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Die Zwerge

Die Zwerge

Titel: Die Zwerge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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besonnen, um keinen Beweis seiner schändlichen Tat zu liefern. Balendilín nahm seine Sachen an sich. Noch einmal wird es euch nicht gelingen.
     
     
    Das Geborgene Land, Königreich Sangreîn im Jahr
des 6234sten Sonnenzyklus, Frühherbst
     
    D er Herbst zeigte der Wanderschar, dass man zumindest nachts nicht mehr mit ihm spaßen konnte. Sie gelangten zwar in den Süden und in die ersten kargen Ausläufer von Königin Umilantes Wüstenreich, aber trotz des feinen Sandes, der ihnen unablässig ins Gesicht wehte, war es keineswegs warm.
    Sobald die Sonne ihren Umlauf beendete und die Dunkelheit hereinbrach, sanken die Temperaturen empfindlich, was dazu führte, dass Andôkai gegen den Willen der Zwillinge auf einem großen Feuer bestand. Boëndal vertrat die Ansicht, dass es die Orks und anderes Gesocks anlockte. So kurz vor dem Eintreffen ins Zweite Zwergenreich wollte er nichts mehr riskieren und das Leben des Thronanwärters um keinen Preis in Gefahr bringen. Selbst Boїndil gab seinem Bruder schweren Herzens Recht, doch das hinderte die Maga nicht daran, die Scheite eigenhändig in die Flammen zu legen.
    Als sie ungefähr acht Umläufe vom Eingangstor der Festung entfernt waren, gönnten sie sich eine Unterkunft in einem Wüstendorf, welche an einem kleinen, beschaulichen See gelegen war. Entsprechend vielfältig und gut blühte der Handel.
    Zahlreiche Kaufleute, die aus der Festung Ogertod kamen, wo sie mit den Zwergen Tauschgeschäfte betrieben, gönnten sich und ihrem Tross eine letzte Pause, bevor sie die langen Strecken durch die öde Landschaft Sangreîns antraten. Nach dieser Siedlung begegneten ihnen weiter nichts als Steine oder Wegelagerer.
    »Keine Sorge. Die Menschen hier schätzen uns Zwerge, denn wir stehen für gute, solide Waren, mit denen man auf anderen Märkten hohe Gewinne erzielen kann«, erklärte Boëndal.
    Tungdil bemerkte an den Blicken der Menschen, dass sie nur deshalb etwas Außergewöhnliches waren, weil Djer_n sie wie ein wandelnder Turm aus Eisen begleitete. Kinder standen staunend um den Krieger herum, der den Trubel mit enormer Gelassenheit ertrug. Er kannte die Aufregung um seine Erscheinung zur Genüge.
    Wanderer fanden in Zelten am Ufer des Sees eine Unterkunft. Ganz nach Bedarf des Reisenden waren diese Zelte aus Holz und Leinen beliebig erweiterbar, und mithilfe von Zwischenböden ließen sich sogar zweistöckige, hausähnliche Gebilde errichten.
    Weil der Krieger der Maga in kein gewöhnliches Zelt passte, ließen sie ein zweistöckiges errichten und verzichteten auf den Zwischenboden. Sie zogen sich vor dem auffrischenden Wind in den Schutz der Stoffwände zurück und entfachten in einer Nische ein kleines Feuer, um sich Tee zuzubereiten.
    »Ich freue mich sehr und bin aufgeregt«, gestand Tungdil, während er an dem heißen Getränk nippte. »Bald werde ich meinen Stamm und meinen Clan treffen.«
    »Ich kann dich verstehen«, meinte Boëndal und sah ihn freundlich an. »Mittlerweile dürfte es der Rat der Zwerge vor Neugier kaum noch aushalten. Sie mussten lange auf dich warten.«
    »Tee!«, rief sein Bruder angewidert dazwischen. »Bei Vraccas! Das trinke ich nicht«, beschied er und stand auf. »Ich sehe mal nach, ob ich in diesem seltsamen Dorf ohne gescheite Wände irgendwo einen leckeren Schluck Bier auftreiben kann.« Sprach’s und verschwand aus dem Zelt.
    »Was ist so Besonderes an dir, dass man eine Eskorte aussendet, die dich ins Reich des Zweiten bringt?«, fragte Andôkai, die über den ausgebreiteten Büchern brütete. Der Brief lag auseinander gefaltet auf ihrem Oberschenkel. Bislang hatte es sie nicht gekümmert, welche Aufgabe die Zwillinge hatten und warum Tungdil von seinem Volk gesucht wurde.
    Der Zwerg zögerte. »Man möchte mich etwas fragen«, antwortete er ausweichend. »Es kann Euch egal sein. Ihr werdet das Geborgene Land ohnehin verlassen.«
    Die Maga hob den Kopf; sie staunte über den forschen Ton. »Damit habe ich mir wohl dein ewiges Missfallen eingehandelt, oder? Sollte deine Bemerkung hingegen ein Versuch sein, mich bei meiner Ehre zu packen und auf diese Weise zum Bleiben zu bewegen, so spare es dir. Deine Worte verfehlen ihr Ziel.«
    Boëndal hob hilflos die Augenbrauen.
    Tungdil ärgerte sich über die Gleichgültigkeit der Maga. Ihm stand im Grunde viel Schlimmeres bevor. Er fand sein Volk wieder und kehrte zu ihm zurück, um höchstwahrscheinlich mit ihm unterzugehen, falls sich in den Büchern Goréns nicht irgendetwas verbarg, das

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