Die zweite Todsuende
juristisch geschulten Verstand. Lassen Sie uns ein paar Aufnahmen machen. Einfach um zu beweisen, daß es diesen Harem wirklich gibt.»
Boone hielt den Scheinwerfer als zusätzliche Lichtquelle in die Höhe, während Delaney mit Blitzlicht einen Polaroid-Film verschoß. Die Farben der Abzüge waren nicht so kräftig wie die der Bilder, aber im großen und ganzen gaben die Schnappschüsse den richtigen Eindruck: ein bis obenhin mit Kunstschätzen vollgestopftes Versteck.
Sie sammelten ihr Werkzeug ein und verstauten es in den Leinenbeuteln. Sorgfältig inspizierten sie den Boden, um keine verräterischen Spuren zurückzulassen.
Langsam und vorsichtig gingen sie im Schein der schon flackernden Taschenlampe hinaus. Boone wischte den Türknauf ab, ehe er in den Schuppen trat. Mit dem Häkchendietrich im Schlüsselloch zog er die Tür zu, bis der Schnappriegel einrastete. Sie hängten die Persenning an ihren alten Platz und lauschten eine Weile in die Dunkelheit. Dann schlichen sie lautlos hinaus.
Beide wandten den Blick zum Maitlandschen Haus hinüber. In diesem Augenblick ging hinter einem der Fenster im Obergeschoß Licht an. Zwar rannten sie nicht Hals über Kopf davon, aber sie trödelten auch nicht gerade. Um die Ecke, die Längswand der Scheune entlang, zwischen die Bäume. Zwanzig Minuten später fuhren sie in Richtung New York und sogen hastig an ihren Zigaretten.
«Was machen wir jetzt?» fragte Boone. «Schnappen wir uns Geltman?»
«Wozu?» fragte Delaney. «Es ist doch bloß Steuerhinterziehung. Damit läßt der sich nicht ins Bockshorn jagen. Dann lieber J. Julian Simon. Mit dem steht und fällt Geltmans Alibi. Aber warum sollte er auspacken? Scheiße, Scheiße, Scheiße! Vielleicht also Belle Sarazen.»
«Warum die?»
«Die hat ein mögliches Motiv. O Gott, Sergeant, ich weiß es auch nicht! Ich rate bloß rum.»
«Vielleicht hat Maitlands Frau das mit dem Steuerbetrug rausgekriegt und ist sauer. Weil diese Bilder ja nicht zur Erbmasse geschlagen werden, von der sie profitiert.»
«Auch eine Möglichkeit.» Delaney seufzte. «Möglichkeiten haben wir viele. Soll ich mal 'ne Zeitlang fahren?»
«Nein, vielen Dank, Sir. Es geht schon. Ich werde auch schon ruhiger. Wie die Einbruchspezialisten den Mumm für so was aufbringen, werde ich nie begreifen.»
«Ich nehme an, je mehr Erfahrung man hat, desto leichter wird es.»
«Darauf kann ich verzichten», sagte Boone. «Soll ich an einem Imbiß halten, wenn noch einer offen hat?»
«Nein, lieber gleich nach Hause. Sie kommen mit rein; Monica hat Kaffee und Zimtbrötchen für uns hingestellt.»
«Das klingt verlockend», sagte Boone und fuhr schneller.
Es war bereits drei Uhr früh; der Chief nahm an, daß Monica schon seit Stunden schlief. Doch als sie vorm Haus hielten, war im Wohnzimmer noch Licht, und er sah seine Frau hinter den Vorhängen stehen und nach draußen spähen.
«Ja, was soll denn das?» knurrte er.
Besorgt gingen sie die Treppe hinauf, die Hände an den Revolvergriffen. Aber Monica machte ihnen auf; sie war heil und gesund, wollte nur gleich Bericht erstatten.
Jason T. Jason hatte mehrere Male angerufen. Auch bei Boone hatte er es versucht. Zu Mrs. Delaney hatte er gesagt, er wolle jede Viertelstunde anrufen, bis der Chief wieder zu Hause und für Jason zu sprechen sei.
«Hat er gesagt, worum es geht?»
«Nein, nur daß es wichtig ist und daß er es dir oder Abner so schnell wie möglich sagen will. Er war sehr höflich.»
Die beiden Männer sahen einander an.
«Sitzt er etwa in der Klemme?» fragte Delaney.
«Vielleicht hat er Mama Perez gefunden», vermutete Boone. «Entweder das eine oder das andere.»
«Hm …» Delaney sah auf die Uhr. «In zehn Minuten ruft er wieder an.»
«Der Kaffee ist heiß», sagte Monica. «Ich will bloß das Licht anmachen. Ihr beiden könntet euch waschen. Ihr seht aus, als ob ihr im Dreck gewühlt hättet.»
Sie saßen um den Küchentisch, tranken Kaffee und mampften ihre Zimtbrötchen.
Monica weigerte sich, ins Bett zu gehen. Sie wollte hören, was passiert war.
Delaney erzählte ihr von dem unglaublichen Bilderschatz, als das Telefon klingelte.
Delaney nahm am Küchenapparat ab. Papier und Bleistift hatte er schon bereitgelegt.
«Hier Delaney», meldete er sich. «Ja, Jason … Das habe ich gehört … Wir waren beide unterwegs. Ja … Gut. Ausgezeichnet. Wo?… Richtig … wo genau?… Sind Sie sicher, daß sie über Nacht zu Hause bleibt?… Na schön, bleiben Sie am Apparat
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