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Die Zwölf: Band 2 der "Passage-Trilogie" - Roman - (German Edition)

Die Zwölf: Band 2 der "Passage-Trilogie" - Roman - (German Edition)

Titel: Die Zwölf: Band 2 der "Passage-Trilogie" - Roman - (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Justin Cronin
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Waschbecken gegangen, um sich die Hände zu waschen. Die, für die Sie si ch gehalten haben, sind Sie nicht mehr. Sie sind Flachländer Nr . 94801.
    Der Sattelschlepper war verschwunden. An seiner Stelle stand ein Fünf-Tonner mit offener Ladefläche. Sara sah die Worte » Iowa National Guard« in einem kreisrunden Siegel auf der Fahrertür– der erste Hinweis darauf, wo sie sich befand. Ein Wärter winkte ihr aufzusteigen; ein zweiter stand vor der Ladefläche, an die Kabine gelehnt, und wirbelte seinen Schlagstock gelangweilt am Lederriemen herum. Mehrere Frauen waren schon da und auch ein paar der Männer. Sie hockten zusammengesunken auf den Bänken, und ihr Blick war benommen nach allem, was passiert war.
    Sie setzte sich neben einen der Männer, einen jungen Offizier, den sie als Lieutenant Eustace kannte. Er war der Späher gewesen, der sie nach Roswell gebracht hatte. Als sie sich auf die Bank sinken ließ, neigte er seinen kahlgeschorenen Kopf zu ihr herüber.
    » Wo zum Teufel sind wir hier?«, flüsterte er.
    Bevor Sara antworten konnte, wurde der Wärter aufmerksam. » Du da«, kläffte er und deutete mit seinem Schlagstock auf Eustace. » Nicht reden.«
    » Wer seid ihr? Warum sagt ihr uns nichts?«
    » Still sein, habe ich gesagt.«
    Sara wusste, was jetzt passieren würde. Es war unausweichlich, der implizite Höhepunkt im Plan dieses Tages, die letzte Demonstration der Machtlosigkeit, die sie noch zu liefern hatten.
    » Ach ja?« Eustaces Gesicht leuchtete trotzig auf, und die letzten Reste seiner Kraft sprühten über seine Lippen. Er wusste, was er herausforderte, aber es war ihm egal. » Fahrt zur Hölle alle miteinander.«
    Der Wachmann machte einen großen Schritt vorwärts, und mit unendlich gelangweilter Miene ließ er seinen Schlagstock auf Eustaces Knie niederkrachen. Eustace krümmte sich vornüber und biss die Zähne unter kaum noch beherrschbaren Qualen zusammen. Niemand rührte einen Muskel. Alle starrten konzentriert zu Boden.
    » Mother… fucker«, keuchte Eustace.
    Der Wärter wirbelte den Schlagstock herum und schmetterte das schwere Ende in einer Rückhandbewegung auf Eustaces Nase. Das feuchte, chitinöse Knirschen klang, als zertrete man ein Insekt, und eine Blutfontäne sprühte dunkelrot im Bogen durch die Luft und spritzte in Saras Gesicht. Eustaces Kopf flog in den Nacken, und seine Augen zitterten in den Höhlen. Er strich mit der Zunge innen unter der Oberlippe entlang und spuckte einen Zahnsplitter aus.
    » Ich sagte… fuck … you.«
    Schlag um Schlag hämmerte auf ihn ein und traf sein Gesicht, seinen Kopf, die knotigen Gelenke seiner Hände. Als Eustace von der Bank kippte, die Augen ins Weiße verdreht, das Gesicht zu Brei zerschlagen, war sein Blut auf sie alle herabgeregnet.
    » Gewöhnt euch dran.« Der Wachmann wischte seinen Stock am Hosenbein ab und ließ den Blick träge über die Gruppe wandern. » So ungefähr machen wir es hier.«
    Als der Lastwagen abfuhr, zog Sara Eustace zu sich heran und legte seinen zerschlagenen Kopf auf ihren Schoß. Der Mann war kaum noch bei Bewusstsein, und sein Atem rasselte in der Kehle. Vielleicht würde er sterben. Es sah ganz danach aus. Trotzdem lag in dem, was er getan hatte, so etwas wie ein Triumph. Sie senkte den Kopf und flüsterte ihm ins Ohr:
    » Danke.«
    Und so, blutgebadet, fing es an.
    » Ein Volk! Ein Führer! Ein Homeland!«
    Wie oft war Sara gezwungen gewesen, diese Worte zu rufen? Nach dem Morgenappell und dem Absingen der Hymne verteilten sich alle auf ihre jeweiligen Transporter. Sara half Jackie hinauf und kletterte selbst hinterher. Sie sah ein neues Gesicht, eins, das sie erkannte: Constance Chou, Old Chous Frau. Sie grüßten einander mit einem knappen Kopfnicken, das war auch schon alles. Was in der Kolonie geschehen war, hatte Sara im Laufe der Jahre stückweise erfahren. Die Geschichte war nicht anders als andere, die sie gehört hatte, und von den Ereignissen in Roswell unterschied sie sich nur graduell. In vieler Hinsicht war es ein größerer Schock, dass es überhaupt so viele andere Inseln der Menschheit gegeben hatte. Als Sara hier ankam, waren die Überlebenden der Kolonie bereits überall im Flachland verstreut. Die Zahl, die Sara hörte, war fünfundsechzig. Wie leicht gingen fünfundsechzig Leute in der Masse auf. Mit den geschorenen Köpfen und identischen Kitteln sahen ja alle gleich aus. Aber ab und zu stach doch ein bekanntes Gesicht hervor. Sie hatte eine Frau gesehen, die Penny Darrell

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