Die zweiten Chroniken von Fitz dem Weitseher 01 - Der lohfarbene Mann
Öl ins Feuer: Es wird ihn erst recht verzehren. Ihr gebt zu, dass Königin Kettricken mehr als ihre Vorgänger unternommen hat, um die Verfolgung, der ihr ausgesetzt seid, als Gesetzesverstoß zu brandmarken. Doch erklärt sie öffentlich, dass ihr Sohn ein Zwiehafter ist, läuft sie nicht allein Gefahr, dass man sie vom Thron stürzt, sondern das Bemühen, euch Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, wird man ihr als Versuch auslegen, ihr eigen Fleisch und Blut zu schützen.«
»Die Königin hat per Dekret verboten, dass man uns unserer Magie wegen verfolgt, soweit habt Ihr Recht«, wandte Rehgesell ein, »aber darum hat das Sterben kein Ende. Die Wirklichkeit sieht anders aus. Diejenigen, die sich vorgenommen haben, uns auszutilgen, täuschen einen Schaden vor, erfinden ein beliebiges Unrecht, das wir ihnen zugefügt haben sollen. Ein Mann lügt, ein anderer beschwört’s, und ein Vater, eine Schwester vom Alten Blut wird gehängt und gevierteilt und verbrannt. Wenn aber nun die Königin die gleiche Gefahr für ihnen Sohn fürchten muss wie mein Vater für seinen, wird sie dann nicht vielleicht mehr tun, um dem Treiben Einhalt zu gebieten?«
Ein Mann hinter Rehgesell nickte beifällig.
Fürst Leuenfarb breitete anmutig die Hände aus. »Ich werde tun, was in meiner Macht steht, mein Wort darauf. Die Königin wird hören, wie Altes Blut den Prinzen aus der Hand eines Schwärmers und Rebellen gerettet hat. Und Laurel ist mehr als nur der Königin Jagdmeisterin; Ihre Majestät betrachtet sie auch als Freundin und Vertraute. Sie wird der Königin berichten, wie ihr geholfen habt, den Prinzen zu befreien. Mehr kann ich nicht tun. Ich kann nicht im Namen der Königin Versprechungen machen.«
Der Mann hinter Rehgesell, der eben genickt hatte, beugte sich vor und gab ihm mit den Fingerknöcheln einen Stüber gegen die Schulter, eine Aufforderung, Mach weiter. Dann legte er sich wieder zurück und wartete.
Auf Rehgesells Miene spiegelte sich Unbehagen, dann räusperte er sich. »Wir werden die Königin beobachten und die Ohren offen halten, was sie zu ihren Beratern sagt. Wir können besser als jeder andere beurteilen, in welcher Gefahr Prinz Pflichtgetreu schwebt, sollte bekannt werden, dass er Altes Blut in seinen Adern hat. Es sind die gleichen Gefahren, denen wir tagtäglich ausgesetzt sind. Wir möchten, dass es damit ein Ende hat. Wenn die Königin es sich angelegen sein lässt, die Hand über uns zu halten und die Unsrigen vor Verfolgung zu schützen, dann werden wir vom Alten Blut das Geheimnis ihres Sohnes bewahren. Doch wenn sie unserer Not nicht achtet, wenn sie das Morden weiter duldet – nun …«
»Ich verstehe«, fiel ihm Fürst Leuenfarb rasch ins Wort. Sein Ton war kühl, aber nicht schroff. »Unter den gegebenen Umständen kann man vermutlich nicht mehr von euch erwarten. Ihr habt den Thronfolger gerettet. Das wird nicht unwesentlich dazu beitragen, die Königin eurer Sache geneigt zu machen.«
»Das erwarten wir«, sagte Rehgesell schwer und die Männer hinter ihm nickten ernst.
Schlaf wollte mich übermannen. Nachtauge war bereits in seine dunklen Gründe hinabgesunken. Sein Pelz war mit Salbe verkleistert, wie auch meine Brust und mein Bauch. Es gab fast keine Stelle an unseren Körpern, die nicht schmerzte, aber ich vergrub mein Gesicht an seinem Nacken und legte einen sorgenden Arm über seine Schulter. Sein Fell klebte an meiner Haut. Das Stimmengemurmel am Feuer rückte in weite Ferne und wurde unwichtiger, je mehr ich mich ihm öffnete. Ich sank unter die roten Schmerzen, die ihn umhüllten, bis ich die Wärme und den Humor seiner Seele fand.
Katzen. Schlimmer als Stachelschweine.
Viel schlimmer.
Aber der Junge liebte die Katze.
Die Katze liebte den Jungen. Armer Junge.
Arme Katze. Die Frau war selbstsüchtig.
Schlimmer als selbstsüchtig. Böse. Ihr eigenes Leben war ihr nicht genug.
Es war eine tapfere kleine Katze. Sie hat nicht nachgelassen und die Frau mitgenommen.
Tapfere Katze. Eine Pause. Glaubst du, die Zeit wird jemals kommen, wenn Zwiehafte sich offen zu ihrer Magie bekennen können?
Ich weiß nicht. Es wäre gut, nehme ich an. Denk nur, wie die Heimlichtuerei und Verrufenheit unser Leben beeinflusst haben. Aber – es war auch gut so, wie es war. Unser Leben. Deins und meins.
Ja. Lass uns jetzt ausruhen.
Ausruhen.
Ich vermochte nicht auseinander zu halten, welches meine Gedanken waren und welche die des Wolfs. Wozu auch. Ich sank mit ihm in seine Träume und wir
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