Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Zwölf: Band 2 der "Passage-Trilogie" - Roman - (German Edition)

Die Zwölf: Band 2 der "Passage-Trilogie" - Roman - (German Edition)

Titel: Die Zwölf: Band 2 der "Passage-Trilogie" - Roman - (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Justin Cronin
Vom Netzwerk:
Ich hab ’ne Glückssträhne.«
    Dee stand vom Tisch auf. » Ich sollte mal schauen, was die Mädchen treiben.«
    Sie trat aus dem Schatten hinaus. In der Ferne sah sie das Zittern der Maispflanzen, wo die Männer arbeiteten. Sie hob das Gesicht zum Turm und beschirmte die Augen mit der Hand vor der grellen Sonne. Ein geisterhafter Mond, weiß wie der Tag, schwebte neben der Sonne. Das war merkwürdig. Sie hatte so etwas noch nie gesehen. Cruk und Tifty waren beide auf dem Posten, Cruk mit seinem Fernglas und Tifty mit dem Gewehr. Er sah sie und winkte kurz, und das brachte sie durcheinander; es war fast, als wisse er, dass sie an ihn gedacht hatte. Schuldbewusst winkte sie zurück.
    Ein Dutzend Kinder spielte Kickball. Dash Martínez wartete am Abschlag. Werfer war Gunnar, der im Laufe des Nachmittags zum inoffiziellen Babysitter geworden war.
    » Hey, Gunnar.«
    Der Junge– mit seinen sechzehn Jahren eigentlich ein Mann– schaute zu ihr herüber. » Hey, Dee. Spielst du mit?«
    » Ist mir zu heiß, danke. Hast du die Mädchen irgendwo gesehen?«
    Gunnar sah sich um. » Die waren eben noch hier. Soll ich sie suchen?«
    Dee war plötzlich müde. Wo konnten sie hingelaufen sein? Vermutlich könnte sie auf den Turm klettern und Cruk bitten, mit dem Fernglas nach ihnen zu suchen. Aber als sie daran dachte, die Treppe hinaufzusteigen, kam ihr das alles zu anstrengend vor. Alles in allem wäre es einfacher, die Mädchen selbst suchen zu gehen.
    » Nein danke. Wenn sie zurückkommen, sag ihnen, ich möchte, dass sie für eine Weile aus der Sonne gehen.«
    » Gunnar, jetzt wirf schon!«, rief Dash.
    » Moment noch!« Gunnar sah Dee an. » Sie sind bestimmt in der Nähe. Vor ungefähr zwei Sekunden waren sie noch da.«
    » Schon gut. Ich suche sie selbst.«
    Die Blumenwiese, dachte sie– wahrscheinlich waren sie dort. Sie war eher gereizt als besorgt. Die Kinder sollten nicht weggehen, ohne es jemandem zu sagen. Wahrscheinlich war es Nits Idee gewesen. Das Mädchen hatte ständig Unsinn im Kopf.
    Sie hatten noch fünf Minuten.
    Tifty sah von oben zu, wie Dee davonging.
    » Cruk, gib mir das Fernglas.«
    Cruk reichte das Glas herüber. Die Blumenwiese lag an der Nordseite der Stadt und grenzte an den Mais. Anscheinend wollte sie dort hin. Wahrscheinlich wollte sie nur mal für ein Weilchen verschwinden, dachte Tifty, ohne die Kinder und die anderen Frauen.
    Er reichte Cruk wieder das Fernglas, schwenkte das Gewehr über das Feld und richtete das Zielfernrohr dann auf die Baumkulisse.
    » Das glänzende Ding ist wieder da.«
    » Wo?«
    » Gerade vor uns, zehn Grad rechts.«
    Tifty spähte angestrengt durch das Zielfernrohr: ein rechteckiges Objekt in der Ferne, blitzend blank, zwischen den Bäumen.
    » Was zum Teufel ist das?«, fragte Cruk. » Ein Fahrzeug?«
    » Könnte sein. Da ist eine Wirtschaftsstraße auf der anderen Seite.«
    » Da draußen dürfte jetzt aber nichts sein.« Cruk ließ das Fernglas sinken und schwieg einen Moment lang. » Hör doch.«
    Tifty konzentrierte sich. Das Zirpen der Grillen. Das Wispern des Windes an seinem Ohr. Das Plätschern der Bewässerungsanlage. Dann hörte er es.
    » Ein Motor?«
    » Genau das höre ich auch«, sagte Cruk. » Bleib hier.«
    Er stieg die Treppe hinunter. Tifty presste das Auge an das Zielfernrohr. Jetzt sah er es klar und deutlich: einen Sattelschlepper mit einem Frachtcontainer, der mit irgendeinem galvanisierten Metall überzogen war.
    Er griff zu seinem Walkie-Talkie. » Cruk, das ist ein Truck. Auf der anderen Seite der Bäume. Sieht nicht nach DS aus.«
    Das Funkgerät knisterte. » Ich weiß. Schnell.«
    Er sah, wie Cruk unten aus dem Turm kam und auf das Sonnendach zulief, während er Gunnar zuwinkte und ihm signalisierte, er solle die Kinder herüberbringen. Tifty schwenkte das Zielfernrohr über das Feld: die arbeitenden Männer, die Maispflanzenreihen, die Markierungsfahnen für die Hardboxen, die schlaff in der nachmittäglichen Stille hingen. Alles, wie es sein sollte.
    Aber nicht ganz. Etwas war anders. Lag es an seinen Augen? Er hob den Kopf. Ein Schattenstreifen zog über das Feld.
    Dann hörte er die Sirene.
    Er drehte sich zur Sonne um und wusste sofort Bescheid. Es war viele Jahre her, dass er Angst gehabt hatte– nicht mehr seit jener Nacht im Damm. Doch jetzt hatte Tifty wieder Angst.
    Noch eine Minute.
    Vorhees nahm die Lichtveränderung zuerst als plötzliche Eintrübung wahr, als sei die Dämmerung früher als sonst hereingebrochen. Einzelne

Weitere Kostenlose Bücher