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Die zweite Todsuende

Die zweite Todsuende

Titel: Die zweite Todsuende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Sanders
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sehr?»
    «Diese ewigen Belästigungen», sagte sie hitzig. «Ich verlange -»
    «Belästigungen? Aber ich belästige Sie doch nicht.»
    «Wie nennen denn Sie das? Was suchen Sie schon wieder hier?»
    «Miss Sarazen», sagte er so freundlich er konnte, «ich möchte Ihnen eine oder zwei Fragen stellen. Kann man das Belästigung nennen?»
    «Ich habe mich unterdessen bei einigen mir befreundeten Anwälten erkundigt», klärte sie ihn auf. «Leute, die was von ihrer Sache verstehen. Und die haben mir gesagt, ich brauche keine einzige Frage zu beantworten. Wenn Sie mich verhaften wollen, bitte sehr. Ich kenne meine Rechte. Fragen beantworte ich nicht mehr.»
    «Aber da täuschen Sie sich», versetzte er sanft, «da täuschen Sie sich sehr, Miss Sarazen. Sie sind eine kluge Person und wissen genau, was gut für Sie ist. Wir könnten uns vielleicht setzen, obwohl es nur ein paar Minuten dauern wird.»
    Sie starrte ihn an, und er las Unschlüssigkeit in ihrem Blick. Sie stand sozusagen auf der Kippe und konnte nach dieser oder jener Seite abspringen.
    «Eine Hand wäscht die andere», sagte er.
    «Was gibt es da wohl zu waschen, bitte?» fragte sie verächtlich.
    «Setzen Sie sich und hören Sie mir zu», drängte er.
    Sie gab einen angewiderten Laut von sich, sank aber in gerade jenen Sessel, von dem er gehofft hatte, sie werde ihn benutzen. Ein Knie legte sie über die Armlehne und wippte ungeduldig mit dem bloßen Fuß.
    Er selber hockte auf der Kante des Stuhls aus Peddigrohr, lehnte sich vor und hielt seinen Strohhut zwischen den Knien. Dabei setzte er eine feierliche Miene auf und sprach mit Nachdruck, wie ein Anwalt, der seine Klientin berät, die sich auf dumme Streiche eingelassen hat.
    «Ihre gescheiten Freunde da … das sind wohl recht prominente Leute. Haben politischen Einfluß, Vermögen, gesellschaftliche Stellung. Aber wenn die Ihnen raten, nicht mit der Polizei zusammenzuarbeiten, dann raten sie Ihnen schlecht, Belle. Es macht Ihnen doch nichts aus, wenn ich Sie Belle nenne?»
    Sie machte eine wegwerfende Gebärde.
    «Also, Belle - diese Herren kennen die Gesetze sehr gut, aber sie gehen davon aus, daß die Polizei sich strikt an die Gesetze hält. Das stimmt zwar - aber nur bis zu einem gewissen Punkt. Die meisten Polizeibeamten beachten die Gesetze und die Dienstvorschriften. Und Ihre sehr gescheiten Freunde wissen das und machen es sich zunutze.»
    «Das brauchen Sie mir nicht erst zu sagen», fauchte sie. «Deshalb tue ich ja, wozu sie mir raten.»
    Er setzte sich entspannt im Stuhl zurück, schlug die Beine übereinander und sagte fast verträumt:
    «Wissen Sie, Belle, es gibt unendlich viele Gesetze und unendlich viele Dienstvorschriften. Es gibt auch unzählige Kommentare zu diesen Vorschriften. Aber ich will Ihnen ein Geheimnis verraten: Erfahrene Polizisten halten sich an ganz andere Vorschriften. Vorschriften kann man sie eigentlich nicht nennen, niedergeschrieben sind sie nirgendwo. Es handelt sich dabei um eine Sammlung von Tricks, Verfahrensweisen, Techniken und so weiter und so fort. Einer sagt sie dem anderen weiter. Sie müssen sich vorstellen, wir alle kämpfen an einer Front, und wer an der Front überleben will, muß von anderen lernen, muß Informationen austauschen, muß die Berufsgeheimnisse erlernen. Manches davon ist mit Blut bezahlt worden. Es handelt sich weniger darum, die Gesetze zu brechen, als sie vielmehr zu umgehen. Können Sie mir folgen?»

    Sie antwortete nicht, doch merkte er ihr an, wie interessiert sie war; allmählich kam er ihr näher.
    Er fuhr fort: «Polizisten reden oft über Lappalien, wenn sie beieinander sitzen, Kleinkram. Ein Dealer trägt sein Kokain in einer Kapsel im Darm versteckt. Manche Messerstecher haben ihre Waffe im Schuh und es zahlt sich aus, da nachzusehen, wenn man sie filzt. Ist man hinter einem Wagen her, ist es ratsam, eines der Rücklichter zu beschädigen; sie leuchten dann auf einer Seite weiß, auf der anderen rot und sind gut im Auge zu behalten. Ein getarnter Schnüffler sollte immer spiegelnde Sonnengläser tragen; wenn er sie abnimmt und putzt, kann er sie als Rückspiegel benutzen und sich überzeugen, daß keiner ihn verfolgt. Kleine Tricks, Polizistentratsch. Und keineswegs gesetzwidrig, finden Sie nicht auch?»
    Sie hörte ihm beinahe gegen ihren Willen gespannt zu, der bloße Fuß wippte nicht mehr, sie machte es sich im Sessel behaglicher, behielt Delaney aber scharf im Auge.
    «Und selbstverständlich reden wir endlos über

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