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Die zweiten Chroniken von Fitz dem Weitseher 01 - Der lohfarbene Mann

Titel: Die zweiten Chroniken von Fitz dem Weitseher 01 - Der lohfarbene Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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nicht. Wenn die Hirsche brunsten, lässt sie Parela nicht antworten. Wahrscheinlich denkt sie, sie müsste ihrem Ehemann die Treue halten oder irgend so einen Unfug. Wenn Parela stirbt und Delayna mit ihr, was haben beide gewonnen, außer ein paar für beide unerfüllte Jahren?«
    Ich hatte geschwiegen. Der Abscheu vor der widernatürlichen Verschwisterung machte mich frösteln. »Dennoch …« Es kostete mich Oberwindung, meine Zweifel auszusprechen, selbst dem Narren gegenüber. »Dennoch, insgeheim fragte ich mich, ob wirklich jemand außer den beiden selbst beurteilen konnte, was sie getan hatten. Ob es nicht möglicherweise, ganz gleich wie es uns erscheinen mochte, für sie gut und richtig war.«
    Ich schwieg eine Weile. Das Schicksal der beiden hatte mir seit damals keine Ruhe gelassen. Wäre es Burrich nicht gelungen, mich aus dem Wolf heraus und in meinen eigenen Körper zurückzuführen, wären wir geworden wie sie? Wäre der Narr heute nicht bei uns gewesen, würden Nachtauge und ich auf ewig in einem Körper gefangen sein? Ich sprach es nicht aus; ich wusste, der Narr hatte bereits die nahe liegenden Schlussfolgerungen gezogen. Ich räusperte mich.
    »Rolf lehrte uns viel in dem Jahr, das wir bei ihm waren, doch alle Gepflogenheiten derer vom Alten Blut machten Nachtauge und ich uns nicht zu Eigen. Das geheime Wissen, das man uns zugänglich machte, darauf hatten wir ein Recht, allein auf Grund unserer Geburt. Dennoch fühlte ich mich nicht verpflichtet, mich den Gesetzen zu beugen, die Rolf uns aufzwingen wollte. Vielleicht wäre es klüger gewesen, sich zu verstellen, aber ich war der Täuschungen überdrüssig und der Netze aus Lügen, die man weben musste, um die Wahrheit dahinter zu verbergen. Deshalb wahrte ich Abstand von dieser Welt und Nachtauge mit mir. Wir beobachteten ihr Zusammenleben, doch wurden wir nie ein Teil der Gemeinschaft derer vom Alten Blut.«
    »Und auch Nachtauge wollte sich ihnen nicht anschließen?« Der Narr stellte die Frage behutsam. Ich bemühte mich, keinen Vorwurf darin zu vermuten: ob ich derjenige gewesen war, der ihn daran gehindert hatte, aus Selbstsucht.
    »Er dachte wie ich. Das Wissen über den Umgang mit der Magie, die wir in uns trugen, das schuldeten sie uns. Und als Rolf es uns als Köder vor die Nase hielt, als eine Belohnung, die wir uns damit verdienen mussten, dass wir uns dem Joch seiner Regeln beugten – nun, das empfinde ich als eine Form schnöder Ausgrenzung.« Ich schaute zu dem Wolf in seinem Deckennest auf dem Bett. Er schlief wie tot; er zahlte den Preis für mein Eingreifen in den natürlichen Lauf der Dinge.
    »Hat keiner euch dort die Hand zur Freundschaft gereicht?« Die Frage des Narren brachte mich wieder auf meine Geschichte. Ich dachte nach.
    »Holly hat es versucht. Ich glaube, sie bedauerte mich. Sie war von Natur aus scheu und einzelgängerisch, etwas, das wir gemeinsam hatten. Terzel und sein Weibchen hatten ihr Nest in einem hohen Baum am Hang über Rolfs Haus, und Holly selbst verbrachte viele Stunden des Tages auf einer geflochtenen Plattform nicht weit unterhalb von Terzels Nest. Sie redete nicht viel mit mir, doch erwies sie mir viele kleine Freundlichkeiten, unter anderem schenkte sie mir ein Federbett, Nebenprodukt von Terzels Jagderfolgen.«
    Ich lächelte in mich hinein. »Außerdem unterwies sie mich in den vielen kleinen Kunstfertigkeiten, die man beherrschen sollte, wenn man allein lebt und die ich in meiner Zeit in Bocksburg nie gelernt hatte, wo andere sich um meine alltäglichen Bedürfnisse kümmerten. Es ist ein wirkliches Vergnügen, Brot aus Sauerteig zu backen, und sie brachte mir Kochen bei, Anspruchsvolleres als Burrichs Lagerfeuereinerlei und Haferbreivariationen. Als ich zu ihnen kam, war ich abgerissen und zerlumpt. Sie ließ sich meine sämtlichen Kleider geben, nicht um sie zu flicken, sondern um mir zu zeigen, wie man sie in Ordnung hält. Ich saß mit ihr am Feuer und lernte Socken stopfen ohne Wülste, und wie man Manschetten umsäumt, bevor sie hoffnungslos ausgefranst sind …« Ich schüttelte den Kopf und lächelte über die Erinnerungen.
    »Und zweifellos war Rolf beglückt zu sehen, wie eure Köpfe sich zueinander neigten, so innig und so oft?« Der Tonfall des Narren stellte die eigentliche Frage. Hatte ich Rolf Grund gegeben, eifersüchtig und misstrauisch zu sein?
    Ich trank den lauwarmen Rest Tee und lehnte mich zurück. Die vertraute Melancholie schlich sich in mein Gemüt. »So ist es nicht

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