Die zweite Todsuende
…»
Er legte die Hand über die Sprechmuschel und wandte sich mit einem kalten Lächeln den anderen zu.
«Er hat sie», sagte er. «In der Orchard Street, etwas südlich der Grand Street. Wohnt da im obersten Stock einer Mietskaserne. Offenbar geht sie auf den Strich, aber Jason sagt, sie ist zu Hause. Kommt sie wieder raus, heftet er sich an ihre Fersen.»
«Am besten ich fahr gleich hin», sagte Boone besorgt. «Vielleicht weiß er nicht, was er machen soll.»
«Ja», stimmte Delaney zu, «das ist wohl besser. Schicken Sie Jason nach Hause. Falls er will. Aber er klingt sehr aufgekratzt. Ich stoße morgen früh dazu, und dann nehmen wir uns die Perez vor. Rufen Sie jede Stunde an.»
Er hob den Hörer wieder ans Ohr, fragte Jason, wo genau er sei und machte sich rasch ein paar Notizen.
«Bleiben Sie dort!» befahl er. «Sergeant Boone ist schon unterwegs. Falls sie rauskommt, folgen Sie ihr. Haben Sie schon zu Abend gegessen? … Schön, darum kümmern wir uns. Gute Arbeit, Jason!»
Er legte auf und sah ingrimmig, aber mit Befriedigung seine Notizen durch.
«Sie finden ihn Ecke Orchard und Grand Street», erklärte er Boone. «Er hält nach Ihnen Ausschau. Lassen Sie sich die Frau um Gottes willen nicht entwischen! Falls Sie Verstärkung brauchen, rufen Sie mich hier an!»
«Die entwischt uns schon nicht, Sir», versprach Boone.
«Hat er was gegessen?» fragte Monica. «Jason, meine ich.»
«Nein. Seit gestern nachmittag nichts.»
«Ich mach ihm schnell ein paar Sandwiches.»
«Gut», sagte der Chief dankbar. «Dicke Scheiben. Jason ist ein großer Mann, und wir haben ja noch die Thermosflasche. Nehmen Sie die voll Kaffee mit, Sergeant. Um diese Stunde finden Sie nirgends einen offenen Imbiß.»
Sie statteten Boone mit Kaffee, Sandwiches, Zigaretten und sämtlichen Viertel-Dollar-Stücken zum Telefonieren aus, die sie im Haus hatten, und schickten ihn los.
«Mrs. Delaney», brummelte er, ehe er ging, mit gesenktem Kopf und errötete, «könnten Sie wohl Rebecca anrufen und ihr erklären, warum ich nicht … nicht zu ihr kommen kann?»
«Ich ruf sie an, Abner», versprach sie.
«Wo denn?» fragte Delaney, als Boone gegangen war.
«In seiner Wohnung», sagte Monica kurz angebunden. «Sie leben jetzt zusammen.»
«Ach?» machte der Chief, und sie trugen ihre Kaffeebecher hinüber in sein Arbeitszimmer. Er zeigte ihr die Polaroid-Farbaufnahmen, die er in der Maitland-Scheune aufgenommen hatte.
«Nicht zu fassen!» sagte sie und schüttelte den Kopf.
«Ich hab's mit eigenen Augen gesehen und kann's auch nicht fassen. Es haut einen einfach um. Überwältigend! Diese Farben! All diese nackten Frauen! Unglaublich! Das hat mich ganz schön gebeutelt.»
«Was wirst du jetzt tun, Edward?»
«Fotos von allen zusammensuchen, die in den Fall verwickelt sind. Die meisten müssen bei meinen Unterlagen sein, glaube ich. Nur von J. Julian Simon habe ich keines. Ob eines von Ted Maitland dabei ist, weiß ich nicht genau, da muß ich nachsehen. Und die werden wir morgen Mama Perez vorlegen und sie fragen, wen sie am Freitagvormittag in der Nähe von Maitlands Atelier gesehen hat.»
«Und du glaubst, sie sagt es dir?»
«Oh, keine Angst», sagte er. «Das wird sie tun, so oder so.»
18
Delaney war wie die meisten Polizisten abergläubisch, und als er in der Akte Maitland Fotografien aller Hauptverdächtigen fand, nahm er das als gutes Omen. J. Julian Simon und Ted Maitland waren auf der Beerdigung von Victor Maitland von einem Polizeifotografen mit dem Teleobjektiv aufgenommen worden, die Vergrößerungen etwas grobkörnig, doch für Zwecke der Identifizierung durchaus zureichend.
Er schob alle Fotos samt den Kopien von Maitlands letzten drei Skizzen in einen festen Umschlag und fügte noch einen Bericht über die Ausstellung von Maitlands Bildern in der Galerie Geltman hinzu, den er aus der New York Times ausgeschnitten hatte. Die Times brachte nämlich auch Fotos von Saul Geltman und Belle Sarazen.
Als Boone Samstag früh um neun anrief, war alles vorbereitet. Der Sergeant und Jason T. Jason hielten die Perezsche Wohnung unter Beobachtung. Mama war immer noch im fünften Stock. Das Gebäude besaß einen Hinterausgang, der aber nur auf den betonierten Hinterhof führte.
Ein schmaler Plattenweg entlang der Hausmauer mündete auf die Orchard Street, und Sergeant Boone hielt es für ausgeschlossen, daß Mama Perez das Haus ungesehen verlassen konnte.
«Es sei denn, sie geht über die Dächer», warnte der
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