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Die Zwerge

Die Zwerge

Titel: Die Zwerge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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Nôd’onn aufzuhalten vermochte. Wenigstens würde er an der Seite seiner Verwandten sterben …
    Leise trappelte es gegen die Zeltwände, Regen setzte ein. Die Tropfen drückten den Staub zu Boden und auf die Zelte, wo er wirre Linien auf die Leinwand zeichnete. Das war für die Wüstenei Sangreîns im Herbst nichts Ungewöhnliches. Nässe und Trockenheit wechselten einander ab, was den Anbau von Getreide durchaus ermöglicht hätte, doch in der kargen Erde gedieh nichts. Nur an wenigen Stellen sprossen Halme und Bäume, die von den Besitzern eifersüchtig gehütet wurden.
    Unvermittelt wurde die Abdeckung des Eingangs zur Seite gefegt, und eine Gestalt in einem Umhang drang ungebeten in ihre Behausung.
    Djer_n erwachte wie eine lebendig gewordene Statue aus seiner Starre. Die gepanzerte Linke langte nach dem Zweihänder, die Rechte fasste nach, und schon schnellte der Krieger in eine kniende Position; die Schneide seines Schwertes pfiff durch die Luft und zielte auf die Kehle des Besuchers.
    »Nein«, rief die Maga laut, und augenblicklich verharrte der Krieger.
    »Verzeiht«, stammelte der vor Angst zitternde Mann, der ein Fass in beiden Händen trug. »Das hier sollte ich euch bringen. Ich wollte keinesfalls stören.« Er verneigte sich, stellte das Fass eilig auf den Boden und rannte hinaus, um nicht doch noch Opfer des Kriegers zu werden.
    »Nicht schlecht«, zollte der Zwilling Djer_n seinen Respekt. »Für einen Gerüsteten ist er so schnell, dass es fast nicht mit rechten Dingen zugehen kann.«
    Der Krieger setzte sich wieder im Schneidersitz auf den Boden; weder er noch seine Herrin reagierten auf die Bemerkung des Zwerges.
    Aber der gab nicht auf. »Mein Bruder und ich haben uns bislang nicht weiter um den Riesen gekümmert, aber wenn er mit Euch zusammen durch die Hohe Pforte möchte, muss er den Wachen sein Gesicht zeigen und seine Herkunft offenbaren.«
    »Das sind eigenartige Vorschriften«, befand Andôkai. »Was gehen die Zwerge die Gesichter derer an, die das Land verlassen wollen?« Ihre Stimme klang gereizt, sie hatte die ständigen Unterbrechungen satt. »Kümmert euch um die Verteidigung, nicht um diejenigen, die hinauswollen.«
    »Es wird keine Kreatur Tions lebend in das Reich des Zweiten gelangen«, entgegnete der Zwerg mit Nachdruck. »Egal von welcher Seite.«
    »Er ist ein gestreckter Mensch …«, versuchte es Tungdil.
    »Ich habe das Spiel bislang mitgemacht, damit wir in Ruhe reisen können. Doch bald sind wir im Blauen Gebirge. Es ist das Gesetz unseres Volkes, dem sich die Reisenden zu beugen haben. Niemand hindert dich, einen anderen Weg durch das Gebirge zu suchen; aber durch unser Reich wirst du nicht laufen, wenn sich unter dem Helm etwas verbirgt, das unser Feind sein könnte«, beteuerte Boëndal grimmig.
    »Wir werden sehen«, nickte die Maga.
    »Heißt das, es ist eine Ausgeburt des Bösen, die dich begleitet? Die uns begleitet?«, rief er bestürzt.
    »Das habe ich nicht gesagt. Aber was, wenn es so wäre? Mein Gott Samusin verbietet es mir nicht.«
    »Samusin? Den Namen dieses Gottes höre ich nicht gern.« Das Gesicht des Zwerges verfinsterte sich. Langsam stand er auf, und seine Hand griff nach dem langen Stiel des Krähenschnabels. »Was verbirgt sich hinter dem Visier?«
    »Nun habe ich aber genug!«, entfuhr es Andôkai, während sie das Buch zuklappte, dass es knallte. »Selbst wenn Nôd’onn persönlich in der Rüstung steckte oder ein böser Geist oder ein Oger, so ginge es dich nichts an, Zwerg!« Nun zeigte die Maga, weshalb sie die Stürmische genannt wurde. »Er reist als mein Begleiter, und im Gegensatz zu dir und deinem Bruder benimmt er sich tadellos! Er stinkt nicht einmal wie ein Stallbock, was man von euch Zwergen nicht behaupten kann!« Ihre blauen Augen blitzten wütend; sie warf die blonde Haarsträhne, die ihr ins Antlitz gefallen waren, mit einer energischen Bewegung nach hinten. »Er wird sein Gesicht zeigen, wenn es ihm passt. Und wenn es dir nicht passt, tut es mir nicht einmal Leid.« Sie deutete nach rechts. »Übrigens gibt es da vorn ein Badehaus, das ich dir ans Herz legen möchte. Es ist ein Wunder, dass die Vögel nicht tot vom Himmel fallen, wenn ihr auftaucht.«
    Sie schenkte ihnen einen kalten Blick, ehe sie sich ein anderes Buch nahm und es kraftvoll aufschlug.
    In der darauf folgenden Stille hörten sie rasche Schritte, die sich ihrem Zelt näherten, und kurz darauf stand Ingrimmsch im Eingang.
    »Spitzohren! Es sind Spitzohren

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