Die zweiten Chroniken von Fitz dem Weitseher 01 - Der lohfarbene Mann
für die anderen liegen. Du weißt schon welche. Die, mit denen du uns verwechselt hast, die Schlagetots aus dem Dorf.«
Er leckte sich über die Lippen. Die ganze Gesichtshälfte schwoll allmählich an und begann, sich schwarz zu färben. Zum ersten Mal machte er den Mund auf, um zu sprechen. »Ihr gehört nicht zu denen?«
Ich musterte ihn kalt. »War dir das einen Gedanken wert, bevor du auf mich angelegt hast?« Ich stieg in den Sattel.
»Ihr seid unseren Spuren gefolgt«, verteidigte er sich. Er schaute zu Laurel hinüber, die sein Pfeil getroffen hatte, und auf seinem Gesicht malte sich fast etwas wie Reue. »Ich glaubte, ihr wärt die Dörfler, die kommen, um uns zu töten. Wirklich.«
Ich drängte Meine Schwarze mit dem angelegten Schenkel zu ihm hin und streckte die Hand aus. Nach kurzem Zögern hob er mir die Schulter entgegen und ich umfasste mit festem Griff seinen Oberarm. Meine Schwarze drehte sich schnaubend und tänzelnd im Kreis, doch nach zwei Hüpfern gelang es ihm, ein Bein über ihren Rücken zu werfen. Ich gab ihm einen Moment Zeit, sich zurechtzusetzen und sagte dann: »Lass dir keine Dummheiten einfallen. Sie ist ein großes Tier. Wirf dich von ihr hinunter, und du brichst dir mindestens die Schulter.«
Ich schaute in die Richtung, aus der wir gekommen waren. Noch war von unseren Verfolgern nichts zu sehen, aber ein Gefühl sagte mir, dass wir unser Glück nicht übermäßig beanspruchen sollten.
Ich musterte das Gelände. Die Spur der Gescheckten führte bergan, aber ich hatte nicht die Absicht, ihr weiter zu folgen, bis ich aus diesem Burschen alles herausgeholt hatte, was er wusste. Meine Augen konstruierten eine Möglichkeit, die Verfolger in die Irre zu führen: bergab bis dorthin, wo dem Anschein nach im Winter ein Bach floss. Die Hufe der Pferde würden in der feuchten Erde am Fuß des Hanges unübersehbare Abdrücke hinterlassen. In dem alten Bachbett eine Strecke weiterreiten. Dann auf der anderen Seite die Böschung hinauf, einen felsigen Berghang queren und wieder in Deckung. Es könnte gelingen. Unsere Spuren wären frischer als die echte Fährte der Gescheckten, aber möglicherweise glaubten die Dörfler, sie hätten aufgeholt. Möglicherweise glückte es uns, sie von dem Prinzen wegzulocken.
»Da entlang«, verkündete ich also und setzte meinen Plan in die Tat um. Meine Schwarze war nicht einverstanden mit ihrer doppelten Last. Sie setzte sich stelzbeinig in Bewegung, wie um mir vor Augen zu führen, dass ich einen dummen Einfall gehabt hatte.
»Aber die Fährte …«, wandte Laurel ein, als wir von der kaum erkennbaren Linie abbogen, der wir den ganzen Tag gefolgt waren.
»Brauchen wir nicht. Wir haben ihn. Er weiß, wo sie hinwollen.«
Im Rücken spürte ich, wie der Gescheckte tief einatmete. Dann sagte er zwischen zusammengebissenen Zähnen: »Ich werde nicht reden.«
»Aber natürlich wirst du das«, versicherte ich ihm, während ich Meine Schwarze die Stiefelhacken in die Weichen stieß und ihr gleichzeitig mit meiner gesamten Willenskraft zu verstehen gab: »Du wirst mir gehorchen. « Überrumpelt beschleunigte sie ihren Schritt und trug uns beide, als spürte sie das zusätzliche Gewicht nicht. Sie war stark und schnell, aber daran gewöhnt, von diesen Eigenschaften nur nach ihrem eigenen Kopf Gebrauch zu machen. Wir würden in der Sache noch zu einer Einigung kommen müssen.
Ich zwang sie, im Trab den Hang hinunterzulaufen und trieb sie in dem Bachbett entlang, bis wir zu einer trockenen Rinne kamen, aus der sich nach Regenfällen vermutlich ein Rinnsal in unseren Bach ergoss. Dort bogen wir ein, und als ich nach einiger Zeit einen von Steinen übersäten Hang entdeckte, spornte ich Meine Schwarze hinauf, in ziemlich steilem Winkel, um den Dörflern, falls sie uns tatsächlich folgten, die Spurensuche möglichst unbequem zu machen. Der Gescheckte hinter mir klammerte sich mit den Knien fest. Meine Schwarze meisterte die Herausforderung ohne allzu große Schwierigkeiten, aber ich konnte nur hoffen, dass ich Laurel nicht zu viel zumutete.
Oben angelangt, machte ich Halt und wartete auf die anderen. Nachtauge war verschwunden. Ich wusste, er ruhte aus, sammelte Kraft, um uns später zu folgen. Er fehlte mir, aber ich wusste, er war allein weniger in Gefahr als hier bei mir. Ich musterte die Umgebung. Es wurde Abend, und ich wollte die Nacht an einem Ort verbringen, an dem wir außer Sicht waren, der sich zur Not verteidigen ließ und einen guten Ausblick bot,
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