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Die zweiten Chroniken von Fitz dem Weitseher 01 - Der lohfarbene Mann

Titel: Die zweiten Chroniken von Fitz dem Weitseher 01 - Der lohfarbene Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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sodass man sich uns nicht ungesehen nähern konnte. Das alles fand sich nur weiter oben. Der Hügel, auf dem wir uns befanden, war Teil einer Kette von Erhebungen, die das Land durchzog. Sein Bruder war höher und schroffer, zeigte deutlicher sein Gebein aus Fels.
    »Hier entlang«, sagte ich zu den anderen, als wüsste ich, was ich tat, und übernahm wieder die Führung. Erst ging es in eine schütter bewaldete Klamm hinunter, dann dem trockenen Bachbett folgend bergauf. Am nächsten Hang entdeckte ich einen schmalen Wildwechsel, ausgetreten von kleineren und agileren Tieren als Pferden. Für ihre Größe schlug Meine Schwarze sich wacker, aber meinen Gefangenen hörte ich einige Male zischend einatmen. Malta mit ihren zierlichen Hufen würde diese Schwindel erregende Traverse leicht bewältigen, das wusste ich, wagte aber nicht, mich umzuschauen und zu sehen, wie es Laurel ging. Man musste auf Weißschopf vertrauen, dass er sich aus eigenem Antrieb mutig und verlässlich zeigte.
    Mein Gefangener überwand sich mich anzusprechen. »Ich bin vom Alten Blut.« Ein eindringliches Flüstern, als wäre es eine Losung, ein Kennwort unter Gleichgesinnten.
    »Ach wirklich?« antwortete ich sarkastisch, mit gespielter Überraschung.
    »Aber du bist …«
    »Schweig still!«, schnitt ich ihm heftig das Wort ab. »Deine Zauberei kümmert mich nicht. Du bist ein Verräter. Mach noch einmal den Mund auf, und ich werfe dich vom Pferd, auf der Stelle.«
    Er verfiel in bestürztes Schweigen.
    Der Wildwechsel führte höher und höher hinauf, und ich begann, mich zu fragen, ob mein Entschluss richtig gewesen war. Die wenigen Bäume, an denen wir vorbeikamen, waren spillerig und verwachsen, die Blätter hingen schlaff in der Ruhe vor dem dräuenden Sturm. Die bleichen Knochen aus Stein drangen durch das Fleisch der Erde, verdrängten es mehr und mehr. Ich erkannte meinen Zufluchtsort, als ich ihn sah. Es war keine richtige Höhle, mehr die tiefe Nische unter einem Überhang. Wir mussten absteigen, bevor unsere Pferde sich bereitfanden, über einen letzten steilen Anstieg dort hinaufzuklettern. Ich führte Meine Schwarze unter den Überhang. Es war kühl in der steinernen Nische, an der hinteren Wand sickerte Wasser aus dem Fels. Vielleicht war es zu manchen Jahreszeiten verantwortlich für die Entstehung des Überhangs gewesen, doch jetzt hinterließ es nur einen schlierigen grünen Streifen auf dem Höhlenboden, bevor es den Hang hinuntertröpfelte und irgendwo versickerte. Es gab kein Futter für die Pferde. Nicht zu ändern. Der Platz bot Sicherheit und zur Not konnte man sich hier oben gegen Angreifer verschanzen.
    »Wir übernachten hier«, tat ich den anderen kund. Ich wischte mir den Schweiß von Stirn und Nacken. Das Unwetter kam näher, die Ahnung von Regen hing schwer und feucht in der Luft. Ich zeigte auf einen Punkt im Hintergrund der Höhle. »Steig ab und setz dich da hin«, befahl ich dem Gescheckten. Er schaute, ohne sich zu rühren, stumm auf mich hinunter. Ich hatte keine Lust, mich zu wiederholen. Ohne weiteres Federlesen packte ich ihn bei der Hemdbrust und zerrte ihn vom Pferd. Wut hat mir schon immer ungeahnte Kräfte verliehen. Kaum dass er auf dem Boden stand, stieß ich ihn von mir weg, sodass er gegen die Rückwand der Höhle flog und daran hinunterrutschte, bis er halb betäubt auf dem Boden saß. »Das ist nur der Anfang«, versprach ich ihm barsch.
    Laurel starrte mich an, bleich und mit großen Augen, wahrscheinlich schockiert darüber, dass ich so radikal das Kommando an mich gerissen hatte. Ich nahm Weißschopfs Zügel, und der Fürst war ihr beim Absteigen behilflich. Mein Gefangener zeigte momentan keine Neigung, einen Fluchtversuch zu unternehmen, deshalb ignorierte ich ihn, während ich die Pferde absattelte und unser provisorisches Lager herrichtete. Meine Schwarze nibbelte und saugte an der feuchten Stelle im Fels. Ich scharrte den Sand beiseite, um die Mulde am Fuß der Wand zu vertiefen und als Erfolg meiner Bemühungen füllte sie sich mit Wasser.
    Fürst Leuenfarb versorgte Laurels Schulter. Geschickt wie der Narr ehedem hatte er die Kleidung um die Wunde herum aufgeschnitten und zurückgeschlagen. Jetzt drückte er ein angefeuchtetes Tuch darauf. Das Blut auf dem Stoff sah eher dunkel aus als leuchtend rot. Ihre Köpfe waren in halblautem Gespräch zueinander geneigt. Ich trat zu ihnen. »Wie schlimm ist es?«
    »Schlimm genug«, antwortete der Fürst knapp, doch es war Laurels Blick, der

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