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Die zweiten Chroniken von Fitz dem Weitseher 01 - Der lohfarbene Mann

Titel: Die zweiten Chroniken von Fitz dem Weitseher 01 - Der lohfarbene Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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die Arbeit. Nach einer Weile wurde mir bewusst, dass ich die Kloben mit einer Brachialgewalt anging, als gälte es, feindliche Schädel zu spalten. Auf das Hacken folgte die ermüdende Arbeit, die Scheite so aufzustapeln, dass sie trockneten und gleichzeitig den Regen ablaufen ließen. Als ich auch damit fertig war, nahm ich mein Hemd und ohne zu überlegen, wandte ich mich wieder in die Richtung der Klippen. Sofort versperrte der Wolf mir den Weg.
    Tu es nicht, Bruder.
    Ich habe dir vorhin schon gesagt, dass du dir keine Sorgen zu machen brauchst.
    Ich kehrte um, tat so, als ob es mir gar nichts ausmachte. Ich jätete den Garten. Ich schleppte Wasser vom Bach heran, um den Bottich in der Küche aufzufüllen. Ich hob eine neue Grube aus, versetzte den Abort und füllte die alte Grube mit sauberer Erde. Kurz gesagt, ich fraß mich durch die Arbeit wie ein Lauffeuer durch eine Sommerwiese. Rücken und Arme taten mir weh, nicht nur vor Müdigkeit, denn sämtliche alten Blessuren meldeten sich, und immer noch wagte ich nicht zu ruhen. Der Gabenhunger zerrte an mir, wollte sich nicht verdrängen lassen.
    In der Dämmerung gingen der Wolf und ich zum Bach, um unser Abendessen zu fangen. Für eine Person zu kochen erschien mir unsinnig, doch ich zwang mich, eine ordentliche Mahlzeit zu bereiten und zu verzehren. Ich räumte auf und setzte mich anschließend hin. Die langen Stunden des Abends dehnten sich vor mir. Ich holte Pergament und Tinte heraus, war aber nicht imstande, etwas zu schreiben. Meine Gedanken ließen sich nicht ordnen. Schließlich nahm ich den Flickkorb her und begann verbissen, alles zu stopfen, zu säumen und auszubessern, was es irgendwie nötig hatte.
    Zu guter Letzt, als mir die Stiche vor den Augen verschwammen, ging ich zu Bett. Ich lag auf dem Rücken, den Arm über den Augen und bemühte mich, die spitzen Angelhaken zu ignorieren, die an meiner Seele zupften. Nachtauge streckte sich schnaufend neben meinem Bett aus. Ich ließ den anderen Arm über die Bettkante hängen und legte die Hand auf seinen Kopf. Ich fragte mich, wann wir die Grenze vom Alleinsein zur Einsamkeit überschritten hatten.
    Es ist nicht Einsamkeit, die an dir frisst.
    Dazu gab es nichts zu sagen. Ich verbrachte eine schwierige Nacht. Kurz nach Tagesanbruch zwang ich mich aufzustehen. In den nächsten Tagen schnitt ich Erlenzweige für das Räucherhaus und an den Nachmittagen fing ich Fische zum Räuchern. Der Wolf schlug sich den Bauch mit Innereien voll, schaute aber trotzdem gierig zu, wie ich die ausgenommenen Fische salzte und an Haken über das schwelende Feuer hängte. Ich warf grüne Zweige auf, um mehr Rauch zu erzeugen und verschloss die Tür fest. Eines späten Nachmittags stand ich an der Regentonne und wusch mir Schleim und Schuppen und Salz von den Händen, als Nachtauge den Kopf wandte und zum Pfad schaute.
    Jemand kommt.
    Harm? Hoffnung durchflutete mich.
    Nein.
    Das Ausmaß meiner Enttäuschung überraschte mich. Von Nachtauge spürte ich eine vergleichbare Empfindung. Wir beide beobachteten den schattigen Pfad, als Jinna auftauchte. Sie blieb stehen, möglicherweise bestürzt oder erschreckt über unser Starren, dann hob sie grüßend die Hand. »Hallo, Tom Dachsenbless! Ich komme, um die angebotene Gastfreundschaft in Anspruch zu nehmen.«
    Eine Freundin von Harm, erklärte ich Nachtauge, doch er blieb trotzdem zurück und behielt sie wachsam im Auge, als ich ihr entgegenging, um sie zu begrüßen.
    »Willkommen. Ich habe nicht erwartet, dass wir uns so bald wiedersehen«, sagte ich und bemerkte zu spät, dass ich mich unglücklich ausgedrückt hatte. »Eine unerwartete Freude ist immer die größte Freude«, versuchte ich den Patzer wieder gutzumachen und hätte mir am liebsten auf die Zunge gebissen wegen der hohlen Floskel. Hatte ich den Umgang mit Menschen vollkommen verlernt?
    Doch Jinnas Lächeln ließ keine Befangenheit aufkommen. »Selten bin ich mit so herzlicher und wohlgesetzter Rede empfangen worden, Tom Dachsenbless. Ist das Wasser kühl?«
    Ohne eine Antwort abzuwarten, trat sie zu der Regentonne und nahm dabei ihr Halstuch ab. Sie schritt aus wie jemand, der das Reisen auf Schusters Rappen gewöhnt ist, rechtschaffen müde nach einem langen Marsch, aber nicht übermäßig erschöpft. Das klobige Bündel auf ihrem Rücken wirkte, als wäre es ein natürlicher Teil von ihr. Sie feuchtete das Tuch an und wischte sich den Staub von Gesicht und Händen, tauchte es nochmal ein und rieb es tropfnass

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