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Die zweiten Chroniken von Fitz dem Weitseher 01 - Der lohfarbene Mann

Titel: Die zweiten Chroniken von Fitz dem Weitseher 01 - Der lohfarbene Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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Sprache spricht. Du weißt schon: die Stimme wird immer lauter, man fuchtelt, gestikuliert. Man begreift den Sinn des Gesagten, aber nicht die Feinheiten.« Ich dachte nach. »Es ist leichter, wenn das Tier bereits mit einem anderen Menschen verschwistert ist. Rolfs Bärin hat einmal mit mir gesprochen. Und ein Frettchen. Dann zwischen Nachtauge und Burrich – es muss für Burrich ziemlich demütigend gewesen sein, doch er gestattete Nachtauge, zu ihm zu sprechen, als ich in Edels Kerker saß. Sie konnten sich immerhin gut genug verständigen, um gemeinsam einen Plan zu meiner Rettung zu schmieden.«
    Eine Weile überließ ich mich der Erinnerung, dann kehrte ich zu meiner Geschichte zurück. Rolf lehrte mich die grundlegenden Etikette derer mit der Alten Macht, doch er lehrte nur mit der Peitsche, ganz ohne Zuckerbrot, sparte nicht mit Tadel, noch bevor wir uns unserer Fehler bewusst waren. Nachtauge entwickelte mehr Duldsamkeit ihm gegenüber als ich, vielleicht weil er mehr an die Hierarchie innerhalb eines Rudels gewöhnt ist. Für mich war es schwieriger, seine Art widerspruchslos zu ertragen, weil ich inzwischen erwartete, dass man mir ein gewisses Maß an Respekt entgegenbringt. Wäre ich in jungen Jahren sein Schüler geworden, hätte ich seine grobe Manier möglicherweise hingenommen. Meine Erfahrungen der vorangegangenen Jahre haben dazu geführt, dass ich äußerst heftig reagiere, wenn man sich mir gegenüber aggressiv zeigt. Ich glaube, das erste Mal, als ich ihn anknurrte, nachdem er mich wegen irgendeines Fehlers abgekanzelt hatte, war er zutiefst betroffen. Den ganzen Rest des Tages behandelte er mich äußerst kalt und distanziert, und ich begriff, dass ich mich seiner Holzhammermethode beugen musste, wenn ich von ihm profitieren wollte. Ich gab mir Mühe, doch es war, als müsste ich ganz von Neuem lernen, mein Temperament zu zügeln. Oft fiel es mir sehr schwer, ihm nicht an die Gurgel zu fahren. Seine Ungeduld mit meinen langsamen Fortschritten frustrierte mich ebenso wie ihn mein ›menschliches Denken‹ irritierte. An seinen schlechten Tagen erinnerte er mich an Gabenmeister Galen. Er war engstirnig und grausam, wenn er sich darüber ausließ, wie schlecht ich bei den Nicht-Zwiehaften erzogen worden war. Es passte mir nicht, dass er sich erdreistete, verächtlich über Menschen zu reden, denen ich mich zugehörig betrachtete. Mir war auch bewusst, dass er mich für einen argwöhnischen und mundfaulen Kerl hielt, der sich ihm niemals gänzlich öffnete.
    Ich verschwieg ihm vieles, das ist wahr. Er wollte wissen, wo ich herstammte, was ich über meine Eltern wusste, wann ich zum ersten Mal eine Regung der Alten Macht gespürt hatte. Keine der einsilbigen Antworten, die ich ihm gab, stellte ihn zufrieden und doch konnte ich nicht mehr sagen, ohne preiszugeben, wer und was ich gewesen war. Das Wenige, das ich ihm verriet, brachte ihn dermaßen in Rage, dass ich überzeugt bin, die ganze Wahrheit wäre ihm ein Gräuel gewesen. Auch wenn er Burrich lobte, dass er mich daran gehindert hatte, zu früh eine Verschwisterung einzugehen, fanden die Gründe dafür keine Gnade vor seinen Augen. Dass es mir trotz Burrichs Wachsamkeit gelungen war, mich mit Fäustel zu verschwistern, überzeugte ihn von meinem verschlagenen Charakter. Wiederholt kam er auf meine Kindheit als die Wurzel meiner Probleme beim Verständnis der Alten Macht zurück. Wieder erinnerte er mich an Galen, der den Bastard verhöhnte, den Kretin, der sich anmaßte, die Gabe beherrschen zu wollen, die Magie der Könige. Inmitten einer Gemeinschaft, in der ich gehofft hatte, anerkannt zu werden, musste ich erfahren, dass ich wieder einmal weder Fisch noch Fleisch war. Wenn ich mich bei Nachtauge beklagte, herrschte Rolf mich an, ich sollte aufhören, mich bei meinem Wolf auszuheulen, und lieber einen etwas größeren Lerneifer an den Tag legen.
    Nachtauge lernte schneller und oft war er derjenige, der mir begreiflich machte, was Rolf mir nicht hatte vermitteln können. Nachtauge spürte auch deutlicher als ich, dass Rolf ihn bedauerte, und war nicht erfreut darüber, denn Rolfs Mitleid basierte auf der Vorstellung, dass ich Nachtauge nicht so gut behandelte, wie es sich gehörte. Er fand es tadelnswert, dass ich zum Zeitpunkt der Verschwisterung fast ein erwachsener Mann gewesen war und Nachtauge kaum mehr als ein Welpe. Wieder und wieder hielt Rolf mir vor, dass ich Nachtauge nicht als gleichgestellt betrachtete – eine Behauptung, der

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