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Die zweiten Chroniken von Fitz dem Weitseher 01 - Der lohfarbene Mann

Titel: Die zweiten Chroniken von Fitz dem Weitseher 01 - Der lohfarbene Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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Ich fügte mich, aber mit einem hämischen Grienen mitten in Pflichtgetreus Gesicht, das er vorzog zu ignorieren. Als ich das steife Kaninchen und das Messer zur Hand nahm, wandte der Fürst sich versöhnlicher an den Prinzen.
    »Hat sie einen Namen, diese Dame, die ihr so verehrt? Kenne ich sie womöglich? Von einem Ball, einer Gesellschaft?« Bei ihm war es nicht Neugier, sondern warme, menschliche Anteilnahme, wohltuend und schmeichelhaft. Pflichtgetreu war augenblicklich beruhigt, nicht nur trotz des vorausgegangenen hässlichen Wortwechsels mit mir, sondern wahrscheinlich gerade deswegen. Er hatte nun Gelegenheit, sich als wohl erzogener Edelmann zu zeigen, meine ordinären Verunglimpfungen zu übergehen und mit solch höfischem Anstand zu antworten, als wäre ich Luft.
    Er lächelte, als er auf seine Hände niederschaute, das Lächeln eines Knaben mit einer geheimen Herzensdame. »O nein, Ihr könnt sie nicht bei Hofe getroffen haben, Fürst. Solche wie sie findet man dort nicht. Sie ist eine Königin des wilden Waldes, eine Jägerin und Hegerin. Sie stickt nicht Taschentüchlein sommers im Garten und sitzt nicht drinnen am Ofen, sobald die ersten kalten Lüfte wehen. Sie ist ein Geschöpf der weiten Welt, Sturmwind in den Haaren, und ihre Augen sind erfüllt von den Mysterien der Nacht.«
    »Ich verstehe.« Aus Leuenfarbs Stimme sprach das Verständnis des Weltmanns für eines Jünglings erste Romanze. Er setzte sich auf seinen Sattel, neben dem Prinzen und doch etwas erhöht. »Und hat dieser Ausbund an Tugend einen Namen? Oder einen Stand?«, erkundigte er sich väterlich.
    Pflichtgetreu schaute zu ihm auf und schüttelte müde den Kopf. »Da habt Ihr’s. Deswegen bin ich des Lebens bei Hofe so überdrüssig. Herkunft, Vermögen, was kümmert’s mich! Sie ist es, die ich liebe.«
    »Aber einen Namen wird sie doch haben«, beharrte Leuenfarb, während ich die Messerklinge unter das Kaninchenfell schob, um es abzulösen. »Denn was sonst willst du den Sternen zuflüstern, wenn du des nachts von ihr träumst?« Wie ich dem Kaninchen das Fell herunterzog, entkleidete Fürst Leuenfarb die Romanze des Jungen Schicht um Schicht ihrer Geheimnisse. »Heraus damit. Wie habt Ihr sie kennen gelernt?« Leuenfarb nahm die Weinflasche, trank vornehm einen Schluck und reichte sie an den Prinzen weiter.
    Pflichtgetreu drehte sie gedankenverloren hin und her, schaute in des Fürsten wohlwollend lächelndes Gesicht und trank. Dann saß er da, die Flasche locker in den Händen; ihr Hals wies zu dem kleinen Feuer, das die Umrisse seiner Züge aus dem Dunkel hob. »Meine Katze hat mich zu ihr geführt«, sagte er endlich. Er nahm noch einen Schluck. »Ich hatte mich wieder einmal nachts hinausgeschlichen, um mit ihr zu jagen. Manchmal muss ich einfach für mich allein sein. Ihr wisst, wie es bei Hofe zugeht. Wenn ich sage, ich reite bei Tagesanbruch aus, stehen sechs Höflinge bereit, mich zu begleiten, und ein Dutzend Fräulein, um uns Lebwohl zu winken. Wenn ich nach dem Essen im Garten spazieren gehe, treffe ich hinter jedem Baum und Strauch eine Dame, die Verse schreibt oder einen Edlen, der mich ersucht, bei meiner Mutter ein gutes Wort für ihn einzulegen. Es ist erdrückend. Ich kann nicht begreifen, weshalb so viele Leute sich danach drängen, am Hof zu leben. Könnte ich wählen, ich ginge fort.« Plötzlich reckte er sich in die Höhe und schaute sich um wie befreit.
    »Ich habe es getan«, verkündete er, fast als wäre er überrascht. »Ich bin frei, erlöst von der ganzen Heuchelei und den Intrigen. Und ich bin glücklich. Vielmehr, ich war glücklich, bis ihr gekommen seid, um mich in den Käfig zurückzuschleppen.« Und er funkelte mich an, als wäre alles mein Werk und der Fürst ein unschuldiger Mitläufer.
    »Je nun. Ihr wart also auf der Jagd, eines nachts, mit Eurer Katze, und diese Dame …« Geschickt nahm Fürst Leuenfarb den Faden wieder auf, der uns beide interessierte.
    »Ich war auf der Jagd mit meiner Katze und …«
    Der Name der Katze? fragte Nachtauge plötzlich drängend.
    Ich knurrte spöttisch. »Scheint mir, dass die Dame und die Katze denselben Namen haben. ›Verratmichnicht‹.« Ich spießte das Kaninchen auf mein Schwert. Gewöhnlich vermied ich es, die Klinge als Bratspieß zu missbrauchen, es beeinträchtigt die Härte, doch für einen grünen Zweig hätte ich meinen Platz verlassen und zum Waldrand gehen müssen und den Rest der Geschichte verpasst.
    Der Prinz hatte meine Bemerkung

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