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Die Zweitfrau

Die Zweitfrau

Titel: Die Zweitfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriele Ploetz
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setzt sich zu mir, nimmt auch mich in den Arm und flüstert:
    “Ach Lena, es tut mir so leid für dich. Es tut mir auch leid für Marcel. Er wird ohne Opa aufwachsen müssen. Ich selber habe Papa ja viele Jahre gehabt, aber ich hätte mir gewünscht, dass er und sein Enkel noch viel Zeit miteinander verbringen können.“
    Wir weinen beide und auch Theo hat Tränen in den Augen. Es wird noch viel geweint an diesem Nachmittag, aber als wir wieder nach Hause fahren, sind sowohl Peter als auch ich erleichtert. Nun teilen wir die Angst, das Wissen mit anderen, uns wichtigen Menschen.
    Peter hat natürlich, wie es ja seine Art ist, sämtliche Unterlagen parat, als Herr Schneider von der BG kommt. Bei diesem Gespräch möchte ich nicht anwesend sein, Peter hält das auch nicht für notwendig. Es ist seine Sache, nicht die meinige. Ich bin also oben in meinem Zimmer und arbeite am Computer. Es dauert gar nicht lange, da höre ich Peter schreien. Peter schreit sehr selten, eigentlich nie, aber da ist irgendetwas los, was ihn so ärgert, dass er aus der Haut zu fahren droht. Ich gehe bis zum Treppenabsatz und lausche, aber sehr schnell hat er sich wieder beruhigt. Und so ziehe ich mich wieder ins Zimmer zurück und warte, lausche mit einem Ohr und arbeite weiter.
    Als Herr Schneider gegangen ist, kommt Peter nach oben.
    „Was war denn los?“, frage ich ihn.
    Sein Gesicht ist angespannt, als er mir erklärt, dass „der Herr“ nun anfangen würde, alles zu überprüfen. Er wird mit der Firma in der Peter 50 Jahre lang gearbeitet hat, Kontakt aufnehmen, will Nachweise über seine Tätigkeit, Aussagen von Vorgesetzten und vieles mehr. Kurzum, obwohl Peter alles vorlegen kann, genügen diese Angaben Herrn Schneider nicht. Er muss direkt nachfragen. Das dauert natürlich ein wenig, hat er Peter mitgeteilt. Und da ist Peter ausgeflippt und hat eben angefangen zu schreien.
    „Hoffentlich erlebe ich das noch, dass der alle Unterlagen zusammen hat“, ist seine Befürchtung.
    Er ist stocksauer und will zunächst nichts mehr hören von der Sache. Gleichzeitig jedoch lauert er darauf, dass sich die Klinik in Essen endlich meldet. In dieser Richtung geschieht jedoch nichts. Wir hören einfach nichts. Ich bemerke bei ihm eine Haltung, die ich nicht kenne. Es scheint fast so, als habe er das Gefühl, er sei „es nicht wert“, dass man sich meldet. Das kann und will ich nicht zulassen. Nach einigen Tagen ermuntere ich Peter, dem die Sorge ins Gesicht geschrieben steht, deshalb in Essen anzurufen. Zunächst will er das nicht, aber als sich auch am nächsten Tag nichts tut, ruft er doch dort an. Und das ist gut so. Denn dort hat noch niemals jemand von ihm gehört. Irgendetwas ist gründlich schiefgelaufen. Also beginnt Peter am Telefon von seinen Befunden zu berichten, so gut er kann. Er wird verbunden, wieder hört sich jemand alles an, dann wird er wieder verbunden, erzählt erneut von vorne und wird nochmals verbunden. Es scheint ewig zu dauern und ich merke, dass er immer gereizter wird. Aber bevor er wirklich richtig böse wird, hat er endlich jemanden an der „Strippe“, der konkrete Aussagen macht und so kommt es - oh Wunder - dass er einen Untersuchungstermin bekommt.
    Peter will, dass ich ihn begleite, was für mich selbstverständlich ist. Diesen Weg lasse ich ihn nicht alleine gehen.
    Meine Freundin Elke wohnt in der Nähe der Klinik. Nun ja, es liegen noch etwa 100 km zwischen ihrem Zuhause und Essen, aber das ist im Vergleich von uns zu Hause doch wenig. Ich rufe sie an, erzähle ihr alles und sie sagt ganz spontan:
    „Mein Haus ist dein Haus.“
    Ich bin gerührt, schlucke meine Tränen hinunter und nehme das Angebot gerne an.

Kapitel 6

    Knappe zwei Wochen später, am 30.11.2009, machen wir uns auf den Weg nach Essen. Das Wetter ist bis dahin mild gewesen. Nichts deutet darauf hin, dass es Winter ist. Aber pünktlich zu unserer Abfahrt wird es bitterkalt. Es friert in der Nacht zuvor und wir müssen morgens wirklich zeitig losfahren. Mir wird ein wenig flau im Magen bei dem Gedanken an die lange Fahrt. Es sind immerhin weit über 500 km und das bei dem Wetter! Aber all das hilft nichts. Wir stehen also auf, nehmen noch ein kleines Frühstück zu uns und starten. Anfangs geht es gut, aber natürlich wird es, je weiter die Zeit voranschreitet, schlimmer. Der Verkehr verdichtet sich im Berufsverkehr und die Fahrt dauert relativ lange. Es ist mit Elke ausgemacht, dass wir die erste Nacht, bevor Peter seinen Termin in

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