsterte Dukker. «Ich schwöre …»
«Mr. Dukker», sagte Delaney förmlich, «ich möchte fragen, ob Sie uns wohl einen Gefallen täten?»
«Was? Was? Aber ja … gewiß.»
«Sehen Sie sich bitte diese Zeichnungen an. Es sind die Skizzen, die wir in Maitlands Atelier gefunden haben. Wir wüßten gern, ob Sie das Modell kennen.»
Der Chief und Boone hielten dem völlig benommenen und verwirrten Dukker die Skizzen vor die Nase. Mit verglastem Blick sah er sie an.
«Dieser Teufelskerl!» brummelte er. «Konnte der zeichnen! Ohne zu überlegen. Direkt vom Auge in die Hand. Nichts dazwischen. Das lief glatt durch.»
«Erkennen Sie das Mädchen?»
«Nein, habe ich nie gesehen.»
«Gehen wir nach unten», sagte Delaney. «Einverstanden?»
Im unteren Stockwerk ging der Chief gleich zum Zeichentisch. Er breitete die Skizzen aus und beschwerte die Ecken, damit sie flach lagen.
«Sie haben behauptet, Sie seien genauso gut wie Maitland», sagte er zu Dukker. «Sie haben gesagt, Sie könnten seinen Stil nachmachen. Sie haben eine Maitland-Zeichnung eigener Herstellung an der Wand, die so gut war, daß er fuchsteufelswild wurde, als er sie sah. Und die er dann doch signierte. Was ich mir jetzt von Ihnen wünsche, ist folgendes: Sehen Sie sich bitte diese drei Skizzen an und zeichnen sie das Mädchen zu Ende. So, wie Victor Maitland es getan hätte. Nur das Gesicht. Gesichtsform und Züge hat er angedeutet. Sie sollen jetzt die Einzelheiten ausführen.»
«Himmelherrgott», sagte Dukker. «Sie verlangen aber gar nicht viel, was? Da ist doch kaum was zu sehen, wonach ich mich richten könnte.»
«Tun Sie, was Sie können», sagte Delaney. «Wir wissen, daß Sie mit Freuden bereit sind, uns zu helfen.»
Der Künstler nahm einen großformatigen Zeichenblock zur Hand und wählte nach kurzem Zögern einen weichen Zimmermannsbleistift. Er sah sich die drei Skizzen an und fing an zu zeichnen. Tastend zuerst, dann mit größerer Sicherheit.
Gebannt sahen sie ihm zu. Mit kühnen Strichen ließ er den Umriß des Mädchengesichts entstehen, sodann ergänzte er die Züge. Höhlungen, Schatten, Rundungen. Blitzende Augen. Kinnpartie und Brauenbogen.
«Dieser Teufelskerl!» rief er begeistert. «Eine Schönheit! So hätte Vic sie gemalt. Jung. Vielleicht vierzehn. So um den Dreh. Unschuldig. Und beschränkt. Kein Grips, nur Schönheit. Das ist sie. Da haben Sie sie!»
Nicht einmal drei Minuten, schätzte Delaney, und er hatte das Porträt eines schönen jungen Mädchens mit leeren Augen. Eine Fülle schwarzen
Weitere Kostenlose Bücher