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Die Zwölf: Band 2 der "Passage-Trilogie" - Roman - (German Edition)

Die Zwölf: Band 2 der "Passage-Trilogie" - Roman - (German Edition)

Titel: Die Zwölf: Band 2 der "Passage-Trilogie" - Roman - (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Justin Cronin
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wie dann die Luftblasen aufstiegen, als die Frau den ersten Atemzug tat und ihre Lunge sich mit dem furchtbaren Wasser füllte. Die tiefen Zuckungen des Todes in ihrem Körper und dann das Loslassen.
    Seine Trauer reichte ganz tief. Und die Chevron Mariner: Sie war sein Platz. Sie war das pochende Herz der Trauer.
    Blut tropfte an ihr herunter, als sie über das zur Seite geneigte Deck nach achtern ging. Amy spürte die nahende Veränderung wie ein Grollen in den Bergen über ihr. Sie würde sie wie eine Lawine erfassen, würde sie vernichten und neu formen. Sie stieg hinunter in die Eingeweide des Schiffs, in das Labyrinth der Korridore, zu den schiefen Strängen der Röhren. Ihre Füße schwappten durch stehendes Wasser, braun wie Rost. Regenbogenfarben schillerten auf seiner Oberfläche. Sie folgte ihrem Instinkt. Sie bewegte sich auf das Ziel zu. Sie war die Empfängerin des Leitstrahls, mit dem Carter sie unerbittlich immer tiefer hinabzog.
    Der Pumpenraum.
    Sie hingen überall und erfüllten den Raum mit ihrem schwellenden Leuchten. Sie hingen an der Decke, lagen zusammengerollt wie Kinder auf dem Boden. Hier war das Reservoir, der Bau. Das Nest Anthony Carters, wo seine schwermütigen Legionen hingen. Wo bist du?, dachte sie. Dabei zitterte sie, und auf das krampfartige Schütteln folgte eine heftige Anspannung in ihrem Leib, als habe eine Riesenfaust sie gepackt, aber diese Faust war sie selbst. Sie taumelte und hatte Mühe, sich aufrecht zu halten. Schwarze Flecken tanzten vor ihren Augen. Es geschah.
    Ich bin hier.
    – Wo? Wo bist du? Bitte… ich glaube, ich… sterbe.
    Komm zu mir, Amy. Komm zu mir komm zu mir komm zu mir.
    Eine Tür klaffte vor ihr. Hatte sie die geöffnet? Sie stolperte voran, durch den engen Korridor dahinter. Der Boden war glitschig vom Öl, vom Blut der Erde, dem Destillat der Zeit. Sie kam zu einer zweiten Luke. T1, stand darüber: Tank Nr. eins. Sie wusste, was dahinter war. Es war immer so gewesen. Mit aller Kraft packte sie den verrosteten Ring und drehte ihn. Der Raum dehnte sich weit um sie, als habe sie eine riesige Kathedrale betreten.
    Und da war er. Anthony Carter, der Zwölfte der Zwölf. Runzlig und klein, ein schmächtiges Etwas, nicht größer als der Mann, der er gewesen und tief in seinem Herzen noch immer war. Die fleischgewordene Verweigerung. Er lag auf dem Boden in den Ausscheidungen der Welt, und nur langsam entfaltete er sich und stand auf, um sie zu empfangen. Carter der Traurige. Der, Der Nicht Konnte, eingesperrt in dem Kerker, den er sich selbst gemacht hatte.
    » Hilf mir«, sagte Amy. Ein letztes großes Beben ging durch ihren Körper und überwältigte sie, und sie fiel ihm in die Arme.
    Und dann war sie woanders.
    Unter einer Highway-Überführung. Amy kannte die Stelle. So kam es ihr jedenfalls vor. Bilder, Geräusche und Gerüche waren schwer von Erinnerungen. Das donnernde Echo der Autos auf der Hochstraße, das Klick-Klick-Klick der Brückenglieder dort oben. Umherwehender Müll, Dreck und eine dicke, rauchige Luft. Amy stand am Straßenrand und hielt ein Pappschild vor sich: » HABE HUNGER , BITTE UM KLEINE SPENDE , GOTT SEGNE SIE .« Der Verkehr strömte vorbei, Autos, Trucks, aber niemand schaute sie an. Sie war in Lumpen gekleidet, und ihre Hände waren schwarz vor Dreck. Die eiskalte Leere in ihrem Magen war wie eine geballte Faust. Achtlos flogen die Autos vorüber. Warum hielt niemand an?
    Dann aber doch. Ein großer SUV , dunkel und glänzend: Er fuhr langsamer und stoppte dann, schien zu landen statt anzuhalten, wie ein großer schwarzer Vogel. Die getönten Fenster waren perfekte, viereckige Spiegel, in denen sich die Welt verdoppelte. Mit einem leisen mechanischen Surren glitt das Beifahrerfenster herunter.
    » Amy, hallo.«
    Wolgast saß am Steuer. Er trug einen dunkelblauen Anzug und eine dunkle Krawatte, und sein Haar war aus der Stirn zurückgekämmt und glänzte matt, als wäre es noch feucht vom Duschen. » Du kommst gerade rechtzeitig.«
    » Was machst du hier?«
    Lächelnd lehnte er sich herüber und öffnete ihr die Tür. » Willst du nicht einsteigen?«
    Amy legte ihr Schild auf den Boden und kletterte auf den Beifahrersitz. Die Luft im Wagen war kühl und roch nach Leder.
    » Wie wunderschön, dich zu sehen«, sagte Wolgast. » Vergiss nicht, dich anzuschnallen.«
    » Wo fahren wir hin?«
    » Das wirst du schon sehen.«
    Sie fuhren unter der Hochstraße hinaus in den Sommersonnenschein. Ringsumher flogen Läden und Häuser und

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