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Die zweiten Chroniken von Fitz dem Weitseher 01 - Der lohfarbene Mann

Titel: Die zweiten Chroniken von Fitz dem Weitseher 01 - Der lohfarbene Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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restlos. Das einzig Gute daran ist, dass die Dörfler sich vielleicht damit zufriedengeben, ihre Toten zu nehmen und umzukehren. Das Schlechte ist, dass wir auch die Fährte des Prinzen verlieren. Wenn wir ihn finden wollen, müssen wir unseren Freund hier zum Reden bringen. Darum kümmere ich mich, wenn ich zurück bin.« Ich nahm mein Schwert vom Gürtel und hielt es den beiden hin. Als keiner Anstalten machte, es zu nehmen, zog ich es aus der Scheide und legte es neben ihnen auf den Boden. Ich senkte die Stimme. »Möglicherweise müsst ihr Gebrauch davon machen. Falls es dazu kommt, zögert nicht. Tötet ihn. Wenn er entkommt und es ihm gelingt, seine Freunde zu warnen, haben wir keine Chance mehr. Ich gebe ihm etwas Zeit zum Nachdenken, derweil werde ich versuchen, etwas halbwegs trockenes Holz zu finden, damit wir ein Feuer machen können. Dabei kann ich mich auch umschauen, ob uns jemand folgt.«
    Laurel legte sich die gesunde Hand über den Mund. Plötzlich sah sie sehr elend aus. Fürst Leuenfarbs Blick flog erst zu dem Gefangenen, dann zu mir zurück. Er war beunruhigt, aber er musste doch verstehen, dass ich mir um Nachtauge Sorgen machte. »Nimm meinen Umhang«, bat er.
    »Er würde genau so nass wie ich. Wenn ich zurückkomme, ziehe ich etwas Trockenes an.«
    Er ermahnte mich nicht, vorsichtig zu sein, aber es sprach aus seinem Blick. Ich nickte, wappnete mich und trat hinaus in den strömenden Regen.
    Der ganz genauso kalt und scheußlich auf mich niederpladderte, wie ich es erwartet hatte. Ich blieb einen Moment stehen, den Kopf zwischen die Schultern gezogen und spähte mit zusammengekniffenen Augen in die grauen Nässeschwaden hinaus. Dann holte ich tief Atem und änderte rigoros meine Einstellung. Wie Rolf Schwarzbart mir einst erklärt hatte, entsteht vielfaches Ungemach aus den Ansprüchen des Menschen. Als Mensch erwarte ich, dass ich es nach Wunsch warm und trocken haben kann. Tiere kennen solche Vorstellungen nicht. Es regnet, na gut. Der Wolf in mir konnte das akzeptieren. Regen bedeutete, man wurde nass und fror. Nachdem ich mich damit abgefunden und aufgehört hatte, den tatsächlichen Zustand mit dem meiner Wünsche zu vergleichen, war das Wetter viel leichter zu ertragen. Ich machte mich auf den Weg hangabwärts.
    Der Regen hatte den Pfad zur Höhle in einen milchigen Sturzbach verwandelt. Ich bewegte mich mit größter Vorsicht. Obwohl ich wusste, dass unsere Spuren vorhanden waren, konnte ich sie nur mit Mühe ausmachen. Ich gestattete mir die Hoffnung, dass Regen und Dunkelheit und die schwindende Aussicht, die Spur der Gescheckten je wiederzufinden, unsere Verfolger zur Rückkehr in ihr Dorf bewegen würden. Einige hatte man vermutlich schon am Ort des Gemetzels zurückgeschickt, um den Daheimgebliebenen die traurige Nachricht zu bringen. Oder hatte man vielleicht beschlossen, gemeinsam die Toten nach Hause zu geleiten und von einer weiteren Verfolgung abzulassen, die womöglich noch mehr Leben kostete? Letzteres wäre fast des Guten zu viel.
    Am Fuß des Abhangs blieb ich stehen und spürte vorsichtig in die Runde. Wo bist du?
    Keine Antwort. Blitze zuckten in der Ferne, Donner grollte. Brüllend ergoss sich eine neue Regenflut vom Himmel. Ich dachte an meinen Wolf, wie ich ihn zuletzt gesehen hatte, zerschunden und müde und alt. Ich warf alle Vorsicht über Bord und heulte meine Angst in die Welt hinaus. Nachtauge!
    Gib Ruhe. Ich komme schon. Er ärgerte sich über mich, als wäre ich ein plärrender Welpe. Ich verstummte, aber mir fiel ein Stein vom Herzen. Wenn er so ungehalten mit mir sein konnte, dann ging es ihm nicht so schlecht wie befürchtet.
    Nach einigem Suchen fand ich etwas halbwegs trockenes Holz im Schutz eines vor langer Zeit umgestürzten Baums. Ich grub Mulm aus dem morschen Stamm und brach tote Äste in Stücke von handlicher Länge, dann zog ich das Hemd aus und bündelte Holz und Zunder hinein, damit unsere Hoffnung auf Licht und Wärme nicht gänzlich vom Regen zunichte gemacht würde. Als ich den Hang wieder hinaufkraxelte, hörte der Regen so plötzlich auf, wie er eingesetzt hatte. Das Rieseln der zwischengelandeten Tropfen von den Baumzweigen und das Murmeln von Rinnsalen auf dem Weg unter die Erde erfüllten den Abend. Ganz in der Nähe sang ein Nachtvogel zwei schüchterne Töne.
    »Ich bin’s«, sagte ich leise, als ich mich dem Überhang näherte. Meine Schwarze schnaubte zur Antwort. Erst konnte ich im Dunkel des Höhleninnern nichts erkennen, aber

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