Die zweiten Chroniken von Fitz dem Weitseher 01 - Der lohfarbene Mann
seinem Bein hinauf und hinunter, genau wie es Hauskatzen tun. Als ein Diener sie wegführen wollte, sträubte sie sich und deshalb erlaubte man ihr, für den Rest des Abends neben dem Sessel des Prinzen liegen zu bleiben. Er schien von dem Geschenk sehr angetan zu sein.«
»Wie bald hat er versucht mit ihr zu jagen?«
»Ich glaube, er und Gentil haben sie am folgenden Tag mit hinausgenommen. Gentil und der Prinz sind etwa gleichaltrig und der Prinz war begierig diese neue Art der Jagd auszuprobieren, wie jeder Jüngling in seinem Alter. Gentil und seine Mutter blieben die ganze Woche am Hof, und ich entsinne mich, dass Gentil und der Prinz jeden Morgen mit der Katze auf die Jagd geritten sind. So hatte Pflichtgetreu Gelegenheit zu lernen wie man mit einem solchen Tier umgeht, von Leuten, die in dieser Kunst erfahren sind.«
»Und sie haben gut zusammen gejagt?«
»O, ich nehme es an. Die Katze schlägt natürlich kein großes Wild, aber sie haben Vögel mitgebracht. Und Hasen.«
»Und sie hat von Anfang an in seinem Zimmer geschlafen?«
»Wie ich es verstehe, muss man diese Geschöpfe in der Nähe von Menschen halten, damit sie zahm bleiben. Und natürlich hätten die Hunde im Zwinger sie nicht in Frieden gelassen. Ja, es stimmt, sie schlief in seinem Gemach und folgte ihm überall hin. Fitz, was vermutest du?«
Ich antwortete ihm aufrichtig. »Das Gleiche wie du. Dass unser zwiehafter Prinz sich mit seiner Katzengefährtin davongemacht hat. Und dass bei dieser ganzen Angelegenheit nichts ein Zufall ist. Nicht das Geschenk, nicht die Verschwisterung, nicht das spurlose Verschwinden. Jemand hat das alles geplant.«
Chade schob die Augenbrauen zusammen, bis über seiner Nasenwurzel eine steile Falte stand. »Die Katze könnte getötet worden sein, als man den Prinzen verschleppt hat. Oder sie ist weggelaufen.«
»Möglicherweise. Aber wenn der Prinz einer mit der Alten Macht ist und die Katze mit ihm verschwistert, wäre sie nicht weggelaufen und hätte ihn im Stich gelassen.« Der Stuhl war unbequem, aber ich blieb stur darauf sitzen. Schloss für einen Moment die Augen. Manchmal wenn der Körper müde ist, bekommt der Verstand Hügel. Ich ließ meinen Gedanken freien Lauf. »Ich habe mich dreimal verschwistert. Das erste Mal mit Nosy, dem Welpen, den Burrich mir weggenommen hat. Ein zweites Mal mit Fäustel, da war ich noch ein Junge. Zu guter Letzt mit Nachtauge. Jedesmal gab es dieses spontane Gefühl der Verbundenheit. Mit Nosy verschwisterte ich mich, bevor ich überhaupt wusste, was ich tat. Ich vermute, es kam dazu, weil ich einsam war. Denn als Fäustel mich seine Zuneigung spüren ließ, akzeptierte ich sie vorbehaltlos. Und als bei unserer ersten Begegnung der Zorn des Wolfs und der Hass auf seinen engen Käfig so genau meine eigene Stimmung widerspiegelten, vermochte ich nicht, zwischen uns beiden zu unterscheiden.« Ich hob kurz die Lider und erwiderte Chades verwunderten Blick. »Ich hatte keine Mauern.« Ich schaute zur Seite in das niederbrennende Feuer. »Inzwischen habe ich erfahren, dass in Familien mit der Alten Macht die Kinder vor diesen allzu frühen Erfahrungen geschützt werden. Man lehrt sie von Anfang an, sich abzuschirmen. Dann, wenn sie das richtige Alter haben, schickt man sie aus, ein für sie passendes Geschwistertier zu finden, fast wie auf Brautschau.«
»Was willst du damit sagen?«, fragte Chade ruhig.
Ich ließ mich von meinen Gedanken führen. »Die Königin hat, um ein politisches Bündnis zu festigen, für Prinz Pflichtgetreu eine Verlobung arrangiert. Was, wenn eine Familie vom Alten Blut das Gleiche getan hätte?«
Ein langes Schweigen folgte meinen Worten. Ich richtete den Blick wieder auf Chade. Er schaute ins Feuer und ich konnte sehen wie sein Verstand arbeitete, um sämtliche Implikationen dessen, was ich gesagt hatte, zu erfassen. »Eine Familie vom Alten Blut sucht planvoll ein Tier aus, mit dem sich der Prinz verschwistern soll. Wir setzen voraus, dass Lady Bresinga eine Zwiehafte ist, dass das ganze Geschlecht der Bresinga, wie du es nennst, vom Alten Blut ist. Dass sie wussten oder vermuteten, dass der Prinz ebenfalls über die Alte Macht verfügt.« Er schwieg, spitzte die Lippen und überlegte. »Vielleicht stammt die Nachricht, die den Prinzen beschuldigt ein Zwiehafter zu sein, von ihnen … Mir ist immer noch nicht klar, in welcher Weise sie davon profitieren könnten.«
»Was gewinnen wir, wenn Pflichtgetreu eine Gemahlin von den Äußeren Inseln
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