Die Zwölf: Band 2 der "Passage-Trilogie" - Roman - (German Edition)
hinterlassen hat, trete ich ihm in den jämmerlichen Arsch.«
Das Absaugen dauerte den ganzen Vormittag. Michael erklärte das Restöl für unbrauchbar und schickte den Laster zu den Abfallbecken zur Verbrennung. Das Ablassen des Bodensatzes war der leichte Teil; das Ausspülen des Tanks war die Arbeit, vor der allen graute. Wasser, das oben in den Turm eingelassen wurde, würde den größten Teil des Residuums– der klebrigen, toxischen Überreste, die beim Raffinationsprozess zurückblieben– hinauswaschen, allerdings nicht alles. Drei Mann würden in Schutzanzügen hineingehen, Boden und Wände schrubben und den Asphaltabfluss durchspülen müssen. Der einzige Zugang war eine Röhre von einem Meter Durchmesser, in der sie sich auf Händen und Knien bewegen mussten. Das nannte man » in den After kriechen«, und Michael fand diese Beschreibung nicht unzutreffend. Er würde einer von den dreien sein; das war keine Vorschrift, sondern seine Auffassung von Arbeitsmoral. Die beiden anderen hatten Pech beim Strohhalmeziehen gehabt.
Der Erste, der den Kürzeren zog, war Ed Pope– der älteste Mann der Crew. Ed war Michaels Ausbilder gewesen; er hatte ihm gezeigt, wo es langging. Drei Jahrzehnte an den Kochern hatten ihren Tribut gefordert: Der Körper des Mannes sah aus wie ein Logbuch der Katastrophen. Drei Finger abgetrennt, als das gebrochene Sägeblatt eines Armierungsschneiders durch die Luft flog. Kopf und Hals auf der einen Seite zu einem rosa Fladen verbrannt bei einer Propanexplosion, bei der neun Männer ums Leben kamen. Er war auf einem Ohr taub, und seine Knie waren so kaputt, dass Michael schmerzlich das Gesicht verzog, wenn er sah, wie er sie krümmte. Michael überlegte, ob er ihn aus dem Spiel lassen sollte, aber er wusste, dass Ed zu stolz war, um so etwas zu akzeptieren, und so sah er zu, wie der Mann zur Baracke ging, um den Schutzanzug zu holen.
Den zweiten kurzen Strohhalm zog Ceps. » Vergiss es, ich brauche dich hier an den Pumpen«, sagte Michael.
Ceps schüttelte den Kopf. Sie waren inzwischen alle ungeduldig und erschöpft. » Zum Teufel damit. Lass es uns einfach hinter uns bringen.«
Sie wanden sich in die Schutzanzüge, schnallten die Atemgeräte um und sammelten ihre Ausrüstung ein: schwere Bürsten an Stangen, Eimer mit Lösungsmittel, lanzenartige Hochdrucksprühgeräte, die mit einem Kompressor verbunden waren. Michael zog die Maske über das Gesicht, verschloss den Bund seiner Handschuhe und überprüfte seinen Sauerstoff. Sie hatten den Turm zwar gelüftet, aber die Luft im Innern war immer noch tödlich giftig– eine Suppe aus Petroleumdämpfen und Sulfiden, die einem die Lunge zu Dörrfleisch verätzen konnte. Michael spürte das deutliche Knacken der Druckveränderung in seiner Maske, schaltete seine Stirnlampe ein und ließ sich auf die Knie nieder, um die Zugangsluke zu öffnen.
» Also los, hombres.«
Er schob sich hinein, ließ sich fallen und landete in eine Handbreit tiefem Schlamm. Ed und Ceps kamen ihm nachgekrochen.
» So eine Sauerei.«
Michael tauchte die Hand in den Brei und öffnete den Asphaltabfluss. Zu dritt fingen sie an, den Bodensatz zusammenzukehren. Die Temperatur im Turm betrug mindestens vierzig Grad. Sie waren schweißgebadet, und die aufgestaute Feuchtigkeit ihres Atems ließ ihre Sichtfenster beschlagen. Als sie das Schlimmste beseitigt hatten, kippten sie das Lösungsmittel aus, schalteten ihre Hochdrucksprüher ein und fingen an, Wände und Boden abzuwaschen.
In ihren Anzügen und durch den Lärm der Kompressoren war es praktisch unmöglich, miteinander zu reden. Sie hatten nur einen Gedanken: Sie wollten fertig werden und hinauskommen. Nach gerade zwei Minuten spürte Michael, dass jemand ihm auf die Schulter tippte. Er drehte sich um und sah, dass Ceps auf Ed deutete. Der Mann stand einfach wie eine Statue mit dem Gesicht zur Wand, und der Hochdrucksprüher baumelte locker an seiner Seite. Michael sah, wie er ihm aus der Hand rutschte, aber Ed schien es gar nicht zu bemerken.
» Da stimmt was nicht mit ihm!«, schrie Ceps durch den Lärm.
Michael ging zu Ed, packte ihn bei den Schultern und drehte ihn zu sich um. Der Mann starrte ihn ausdruckslos an.
» Ed, alles okay?«
Eds Gesicht erwachte erschrocken zum Leben. » Oh, hey, Michael«, sagte er, doch es klang zu munter. » Hey hey, hey hey. Wuuu wuuu.«
» Was sagt er?«, rief Ceps.
Michael strich mit dem Zeigefinger quer über seine Kehle und signalisierte Ceps, er solle den
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