Die zweite Todsuende
wollte Delaney wissen.
«Selbstverständlich, mein Lieber», sagte Belle Sarazen träge. «Ich kann Ihnen den Namen meines Arztes geben. Falls Sie das überprüfen möchten.»
«Und ob ich das überprüfen werde, verdammt noch mal!» donnerte Delaney.
«Aber, aber, Chief», sagte Boone nervös. «Nun regen Sie sich mal nicht so auf.»
«Ach, laß ihn doch bellen, Kranich», sagte sie. «Er wird wüten und schäumen, aber er wird mein Haus nicht zum Einsturz bringen.»
«Sie hätten es ohne weiteres von Dukkers Atelier bis zu Maitlands Atelier schaffen können», fuhr Delaney fort. «Wir haben das nachgeprüft. Sie und Dukker hätten klammheimlich zum Aufzug verschwinden, zur Mott Street fahren, Maitland kaltmachen und auf die gleiche Weise zurückkommen können, ohne daß irgendwer unten etwas davon gemerkt hätte.»
«Aber warum sollte ich so etwas Dummes tun, Mr. Delaney?»
«Weil Sie ihn gehaßt haben wie den Teufel!» schrie er sie an. «Er hat Sie in aller Öffentlichkeit eine Hure geschimpft. Und Sie sind ein Mensch, der das nicht hinnimmt. Und vielleicht hat er …»
«Chief», sagte Boone eindringlich, «um Gottes willen, jetzt kommen Sie endlich zur Vernunft. Wir wollen doch nicht …»
«Nein, bei Gott», erklärte Delaney, «ich will sie festnageln. Vielleicht wollte Maitland sie wegen ihrer kleinen Geschäfte verpfeifen. Wegen ihrer Call-Girls, ihrer Drogen, ihrer Sex-Shows und was weiß ich sonst noch alles. Als Motiv würde das durchaus reichen.»
«Nun hören Sie mal», sagte Belle Sarazen, hob den Kopf und gab ihre schnippische Art auf. «Welches Recht haben Sie eigentlich …»
«O ja!» Delaney nickte. «Dukker hat uns viel erzählt. Er hat uns Dinge erzählt … na, das hat er Ihnen selbstverständlich nicht auf die Nase gebunden. Wir wissen alles über die Modelle und Ihre prominenten Freunde. Und Bobbie? Dieser muskelbepackte Fatzke? Steckt der auch mit drin? Ich möchte fast darauf wetten. Wir haben …»
«Nichts als Vermutungen», sagte sie schneidend. «Sie und Ihre dreckige Phantasie. Nichts als Mutmaßungen.»
«Wie oft ist Maitland hergekommen?» wollte Delaney wissen. «Einmal die Woche? Dreimal? Jeden Tag? Wir können das beim Portier nachprüfen, also versuchen Sie nicht, uns was vorzumachen.»
«Warum sollte ich Ihnen was vormachen?» fragte sie, und ihre Stimme wurde immer heller und schneidender. «Victor Maitland war ein echter Freund von mir, ein ganz besonders enger. Ist es ein Verbrechen, wenn Freunde einen besuchen kommen?»
«Hat er Ihnen Geld gegeben?»
«Geschenke hat er mir gemacht. Das habe ich Ihnen doch schon erzählt.»
«Geschenke! Das ist gut! Wirklich! Vielleicht haben Sie bestimmt, wieviel diese Geschenke zu kosten hatten. Vielleicht wollte er Schluß damit machen. Vielleicht hat er …»
«Chief! Chief!» stöhnte Boone. «Nun mal langsam! Bitte! Wir haben keine Beweise. Sie ballern nur einfach drauflos! Wir haben gar keine Möglichkeit …»
«Das ist mir egal!» schrie Delaney. «Sie hat einmal jemand umgebracht und ist damit durchgekommen! In meinem Revier laß ich das nicht zu! In meinen Augen ist sie schuldig! Wenn nicht des Mordes, dann wegen Zuhälterei und Drogenhandel. Ich will ihr schon das Handwerk legen. Ich schwöre, daß ich sie ans Messer liefern werde.»
Jetzt hatte Belle Sarazen sich etwas aufgerichtet und starrte ihren Peiniger mit leeren, bebrillten Augen an. Sie stützte sich auf die Unterarme. Die beiden Männer sahen ihre kleinen, muskulösen Brüste; sie waren wie harte Schilde mit schimmernden rosa Knöpfen.
«Sie stochern auf gut Glück mit einer Stange im Nebel herum! Ich werde dafür sorgen, daß ganz New York über Sie lacht. Ich hänge Ihnen einen Prozeß an, und glauben Sie mir, ich kann mir die besten Anwälte im ganzen Land leisten. Wenn ich mit Ihnen fertig bin, können Sie froh sein, wenn man Ihnen noch Ihre Pension beläßt. Ich mache Sie fix und fertig.»
«Sie sind erledigt!» schrie er sie an. «Will das nicht in Ihr Spatzenhirn rein? Es ist aus, aus, meine Teure. Sie sind erledigt, und ab geht's durch Klosett.»
Er drückte Boone die Rolle mit Maitlands Skizzen in die Hand, fuhr herum und stapfte davon. Sie hörten seine harten Schritte, dann eine Tür zuknallen. Durch ihre Schutzbrille starrte Belle Sarazen den Sergeant an.
«Donnerwetter!» sagte der. «So hab ich ihn noch nie erlebt.»
Sie sprang vom Massagetisch und schlang sich das große Handtuch um, das sie von den Brüsten bis zu den
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