Die Zwillingsschwestern
Gerichtsschreibers bei meinem Bericht sträuben.
Ich
rief im Büro an und vernahm die schweflige Stimme des weiblichen Ungeheuers.
Mit knappen Worten machte ich ihr klar, daß ich mit Sergeant Polnik sprechen
wollte, und wenige Sekunden später ertönte der vertraute Whisky-Bariton.
»Schon
was aus San Francisco wegen Thelma Davis gehört?« fragte ich.
»Selbstverständlich,
Leutnant«, entgegnete er stolz. »Ich hab’s hier.«
»Was
steht darin?«
»Soll
ich es Ihnen vorlesen?«
»Sagen
Sie mir einfach, was drinsteht«, sagte ich verdrossen.
»Sie
wohnt in einer Pension«, gab Polnik langsam und deutlich durch. »Die letzten
beiden Tage hat sie sich dort nicht mehr sehen lassen, und sie haben auch
niemanden gefunden, der sie während dieser Zeit gesehen hat. Sie ist als
Stenotypistin irgendwo angestellt, aber auch an ihrem Arbeitsplatz ist sie seit
ein paar Tagen nicht mehr aufgetaucht.«
»Vielleicht
ist sie ihrem Mann nach Pine City gefolgt«, sagte ich. »Sie fangen am besten
gleich wieder an, die Hotels und Motels anzurufen.«
»Ich
verstehe immer nur Hotels«, sagte Polnik erbittert. »Wann kriege ich endlich
Frauenzimmer zu sehen?«
»Finden
Sie Thelma, und ich lass’ Sie einen Blick auf das Mädchen werfen«, versprach
ich ihm großzügig.
»Okay,
Leutnant«, sagte er niedergeschlagen. »Wo kann ich Sie erreichen, falls ich sie
finde?«
»Draußen
in Gottes freier Natur«, sagte ich mißvergnügt. »Wo die Männer noch echte
Männer sind und die Klapperschlangen sich einen Dreck drum scheren.«
»Ist
gut, Leutnant«, sagte er mit gekünsteltem Humor. »Kann ich Sie dort draußen
telefonisch erreichen?«
»Sie
brauchen nicht anzurufen«, belehrte ich ihn. »Ich rufe Sie an.« Dann hängte ich
ein.
El
Rancho de los Toros war eine freundliche, einladende Oase am
Rande des beginnenden Wüstenlandes. Den Eindruck der freundlichen Oase
vermittelten weniger die Palmen als das in der Sonne blitzende Chrom der
Cadillacs und der Kombiwagen, die vor dem Gebäude parkten.
Es war
kurz nach eins, als ich den Healy zwischen zwei Kombiwagen stellte. Ich fühlte
das Verlangen nach einem Drink. Außerdem fühlte ich mich hier deplaciert mit
meinem blauen Anzug und der Krawatte. Ich hätte wenigstens einen Stetson auf
dem Kopf und an den Schuhen klingelnde Sporen tragen müssen.
Ich
schlich mich durch einen Schwarm von wie aus dem Ei gepellten Cowboys und
Cowgirls, die sich vor dem Gebäude die Zeit vertrieben, und hoffte unbemerkt zu
bleiben. Ich hatte Glück. Die meisten waren zu sehr damit beschäftigt, zu
erörtern, ob sie vor dem Essen noch diesen einen Martini trinken oder ob sie
gleich essen sollten, um anschließend den Nachmittag damit zu verbringen, das
weite offene Land durch die Fenster ihrer Autos zu betrachten.
Die Bar
war bis ins kleinste eine Nachbildung dessen, was man sich unter einer Bar aus
dem alten Wilden Westen so vorstellt.
Auch die Sägespäne auf dem Fußboden fehlten nicht. Ich paßte mich der Umgebung
an und schaute mich nach einem Spucknapf um, aber ich mußte feststellen, daß
eine Ferienranch ihre eigenen Grundsätze hat.
Nachdem
ich mir an der Bar rasch die Kehle befeuchtet hatte, ging ich zum Empfang. Der
Bursche hinter dem Pult war sehenswert. Ich war mir allerdings nicht ganz ‘
sicher, in weicher Richtung. Ein fettes Kerlchen mit einer großen, randlosen
Brille und einem Schnauzbart, dessen Spitzen zu beiden Seiten seines Mundes
traurig herabhingen. Er trug ein großkariertes Hemd mit aufgenähten Taschen und
ein Paar enge Hosen, deren Beine in auf Hochglanz polierten gelben Stiefeln
steckten. Um die Hüften hatte er einen Revolvergurt mit einer großen silbernen
Schnalle geschlungen, und in dem Holster an seiner rechten Hüfte steckte ein
Spielzeugrevolver, dessen Griff mit Perlmuttimitation eingelegt war.
Ich
betrachtete mir den Stern genauer, der an seiner Brust steckte, und sah, daß
ich schon richtig gelesen hatte. Das Wort Portier war in das Metall eingraviert. Er
schenkte mir ein von ihm wohl für liebenswürdig gehaltenes Lächeln.
»Willkommen, Fremder«, sagte er mit herzlichem Ton. »Willkommen im El Rancho
de los Toros!« Er streckte mir die Hand über das Pult entgegen. Ich nahm
meine Polizeimarke aus der Tasche und legte sie ihm vorsichtig in die Hand.
Verständnislos
schaute er sie eine Weile an, dann richtete er den Blick auf mich. »Was soll
das sein?« fragte er mißtrauisch. »Ein Scherz?«
»Die
ist echt«, versicherte ich ihm. »Wohnt hier
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