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Die Zwerge

Die Zwerge

Titel: Die Zwerge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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abgeblieben wäre. Zu seinem Schrecken sprang ein weiterer Alb von einem Karren und landete genau vor seinen Füßen. Rote Handschuhe, langer, schmaler Speer und goldene Haare … Sinthoras! Es war einer der beiden, die er damals bei den Orks vor Gutenauen belauscht hatte. Er sagte etwas zu ihm.
    »Sprich deutlich«, forderte Tungdil ihn bockig auf. Die Angst wich der Aufsässigkeit seines Volkes, und der Zwerg weigerte sich, vor dem Wesen zu kapitulieren.
    »Sieh mich an. Dein Tod heißt Sinthoras«, flüsterte der blonde Alb mit sanfter Stimme. »Ich nehme dir das Leben, wie ich es allen Unterirdischen genommen habe, denen ich begegnet bin.«
    »Du irrst. Vraccas steht mir bei wie damals in Grünhain, als wir eine von euch vernichteten«, erwiderte Tungdil grimmig. Er wollte nicht länger warten, bis sich das Spitzohr zu einer Attacke entschied. »Für Lot-Ionan und Frala!«, rief er und drosch zu.
    Sinthoras lachte und wich den mit Eifer, aber mit wenig Vernunft geführten Axtschlägen gewandt aus. Er begriff sofort, dass er es mit einem unerfahrenen Kämpfer zu tun hatte und gönnte sich den Spaß, sein Opfer zu quälen, bevor er es tötete.
    Der Spieß mit der langen, dünnen Spitze bohrte sich schmerzhaft, aber nicht tief zwischen den Kettenringen und der Kleidung darunter hindurch und traf Tungdils linke Schulter. Der Stich reizte den Zwerg; wütend ging er gegen den Alb vor, ohne zu merken, dass sein Gegner nur mit ihm spielte.
    Dabei lockte Sinthoras ihn immer weiter von seinen Begleitern weg und tiefer ins Gewirr der Zelte hinein. Der Alb tänzelte über die gespannten Schnüre und an den Pflöcken vorbei, während Tungdil immer wieder ins Stolpern geriet und alle Mühe hatte, nicht das Gleichgewicht zu verlieren.
    Die Angriffe des Speers kamen zu schnell, als dass er sie mit der Axt hätte parieren können. Mal stand Sinthoras vor ihm, im nächsten Moment spürte er einen Stich im Rücken; Blut sickerte aus den vielen kleinen Wunden, die verteufelt brannten.
    Erst als Tungdil sich kurz umdrehte und seine Begleiter und sogar Djer_n vor lauter Stoffbahnen und Masten nicht mehr sah, bemerkte er seinen Fehler. Doch auch von Sinthoras fehlte plötzlich jede Spur; der Alb liebte es, sein tödliches Spiel zu treiben.
    Die Menschen in der Oase kämpften mit dem Mut der Verzweiflung und der Gewissheit, keine Gnade von den Orks erwarten zu dürfen, während die Bestien alles daran setzten, die Güter der Händler und deren Fleisch zwischen die Zähne zu bekommen.
    Die ersten Zelte stürzten zusammen und fingen Feuer. Das Wasser des Sees spiegelte die Flammen und die Grausamkeiten verzerrt wider, bis zu viele Wellen seine Oberfläche kräuselten.
    »Wo bist du?« Verdammt, gegen einen Ork zu kämpfen ist einfacher. Tungdil beschloss, sich auf dem kürzesten Weg zurück zu den anderen zu machen, falls der Alb das zuließe.
    Sinthoras aber ließ es nicht zu.
    »Du hast mich gerufen?« Wie aus dem Nichts tauchte er in Tungdils Rücken auf und rammte ihm den Speer mit Wucht in die rechte Schulter.
    Der Zwerg glaubte zu spüren, wie etwas in seinem Arm riss; schon fühlte er sich an, als bestünde er aus flüssigem Feuer. Die Hand öffnete sich, und die Axt schlug auf den Boden.
    Sein Gegner zog ihm die Beine unter dem Leib weg, sodass er mit dem Gesicht voraus stürzte, und schwang sich auf ihn. Einige Ringe des Kettenhemds klingelten leise, als der Alb die lange Speerspitze von hinten auf der Höhe des Herzens einfädelte.
    »Ich gab dir das Versprechen, dein Tod zu sein«, wisperte er in Tungdils Ohr. »Ihr hättet das Buch in Grünhain lassen sollen, dann wäre euch nichts geschehen.«
    »Was ist mit dem Buch?«, ächzte Tungdil. »Sag es mir, ehe du mich tötest.«
    Der Alb lachte. »Ihr wisst nicht einmal, was ihr die ganze Zeit über mit euch herumgetragen habt? Bei Tion, so einfältig können nur Unterirdische sein.« Er dachte nach. »Es ist unglaublich wertvoll. Du könntest für eine Silbe des Geheimnisses einen Sack Gold verlangen und dich zum reichsten Wesen des Geborgenen Landes machen. Oder du würdest das Geheimnis selbst anwenden und zu einem Helden erwachsen, wie ihn die Welt nicht kennt. Du hattest den Schlüssel zu Großem in der Hand.« Der Druck der Waffe nahm zu. »Ich finde den Gedanken, dich in diesem Wissen sterben zu lassen, überaus reizvoll«, sprach er sanft, aber voller Boshaftigkeit.
    Sinthoras wechselte in seine Albaesprache und murmelte Worte, die der Zwerg zwar nicht verstand, die ihm

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