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Die zweiten Chroniken von Fitz dem Weitseher 01 - Der lohfarbene Mann

Titel: Die zweiten Chroniken von Fitz dem Weitseher 01 - Der lohfarbene Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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Schweigen fordernd, während ich überlegte, doch er ließ sich nicht hindern. »Ich will leben«, sagte er bestimmt. »Auch wenn es noch so ein erbärmliches Dasein ist. Und ich will meine Katze haben. Denn sie ist mir so treu, wie ich von deiner Schwester schmählich hintergangen worden bin. Ich werde ihr die Katze nicht überlassen. Und wenn sie mir meinen Körper nimmt, ist das vielleicht der Preis, den ich dafür zahlen muss, dass ich mich von euch Gescheckten zum Narren habe machen lassen, mit der Vorspiegelung von Freundschaft. Und Liebe.« Seine Stimme war fest und laut genug, um bis zu dem Kreis der Wartenden zu tragen. Über Lutwins Schulter hinweg, sah ich zwei Reiter die Köpfe zur Seite wenden, als ob Pflichtgetreus Worte sie getroffen hätten. Doch niemand ergriff das Wort oder sprach zu seinen Gunsten.
    Lutwins Mundwinkel zuckten. »Dann gilt der Handel.« Er streckte mir die Rechte entgegen, als wollte er die Abmachung per Handschlag besiegeln, dazu lächelte er entwaffnend. »Nimm das Messer vom Hals des Jungen.«
    Ich bedachte ihn meinerseits mit einem wölfischen Lächeln. »Noch nicht. Du hast gesagt, diese Peladine kann jederzeit in ihn hineinschlüpfen? Nun, falls sie es tut, denkst du vielleicht, dass du mich nicht mehr brauchst. Du könntest mich töten und ihn, nachdem deine Schwester sich in dem Jungen häuslich eingerichtet hat, Fürst Leuenfarb übergeben, auf dass er die befreite Geisel nach Hause geleiten möge. Nein. Wir machen es auf meine Art. Außerdem könnte der Junge seine Meinung ändern und plötzlich nicht mehr so erpicht sein, deiner Schwester in sich Unterschlupf zu gewähren. Das Messer hilft ihm, sich zu erinnern, dass mein Wille geschieht.« Ich fragte mich, ob Pflichtgetreu den Hintersinn meiner Worte verstand. Ich schaute Lutwin zwingend an, während ich weitersprach. »Zeigt mir Fürst Leuenfarb frei und zu Pferde und meinen Wolf an seiner Seite. Dann, wenn ich sehe, dass du es wirklich ehrlich meinst, gebe ich uns beide in deine Hand.«
    Oha, auf welch wackligen Füßen mein Plan stand! In Wirklichkeit wollte ich nichts weiter, als sie veranlassen, mich zu Nachtauge und dem Narren zu führen. Ich konzentrierte mein Lächeln und meinen Blick auf Lutwin, doch immer war ich mir der anderen bewusst, die langsam näher rückten. Die Messerklinge am Hals des Prinzen bebte nicht. Irgendwann hatte Pflichtgetreu die Hand gehoben und meinen Unterarm umfasst. Es sah aus, als versuchte er sich der Klinge zu erwehren, doch so war es nicht, im Gegenteil, er stützte meine Hand und half, das Messer an seine eigene Kehle zu drücken.
    Lutwin gab nach. »Wir tun es auf deine Art.« Aufs Pferd zu kommen und Pflichtgetreu dabei weiter mit dem Messer zu bedrohen, erforderte akrobatische Geschicklichkeit, doch wir brachten es fertig. Pflichtgetreu war beinahe zu gefügig, ich fürchtete, Lutwin könnte es merken. In dieser Situation hätte ich viel darum gegeben, wenn der Prinz im Gebrauch der Gabe geschult worden wäre. Unsere Verbindung war zu fein, als dass ich seine Gedanken lesen konnte, und er wusste nicht, wie er seine Wahrnehmung auf mich ausrichten sollte. Ich spürte nur seine Angst und Entschlossenheit. Worauf diese Entschlossenheit sich richtete, vermochte ich nicht zu erkennen. Meine Schwarze war nicht erfreut über die Zumutung, zwei Reiter zu tragen, und mir schlug das Gewissen. Nicht allein bestand die Gefahr, dass ihre Lahmheit sich verschlimmerte und zu einer dauernden Behinderung wurde, sondern falls wir fliehen mussten, war sie bereits müde und nicht mehr fähig, weit und schnell zu galoppieren. Jeder Stoß, der mir, wenn sie auftrat, ins Kreuz fuhr, war ein Vorwurf. Doch mir blieb keine andere Wahl. Wir ritten los, hinter Lutwin, während die anderen nach und nach einschwenkten und uns in die Mitte nahmen. Sie zeigten uns keine freundlichen Mienen. Ich erkannte eine Frau, die bei dem Treffen am Saumpfad dabeigewesen war. Von den Männern sah ich keinen. Dem Prinzen begegneten dieselben Leute, die tagelang mit ihm geritten waren und ihn hofiert hatten, ohne die mindeste Spur von Kameradschaft oder Anteilnahme. Er schien sie gar nicht zu sehen, sondern blickte starr nach vorn, die Spitze meines Messers zwischen den Rippen.
    Wir machten kehrt und ritten über die lang gestreckten Hügelrücken, vorbei an dem Hünengrab und auf den Wald zu. Der Boden war eigenartig buckelig und gewellt, und ich kam zu dem Schluss, dass die Gegend in grauer Vorzeit besiedelt gewesen sein

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