Die Zweitfrau
ins Kontor für uns. Es wird eine zweite Untersuchung gemacht und bei dem Gespräch, das der Arzt anschließend mit ihm führt, zeigt er ihm die Möglichkeiten auf, die Sache anzugehen. Ich glaube, Peter hat sich sehr schnell entschieden, was er tun will. Aber er will mich doch einbeziehen in die Entscheidung. Wir sitzen am Frühstückstisch als er mir plötzlich sagt:
„Ich habe mich entschieden, mir die Prostata entfernen zu lassen. Es ist eine Schwachstelle im Körper und ich denke, damit ist das Risiko eliminiert.“
Er sagt tatsächlich „eliminiert“.
„Natürlich, du weißt schon, was das heißt?“
Bei dieser Frage blickt er mich mit großen Augen an.
„Hör mal“, antworte ich ihm, „ es ist dein Körper. Und wenn du der Meinung bist, du willst diesen Weg gehen, dann gehst du ihn. Ich werde dir, wenn ich eine andere Meinung habe, dies mitteilen. Aber einerlei, wie du dich entscheidest, ich werde das auf jeden Fall mittragen. Natürlich weiß ich, was das bedeutet. Aber ich denke, deine Gesundheit ist das Wichtigste. Alles andere findet sich.“
Er hat nichts anderes erwartet, schließlich kennen wir uns lange genug. Und er weiß, wenn ich etwas sage, dann meine ich das auch so. Ich halte nichts davon, zu lügen oder „schön zu reden“. Peter geht also zu dem Arzt, erklärt ihm, wozu er sich entschieden hat und sofort vereinbart der Arzt einen Termin in der Klinik für eine OP.
Wir sind überhaupt nicht aufgeregt, als er in die Klinik geht. Natürlich bringe ich ihn, helfe ihm, seine Sachen zu verstauen, will ja auch sein Zimmer sehen. Er meldet sofort ein Telefon an und dann gehe ich, denn ich hasse Krankenhäuser, gleich welcher Art. Alleine der Geruch macht mi ch nervös. Wann immer ich selbst in einer Klinik bin, habe ich stets das Gefühl, ich bin in einem Gefängnis. Man kann nicht raus, ist wie festgenagelt. Und man ist den Ärzten so ausgeliefert! Man muss sich darauf verlassen, dass sie wissen, was sie tun. Das alles ist nicht so mein Ding. Auch Besuche in einem Krankenhaus, die ich mache, mag ich nicht. Nie weiß man, was man sagen soll. Letztendlich bleibt die Frage, wie das Essen ist. Und im Grunde interessiert auch das nicht. Man ist in einem Krankenhaus, nicht in einem Hotel. Man macht hier nicht Urlaub. Dennoch versteht es sich von alleine, dass Peter und ich täglich miteinander telefonieren und ich ihn jeden Tag besuche. Die OP ist auch kein Problem für ihn. Und er geht fest davon aus, dass er nach einer Woche wieder daheim ist. Die anschließende Reha ist auch schon genehmigt. Aber es kommt dann doch ein klein wenig anders als gedacht.
Er wird wohl entlassen, soll zwei Tage daheim sein, bevor es in die Reha geht. Am Morgen vor der Abreise hat er Schmerzen. Nun ist Peter nicht der Mensch, der viel jammert. Er tut das als ganz normale Schmerzen ab, wie man sie eben nach einer OP hat.
„Wird schon wieder“, sagt er und macht sich auf den Weg.
Sein Sohn Thomas hat sich bereit erklärt, ihn in die Reha zu fahren. Das gibt den beiden auch Gelegenheit, mal unter vier Augen zu reden. Als er dort ist, sein Zimmer in Beschlag genommen und sein Telefon hat, meldet er sich bei mir, um mir die Nummer durchzugeben. Es versteht sich immer von selbst, dass ich ihn anrufe, schon wegen der Kosten. Schließlich sind wir, bzw. leben wir in Schwaben. Wir sparen, wo es geht. Lediglich, wenn etwas sehr Dringendes ist, ruft auch er mal an. Meistens gehe ich dann gar nicht an den Apparat, sondern warte, bis er aufgelegt hat und rufe umgehend zurück. Das Haus und vor allen Dingen, das Zimmer ist sehr schön. Als ich ihn frage, wie es mit seinen Schmerzen ist, tut er dies ab, „schon vergessen“. Natürlich spürt er sie noch, aber es ist schon besser.
„Kein Grund zur Sorge.“
Ich freue mich für ihn und hoffe, dass er eine schöne Zeit hat.
Am kommenden Morgen klingelt das Telefon. Ich gehe ahnungslos ran und es ist Peter.
„Bitte rege dich nicht auf, aber ich bin schon wieder in Pforzheim in der Klinik.“
Die Ärzte in der Reha haben ihm mitgeteilt, dass etwas nicht stimmt. Die Schmerzen sind auch immer heftiger geworden, sodass er sich an eine Schwester gewandt hat, um eventuell ein Schmerzmittel zu bekommen. Diese Schwester jedoch hat sofort einen Arzt benachrichtigt, der Peter, nach einer kurzen Befragung und einer Untersuchung, mitteilt, dass eine Naht an der Operationsstelle wohl nicht dicht ist und deshalb Flüssigkeit der Lymphe in den Bauchraum läuft, was die Schmerzen
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