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Die zweiten Chroniken von Fitz dem Weitseher 01 - Der lohfarbene Mann

Titel: Die zweiten Chroniken von Fitz dem Weitseher 01 - Der lohfarbene Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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kommen. Zuckungen schüttelten ihn, was mich unangenehm an meine eigenen Krampfanfälle erinnerte. Dann fuhr er nach Luft ringend jäh in die Höhe. Gierig saugte er einen Atemzug nach dem anderen in seine Lungen, während er wild den Kopf von einer Seite zur anderen warf und versuchte, sich über seine Lage klar zu werden. Ich hörte ihn schlucken. Mit einer kraftlosen, brüchigen Stimme fragte er: »Wo sind wir?«
    Lügen war sinnlos. Auf dem Hügel über uns warfen Laurels geheimnisumwitterte Menhire ihre Schatten. Er würde sie sicher wiedererkennen. Ich machte mir nicht die Mühe, ihm zu antworten. Fürst Leuenfarb schloss zu uns auf.
    »Hoheit, seid Ihr wohlauf? Ihr wart lange ohne Besinnung.«
    »Ich bin – wohlauf. Wohin bringt ihr mich?«
    Sie kommen!
    Innerhalb eines Lidschlags war alles anders. Ich sah den Wolf in langen Sätzen zu uns zurückgejagt kommen. Hinter ihm waren auf der Straße plötzlich Reiter aufgetaucht. Fünf zählte ich auf den ersten Blick. Zwei Jagdhunde, Zwiehafte, liefen neben ihnen her. Ich wandte mich im Sattel um. Zwei Bodenwellen hinter uns erschien ein weiterer Trupp Berittener. Einer hob den Arm und winkte der Gruppe vor uns triumphierend zu.
    »Sie haben uns in der Zange«, sagte ich zu dem Narren. Er wurde bleich.
    »Auf den Hügel. Wir nehmen an einem der Hünengräber Rückendeckung.« Ich trieb Meine Schwarze vom Weg hinunter und den Hang hinauf. Der Narr folgte mir.
    »Lasst mich gehen!«, forderte Pflichtgetreu. Er schlug um sich, aber nach der langen Bewusstlosigkeit war er schwach. Es war nicht leicht, ihn festzuhalten, aber wir hatten nicht weit zu reiten. Bei dem Grabhügel und dem daneben stehenden Steinpfeiler angelangt, parierte ich Meine Schwarze durch und rutschte aus dem Sattel, wenig graziös, aber ich zog den Prinzen mit mir herunter. Meine Schwarze trat müde beiseite und warf mir über die Schulter einen vorwurfsvollen Blick zu. Der Narr war schon bei uns. Ich wich durch einen raschen Schritt zur Seite Pflichtgetreus Boxhieb aus, ergriff sein Handgelenk, schwenkte ihn herum, drehte ihm den Arm auf den Rücken, packte seine andere Schulter und hielt ihn so fest. Ich war nicht brutaler als nötig, aber er sträubte sich verbissen. »Ein gebrochener Arm oder eine ausgekugelte Schulter werden dich nicht umbringen«, ermahnte ich ihn barsch. »Aber du könntest dann eine Zeit lang keine Sperenzchen mehr machen.«
    Vor Schmerz ächzend, gab er nach. Nachtauge war ein grauer Strich, der sich den Hang hinauf in unsere Richtung verlängerte. »Was jetzt?«, fragte mich der Narr, der sich mit weit aufgerissenen Augen umschaute.
    »Jetzt stellen wir uns zum letzten Gefecht.« Die Reiter unter uns schwärmten aus. Der Grabhügel hinter uns taugte so gut wie gar nicht als Schutz gegen einen Angriff von hinten, er gab sogar den Feinden die Möglichkeit, sich ungesehen heranzupirschen. Nachtauge stand keuchend zwischen uns.
    »Ihr werdet hier sterben«, stieß der Prinz zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. Ich hatte meinen Griff nicht nennenswert gelockert.
    »Sehr wahrscheinlich«, stimmte ich zu.
    »Ihr werdet sterben, und ich werde mit ihnen weiterreiten.« Seine Stimme klang gepresst, er hatte Schmerzen. »Seid nicht dumm. Lasst mich frei. Ich verspreche, ich werde sie bitten, euch freien Abzug zu gewähren.«
    Über den Kopf des Jungen hinweg tauschten der Narr und ich einen Blick. Ich wusste, wie meine Antwort auf dieses Angebot lautete, war mir aber auch im Klaren darüber, welchem Schicksal ich den Prinzen auslieferte, wenn ich ihn denen da unten überließ. Eventuell bot sich, falls wir hier mit dem Leben davonkamen, die Gelegenheit, zu einem zweiten Befreiungsversuch, aber ich bezweifelte es. Die Katzenfrau würde dafür sorgen, dass man uns jagte und aus dem Weg räumte. Kämpfend sterben oder sterben auf der Flucht. Ich wollte nicht für meine Freunde zwischen zwei Übeln entscheiden müssen.
    Ich bin zu müde, um zu fliehen. Ich erwarte den Tod hier.
    Der Blick des Narren flog zu Nachtauge. Ich weiß nicht, ob er den Gedanken auffing oder ob er einfach nur die abgrundtiefe Mattigkeit des Wolfs erkannte. »Standhalten und kämpfen«, sagte er schwach. Er zog das Schwert aus der Scheide. Ich wusste, er hatte nie in seinem Leben einen Waffengang getan. Er hielt die Klinge wie etwas Fremdes, mit dem er nichts anzufangen wusste, dann holte er tief Atem und setzte die Miene von Fürst Leuenfarb auf. Gleichzeitig wurde seine Haltung straffer und ein Ausdruck

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