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Die zweiten Chroniken von Fitz dem Weitseher 01 - Der lohfarbene Mann

Titel: Die zweiten Chroniken von Fitz dem Weitseher 01 - Der lohfarbene Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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gewesen. Du magst lachen, wenn du willst, aber sie war eher wie eine Mutter für mich. Nicht den Jahren nach, aber mit ihrer Sanftmut und der Bereitschaft, mich zu nehmen wie ich war, und in der Art, wie sie es immer gut mit mir meinte. Aber«, – ich räusperte mich –, »du hast Recht. Rolf war eifersüchtig, auch wenn er es nie offen aussprach. Wenn er nach Hause kam, fand er Nachtauge vor seinem Feuer liegen und meine Hände voll mit Garn für eine von Hollys kunstvollen Nadelarbeiten, und auf der Stelle fand er etwas, das sie für ihn tun sollte. Ich will nicht sagen, dass er sie schlecht behandelte, doch er gab sich große Mühe, keinen Zweifel daran aufkommen zu lassen, dass sie seine Frau war. Holly sprach mir gegenüber nicht darüber, doch in gewisser Weise, denke ich, tat sie es mit Absicht, um ihm zu zeigen, dass sie, auch nach den vielen Jahren ihres Zusammenseins, immer noch ein eigenes Leben und einen eigenen Willen hatte.
    Tatsächlich unternahm sie während des ganzen Winters Anstrengungen, mich zu einem Mitglied der Gemeinschaft derer vom Alten Blut zu machen. Sie lud Freunde ein und ließ es sich angelegen sein, mich mit allen bekannt zu machen. Etliche Familien hatten Töchter im heiratsfähigen Alter und diese, bildete ich mir ein, schauten immer dann vorbei, wenn auch ich bei Rolf und Holly zu Tisch geladen war. Rolf trank und lachte und wurde redselig, wenn Gäste kamen und man merkte, dass er es genoss. Mehr als einmal äußerte er laut, dies sei der vergnüglichste Winter seit vielen Jahren, woraus ich folgerte, dass Holly gewöhnlich keine solchen Festivitäten veranstaltete. Doch ihre Bemühungen, mich zu verkuppeln, waren niemals plump. Eindeutig hielt sie Twinet für die beste Wahl. Sie war nur wenige Jahre älter als ich, groß und dunkelhaarig, mit tiefblauen Augen. Ihr Geschwistertier war eine Krähe, ebenso heiter und schalkhaft wie sie selbst. Wir wurden Freunde, aber mein Herz war noch nicht bereit für mehr als das. Allem Anschein nach ärgerte ihr Vater sich mehr über meinen mangelnden Eifer bei der Brautwerbung als Twinet selbst, denn er sparte nicht mit deutlichen Anspielungen darauf, dass eine Frau nicht ewig wartet.
    Twinet, hatte ich den Eindruck, war weit weniger erpicht darauf, einen Ehemann zu finden, als ihre Eltern vermuteten. Wir blieben Freunde auch über den Frühling und bis in den Sommer hinein. Ollie, Twinets Vater, der Rolf gegenüber sein Mundwerk nicht zügeln konnte, beschleunigte meinen Abschied von der Gemeinschaft derer vom Alten Blut in Kräheneck Offenbar hatte er seiner Tochter gesagt, sie müsse entweder aufhören, sich mit mir zu treffen, oder dafür sorgen, dass ich mich endlich erklärte. Daraufhin hatte Twinet in aller Deutlichkeit ihre eigene Absicht erklärt, nämlich dass sie nicht willens war, jemanden zum Manne zu nehmen, der ihr nicht gefiel, schon gar nicht ›einen, der so viel jünger ist als ich, sowohl an Jahren als auch im Herzen. Nur um Enkelkinder zu haben, willst du, dass ich Beilager halte mit einem, der bei den Nicht-Zwiehaften aufgewachsen ist und den Makel der Weitseher in seinem Blut trägt.‹«
    Ihre Worte wurden mir zugetragen, nicht von Rolf, sondern von Holly. Sie erzählte es mir leise, die Augen niedergeschlagen, als schämte sie sich, ein solches Gerücht weiterzugeben. Doch als sie den Blick zu meinem Gesicht hob und so ruhig und vertrauensvoll darauf wartete, dass ich den Verdacht von mir wies, erstarben mir die Lügen auf den Lippen. Ich dankte ihr ernst, dass sie mich über Twinets Gefühle in Kenntnis gesetzt hatte und sagte, ich müsse jetzt erst einmal mit mir ins Reine kommen. Rolf war nicht zu Hause. Eigentlich war ich vorbeigekommen, um seinen Spalthammer zu borgen, denn der Sommer ist die Zeit, um das Feuerholz für den Winter zu schlagen. Ich ging, ohne danach gefragt zu haben; sowohl Nachtauge als auch ich wussten, dass wir nicht bei der Gemeinschaft überwintern würden. Als in dieser Nacht der Mond aufging, hatten der Wolf und ich wieder einmal die Bocksmarken hinter uns gelassen. Ich hoffte, man würde unseren grußlosen Abschied als den Rückzug eines glücklosen Freiers betrachten, statt an den Bastard zu denken, der floh, weil man ihn erkannt hatte.
    Stille trat ein. Ich glaube, der Narr wusste, dass ich ihm gegenüber meine größte Furcht ausgesprochen hatte. Die vom Alten Blut wussten, wer ich war und kannten meinen Namen und hatten dadurch Macht über mich. Was ich vor Merle niemals zugegeben

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