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Die Zweitfrau

Die Zweitfrau

Titel: Die Zweitfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriele Ploetz
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nächsten Morgen muss meine Freundin wieder arbeiten gehen. Ich bin mir also selbst überlassen. Zunächst rufe ich bei Peter an. Man hat tatsächlich am Tag zuvor noch Blutuntersuchungen gemacht. Er ist guter Dinge, dass sich heute wieder etwas tun wird. Ich sage ihm, dass ich am Nachmittag komme, um ihn zu besuchen. Vielleicht gibt es bis dahin etwas Neues.
    Es gibt nicht viel für mich zu tun. Ich telefoniere mit meiner Schwester, schreibe Peters Kindern E-Mails, dass wir gut angekommen und bereits Untersuchungen gemacht wurden. Und natürlich teile ich ihnen die Rufnummer von Peter mit.
    Schon um 13.00 Uhr treibt es mich aus dem Haus. Da ich keine Ruhe finde, kann ich genauso gut nach Essen fahren. Es ist ja doch noch eine relativ lange Fahrt und ich bin mir nicht sicher, wie heftig der Verkehr auf der Autobahn sein wird. Und auf keinen Fall soll Peter auf mich warten. Es ist kalt, aber sehr sonnig, worüber ich froh bin. Der Verkehr ist erträglich und ich finde auch ohne Probleme wieder zur Klinik. Die Parkplatzsuche gestaltet sich als sehr schwierig. Aber letztendlich finde ich eine Lücke und stelle das Auto ab. Noch immer wirkt die Klinik auf mich bedrohlich. So eilig ich es gehabt habe, hierher zu fahren, so langsam wird nun mein Schritt. Es ist mir nicht wohl, mein Magen rebelliert und ich bekomme ein wenig Atemnot. Hoffentlich erwarten mich keine allzu schlechten Nachrichten.
    Peter freut sich sehr, als ich sein Zimmer betrete. Er liegt im Bett, hat gegessen, ein wenig geschlafen und dann gelesen. Nun steht er auf, umarmt mich, wir drücken uns fest und dann sagt er:
    „Ich lade dich jetzt ein. Hier im Haus gibt es eine sehr schöne Cafeteria und die haben Kuchen, der sieht lecker aus und schmeckt auch so. Und du musst mal etwas essen. Du wirst immer magerer.“
    Natürlich habe ich seit der Diagnose abgenommen. Es fällt mir an vielem auf, am meisten natürlich an meiner Klei dung. Aber das scheint mir nicht der Rede wert zu sein. Da ich jedoch immer für Süßigkeiten zu haben bin, willige ich ein.
    Es gibt einen Aufzug, dessen Nutzung Peter jedoch ablehnt. Er will laufen, denn „etwas Bewegung kann nicht schaden“ das ist seine Einstellung. Mir macht es nichts aus und so nehmen wir die Treppen. Ich bin erstaunt, wie viele Leute uns hier entgegenkommen. Und nicht ein einziger Besucher ist darunter. Alles Patienten, die entweder kurz vor einer OP stehen, oder aber diese schon hinter sich haben. Es macht allen sehr viel Vergnügen, laufen zu können. Dass der eine oder andere dabei ein Sauerstoffgerät mit sich herumtragen muss, macht nichts aus. Die Hauptsache ist, man kann sich wieder selbstständig bewegen.
    In der Cafeteria dasselbe. Viele Patienten, einige davon winken Peter schon zu - er ist am Morgen hier gewesen und hat sich eine Tageszeitung geholt. Und wie das in Kliniken so ist, ist er sofort mit anderen ins Gespräch gekommen und hat bereits „Erfahrungsberichte“ gesammelt. Ich nicke den Menschen freundlich zu, bin innerlich jedoch ein bisschen schockiert. Soviel Elend, soviel Leid. Das ist in einem Krankenhaus nicht unüblich, aber hier, in einer Klinik, die sich mit dem Thorax-Bereich befasst, kann das ganz schön die Stimmung belasten. Dennoch, ich sehe überall hoffnungsvolle Gesichter. Es wird an den Tischen viel gelacht. Es wird auch geweint, wer versteht das nicht?! Und überall kann ich beobachten, dass die „Kranken“, die „Gesunden“ trösten. Es ist beklemmend. Es ist mir fast ein wenig peinlich gesund zu sein. Völliger Blödsinn natürlich, aber man macht sich doch so seine Gedanken, wenn man gesund ist und eigentlich immer ein wenig einen Grund findet, um zu jammern. Diese Menschen hier haben Grund dazu und tun es nicht.
    Der Kuchen ist wirklich gut und auch der Kaffee kann sich sehen lassen. Peter und ich unterhalten uns. Seine Kinder haben bereits angerufen, lassen Grüße und Dank an mich ausrichten, weil ich mich so schnell bei ihnen gemeldet und die Telefonnummer durchgegeben habe. Am Morgen ist bei Peter wohl ein Lungentest gemacht worden. Mehr ist noch nicht geschehen. Und es steht heute auch nichts mehr an, denn es ist OP-Tag hier in der Klinik. Peter fragt, wie es meiner Freundin geht, ich erkundige mich, wie sein Bettnachbar ist. So gut es geht, versuchen wir so zu tun, als bestehe überhaupt kein Grund zur Sorge. Er erzählt mir lediglich, dass die Stationsärztin ihn gefragt hat, was er eigentlich hier will. Das finde ich schon ein wenig herb. Aber Peter

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