Die zweite Todsuende
Oberschenkeln bedeckte, schaltete die Höhensonne aus und riß sich die Brille ab.
«Dieser Schuft!» zischte sie. «Dieser miese Mistkerl! Na warte, dich krieg ich!»
«Ich möchte mich entschuldigen, Miss Sarazen», sagte Boone ernsthaft. «Er wird nichts von allem tun, womit er gedroht hat. Er steht in letzter Zeit unter immensem Druck. Bitte, vergessen Sie doch, was geschehen ist …»
«Vergessen?» Sie lachte - oder versuchte es. Das Lachen blieb ihr in der Kehle stecken. «Nichts zu machen, Baby! Der Mr. Chief Edward X. Delaney hat ja keine Ahnung, was ich durchsetzen kann, wenn ich wirklich will. Er ist erledigt, er weiß es bloß noch nicht.»
Sie schob sich an ihm vorbei ins Schlafzimmer. Dort ließ sie sich in einen blutroten Sessel fallen, schwang ein Knie über die Lehne und wippte wie verrückt mit dem Fuß. Erregt saugte sie an ihrem Daumen, wie ein Kind, das völlig außer sich ist und an einem nagelbewehrten Schnuller Befriedigung sucht.
«Hören Sie, Miss Sarazen», legte Boone sich ins Mittel, «er ist schon im Ruhestand. Das wissen Sie doch. Sie können ihm nichts anhaben. Ich hingegen stehe noch im aktiven Dienst. Sie mobilisieren Ihre einflußreichen Freunde, und der letzte, den die Hunde beißen, das bin ich. Man wird mich beim Schlafittchen kriegen und strafversetzen. Zum Streifendienst nach Richmond. Das wissen Sie doch ganz genau. Ich finde, er hat's wirklich übertrieben. Aber soll meine Karriere zum Teufel gehen, bloß weil er sich nicht beherrschen kann? Hören Sie, ich stehe auf Ihrer Seite. Wir haben überhaupt nichts gegen Sie in der Hand. Nicht so viel. Er hat bloß große Töne gespuckt.»
Endlich hörte das wilde Fußwippen auf, der Daumen fuhr mit einem Schmatzlaut aus dem Mund, und sie lächelte Boone an.
«Kranich, Sie gefallen mir. Holen Sie mir ein Glas von nebenan.»
Gehorsam holte er ihr das Glas mit Fruchtstückchen. Bedächtig trank sie und überlegte. Der Sergeant setzte sich behutsam, den Oberkörper vorgebeugt, die Hände bittend zusammengelegt.
«Stimmt das?» fragte sie. «Sie haben nichts gegen mich in der Hand?»
«Ja, das stimmt», versicherte Boone. «Alles nur Klatsch und Gerede. Auch was Jake Dukker uns über Sie erzählt hat. Ich meine, das mit den Drogen, den Mädchen und so weiter. Wie können wir das verwenden? Er hängt mit drin, nicht wahr?»
«Und ob!»
«Na, sehen Sie!» sagte der Sergeant und lehnte sich zurück. «Sie können also ganz beruhigt sein, daß er keine Aussage in dieser Hinsicht unterschreiben wird; schließlich liefert er sich damit selbst ans Messer. Hab ich nicht recht?»
«Ja, doch», nickte sie. «Jake ist ein Schlappschwanz; ich habe das immer gewußt. Man braucht bloß ein bißchen Druck auf ihn auszuüben, und er sagt keinen Pieps mehr. Und ich habe Mittel und Wege, dafür zu sorgen, daß er die Klappe hält.»
«Versteht sich, versteht sich», stimmte Boone aufmunternd zu. «Und daß Maitland Sie für den Geschlechtsverkehr bezahlt hat, na ja, das ist Ihre Privatangelegenheit. Damit geht niemand zum Kadi.»
«Vic hätte mich bezahlt?» Belle Sarazen legte den Kopf in den Nacken und lachte ein so herzerfrischendes Lachen, daß das Handtuch verrutschte. «Der Tag müßte rot angekreuzt werden, an dem Victor Maitland für einen Fick bezahlt. Nein, nichts zu machen, Kranich. Vic und ich, wir waren geschäftlich miteinander verbunden. Man könnte sagen, wir waren Partner. Alles ganz seriös.»
«Das zu hören, freut mich wirklich», sagte Boone und lächelte. «Ich habe Sie auch nie für so eine gehalten, Belle. Trotz allem, was Delaney gesagt hat.»
«Dieser Schuft!» knurrte sie.
«Wenn sich alles auf rein geschäftlicher Basis abspielte -» seufzte der Sergeant - «was waren denn das für Geschäfte, die Sie gemeinsam gemacht haben?»
«Ich hab ihm ein paarmal geholfen», erwiderte sie achselzuckend. «Ich habe reiche Freunde. In den ganzen Vereinigten Staaten, überall, und in Europa auch.»
«Verstehe.» Boone nickte immer noch lächelnd. «Sie meinen, Sie haben ihn gefördert? Sein Renommee aufgebaut? Ihm geholfen, seine Bilder zu verkaufen?»
«So ähnlich», sagte sie.
«Dagegen ist ja nichts einzuwenden», erklärte Boone. «So was ist vollkommen legal. Ich nehme an, Sie kennen viele Leute in der Kunstwelt.»
«Jeden, Baby. Jeden!-»
«Auch Sammler?»
«Das können Sie mir glauben! Besonders die schwer betuchten Sammler.»
«Nun, da konnten Sie einem Künstler schon eine echte Hilfe sein. Ich hatte
Weitere Kostenlose Bücher