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Die Zwischenwelt (German Edition)

Die Zwischenwelt (German Edition)

Titel: Die Zwischenwelt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Filomena Nina Ribi
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Wasser zu füllen. Nachdem sie den Olivenbaum gegossen hatte, bemerkte sie, dass Sara am Rand des Brunnens stand und hinunterschaute.
    Fiona wurde neugierig: „Was gibt es dort?“
    „Dein Vater Ernst.“
    Fiona blickte hinunter und sah ein Bild auf der Wasseroberfläche gespiegelt. Darauf war Ernst zu sehen und auch sie selbst, wie sie an einem Tisch in einem Restaurant saßen und fröhlich miteinander plauderten. Diese Szene war Fiona bekannt, sie hatte vor nur wenigen Jahren stattgefunden. Sara stand rechts neben Fiona am Brunnen und legte nun ihren Arm um Fionas Schultern. „Schau!“
    Fiona schaute weiter in den Brunnen. „Ja, ich sehe das Bild.“
    „Nein, schau neben dich, zu deiner linken Seite.“
    Links neben Fiona war eine junge Frau erschienen. Es handelte sich um eine ein paar Jahre jüngere „zweite Fiona“. Fiona musterte sie. „Da war ich ja noch gutaussehend“, meinte sie und beide lachten.
    Dann schauten sie alle drei gemeinsam in den Brunnen, auf dessen Wasseroberfläche sich nun ein Film abspielte. Fiona und ihr Vater sprachen voller Enthusiasmus miteinander. Aber plötzlich verdunkelte sich Ernsts Gesicht und er verstummte. Man konnte gut erkennen, wie seine Tochter zuerst noch versuchte, ihn aufzumuntern, bis sie letztlich traurig aufgab und ebenfalls nichts mehr sagte. Dabei stocherte sie mit ihrer Gabel im Teller herum, ohne wirklich viel zu essen; der Appetit schien ihr vergangen zu sein.
    Alle drei Frauen schauten voller Mitgefühl in den Brunnen. Es war ein wichtiger Tag für Fiona gewesen – ihr Geburtstag. Sie hatte die zwei Plätze in einem feinen Restaurant schon Wochen zuvor reserviert gehabt. Sie wollte mit ihrem Vater feiern und erfuhr dann nur wenige Stunden zuvor, dass sie eine große Prüfung nicht bestanden hatte. Alles war gut gegangen bis zu dem Punkt, an dem er nach dem Ergebnis der Prüfung gefragt hatte. Sie hatte ihn nicht anlügen wollen und ihm die Wahrheit gesagt. Die Nachricht, dass sie die Prüfung nicht bestanden hatte, hatte ihn so sehr enttäuscht, dass er für den Rest des Abends fast nichts mehr gesagt hatte. Fiona wäre damals am liebsten im Erdboden versunken. Dann hielt der „Film“ an.
    „Das war nicht fair von ihm“, murmelte die ältere Fiona.
    „Nein, das war sehr verletzend. Und diese Verletzung ist jetzt noch offen“, meinte Sara.
    „Aber er konnte nicht anders. Er war halt so“, erklärte Fiona.
    „Ja, das stimmt“, meinte Sara. „Und das musst du der jüngeren Fiona sagen.“
    Die ältere Fiona schaute die jüngere an. „Es tut mir leid“, sagte sie dann. „Das ist wirklich schlimm gewesen. Aber er konnte nicht anders. Er war so, das war sein Charakter. Dafür kannst du nichts. Er setzte eben seine Maßstäbe der Perfektion auf dich an. Aber wir beide zusammen sind stark, ich bin immer für dich da.“
    Sara machte ein Zeichen, man solle wieder in den Brunnen schauen. Das Bild auf der Wasseroberfläche bewegte sich wieder und der Film lief noch einmal von vorn. Fiona und Ernst saßen im Restaurant und plauderten. Er erfuhr von dem Resultat der Prüfung und verstummte. Nach einigen erfolglosen Versuchen, die Konversation wieder herzustellen, hielt Fiona inne. Und dann sagt sie: „Vater, heute ist mein Geburtstag. Ich habe dich hierher eingeladen, um eine schöne Erinnerung an diesen Tag zu haben. Nein, ich habe die Prüfung nicht bestanden und das ist für mich schon schlimm genug. Es gibt keinen Grund, mich noch zusätzlich dafür zu bestrafen und mir deine Enttäuschung zu zeigen. Ich brauche jetzt deine Unterstützung. Entweder du reißt dich zusammen, wir essen und reden weiter oder ich stehe auf und gehe!“

Zeit, zu gehen
    A ls ich ins Wasser knallte, spürte ich als erstes die lähmende Kälte. Wie ein Pfeil schoss ich tiefer und tiefer, es wurde immer dunkler und der Druck auf den Ohren immer größer – bald würde ich den Boden berühren. Plötzlich kam mein Überlebenswille wieder zurück und ich fing an, wild zu strampeln, um nicht auf dem Boden des Beckens meine letzte Ruhestätte zu finden. Ich schwamm für eine ziemlich lange Zeit nach oben. Die Wasseroberfläche war gut sichtbar, aber es schien, als würde ich sie nie erreichen. Als ich mit dem Kopf endlich an die frische Luft geriet, sog ich sie gierig in meine Lungen. Schnell schwamm ich zum Ufer und kletterte aus dem Wasser.
    „So! Ich habe meine Angst vor diesem Becken überwunden!“
    Es war Zeit, zu gehen und einen neuen Lebensabschnitt anzufangen. Ich

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