Die Zwölf: Band 2 der "Passage-Trilogie" - Roman - (German Edition)
in dem von Ranken überwucherten Garten, lag ein Swimmingpool voll Schleim.
Die ganze Nacht hindurch hörte Greer die Dopeys, die draußen in den Bäumen unterwegs waren. Sie schwangen sich von Ast zu Ast wie große Affen. Er lauschte ihrem Geraschel im Laub, gefolgt von den schrillen, tierischen Schreien der Ratten und Eichhörnchen und anderen Kleinlebewesen, die ihr Schicksal ereilte. Amys Ermahnung zum Trotz schlief er unruhig mit seiner Pistole in der Hand. Denken Sie nur immer daran. Carter ist einer von uns. Hoffentlich stimmte das.
Am Morgen ging es Amy nicht besser.
» Wir sollten warten«, sagte er.
Schon das Stehen schien ihre ganze Kraft zu erfordern. Sie gab sich keine Mühe, ihr Unwohlsein zu verbergen. Mit beiden Händen griff sie sich an den flachen Bauch und senkte vor Schmerzen den Kopf. Er sah das Beben in ihrem Leib, wenn die Krämpfe hindurchgingen.
» Wir ziehen weiter«, sagte sie mit zusammengebissenen Zähnen.
Sie ritten weiter nach Osten. Die Wolkenkratzer der Innenstadt ragten jetzt vor ihnen auf, jedes Gebäude klar erkennbar. Manche waren eingestürzt. Andere lehnten sich stützend aneinander wie Betrunkene, die aus einer Bar torkeln. Amy und Greer folgten einem schmalen Sandstreifen zwischen zwei grün überwucherten, sumpfigen Wasserläufen. Die Sonne stand hoch und hell am Himmel. Vom Meer angeschwemmte Trümmer fanden sich jetzt auch– Boote und Teile von Booten lagen im Flachwasser, als wären sie erschöpft dort hingesunken. Dort, wo das Land zu Ende war, stieg Greer ab, nahm das Fernglas aus seiner Satteltasche und richtete es über das schmutzige Wasser. Geradeaus vor ihnen, an einem Wolkenkratzer verkeilt, lag ein riesiges Schiff auf Grund. Das Heck ragte unglaublich hoch in die Luft, und die riesigen Propeller waren über der Wasserlinie zu sehen. Auf dem Heck stand, triefend von Rost, der Name des Schiffes: Chevron Mariner.
» Da werden wir ihn finden«, sagte Amy.
Trockenen Fußes würden sie nicht hinkommen können; sie mussten sich ein Boot suchen. Dabei hatten sie Glück. Nachdem sie nur eine Viertelmeile weit zurückgeritten waren, fanden sie ein Aluminium-Ruderboot, das kieloben im Dickicht lag. Der Boden schien in Ordnung zu sein, und alle Nieten waren fest. Greer schleifte es an den Rand der Lagune und schob es ins Wasser. Als es nicht unterging, half er Amy aus dem Sattel.
» Was ist mit den Pferden?«, fragte er sie.
Ihr Gesicht war eine Maske von mühsam unterdrücktem Schmerz. » Wir dürften zurück sein, bevor es dunkel wird, denke ich.«
Er hielt das Boot still, damit Amy hineinsteigen konnte, und kletterte dann auf die mittlere Bank. Ein flaches Brett diente als Paddel. Amy saß im Heck, plötzlich nur noch ein Stück Ladung. Sie hatte die Augen geschlossen und die Arme um den Leib geschlungen, und der Schweiß tropfte von ihrer Stirn. Sie gab keinen Laut von sich, aber Greer hatte den Verdacht, dass sie nur seinetwegen so still war. Sie näherten sich dem Schiff, das schwindelerregende Ausmaße besaß. Die verrostete Flanke ragte ein paar hundert Fuß hoch über die Lagune. Es lag schräg auf der Seite, und das Wasser ringsum war dick von Öl. Greer paddelte das Boot ins Foyer des benachbarten Gebäudes und legte bei den Rolltreppen an.
» Lucius, ich glaube, ich brauche deine Hilfe.«
Er legte ihr einen Arm um die Taille und half ihr aus dem Boot. Sie stiegen die Rolltreppe hinauf und gelangten in ein Atrium mit weiteren Rolltreppen und Wänden aus getöntem Glas. » One Allen Center« stand auf einer Tafel über einem Verzeichnis von Büros. Sie hatten einen schweren Aufstieg vor sich; zehn Stockwerke würden sie mindestens hinaufklettern müssen.
» Schaffst du das?«, fragte Greer.
Amy biss sich auf die Lippe und nickte.
Sie folgten dem Wegweiser zur Treppe. Greer nahm einen Glühstab aus seiner Tasche und knickte ihn übers Knie. Dann umschlang er wieder ihre Taille, und sie machten sich an den Aufstieg. Die stehende Luft im Treppenhaus war giftig von Schimmel. Alle paar Stockwerke mussten sie hinaustreten, um die Lunge freizubekommen. Im elften Stock machten sie halt.
» Ich glaube, wir sind hoch genug«, meinte Greer.
Durch das verschlossene Fenster eines Büros voller Bücher schauten sie hinunter auf das Deck des Tankers, das drei Meter unter ihnen hart an das Gebäude stieß. Kein Problem, da hinunterzuspringen. Greer packte einen Schreibtischsessel, hob ihn über den Kopf und schleuderte ihn gegen das Fenster. Es zerbrach in einer
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